Philosophie und Objektwahn. Womit behebt man „Objektivitis“? Teil I

in #deutsch7 years ago

«Philosophie und Objektwahn. Womit behebt man „Objektivitis“? Teil I»
(Vorschaubild: Jean-Léon Gérôme: "Diogenes", Öl auf Leinwand, 1860)

Prof. Dr. Hans P. Sturm im Gespräch mit Michael Friedrich Vogt

Die Philosophie versucht, die Welt und die menschliche Existenz zu ergründen, zu deuten und zu verstehen. Eigentlich ein Grundbedürfnis eines jedes Menschen, so sollte man glauben. Wir alle kennen auch große Philosophen wie Aristoteles, Platon oder Sokrates, die vor über 2.000 Jahren lebten. Wir verbinden mit diesen Namen ein Zeitalter, in dem die Philosophie offenkundig eine bedeutsame Rolle in der Gesellschaft einnahm.

Mit dem Zeitalter der Religion und der Wissenschaft verschwand die Philosophie immer mehr im Hintergrund, heute kann man gar von einem (bewußten) Abdrängungsmechanismus sprechen. Philosophische Studien und Arbeiten finden kaum Anerkennung. Doch woran liegt das? Ist die Philosophie für die Menschen heute nicht mehr interessant oder wird diese gar gewollt unterdrückt? Philosophen denken selbst und lassen nicht denken, sie hinterfragen und versuchen Dinge zu verstehen. Man könnte sie also durchaus als klassische Querdenker bezeichnen. Seitens der Wissenschaft, Politik und in großen Teilen der Gesellschaft gelten diese heute als unbequem, teils gefährlich und werden daher oft ignoriert.

Prof. Dr. Hans P. Sturm ist seit über 40 Jahren Philo-Soph aus absoluter Leidenschaft und Interesse. Seine Aufgabe sieht er darin, die unverfälschte originale Philosophie wieder zu entdecken. Die heute gelehrte Philosophie ist durch Religion und Wissenschaft eingefärbt und verfälscht worden.

Im Gespräch mit Michael Vogt hat er eine Antwort auf die Frage, warum die Philosophie durch Religion und insbesondere durch die Wissenschaft verdrängt wurde. Philosophie entspricht einfach nicht dem heutigen Zeitgeist, in dem der Objektivismus und Materialismus die Oberhand gewonnen hat – und keine fremden Götter neben sich duldet.

Die Philosophie hat allerdings kein Objekt zu bieten und läßt sich daher auch nur schwierig erlernen. Heutige Wissenschaften sind immer auf das Objekt ausgerichtet, also greifbare Dinge. Dinge, die man besitzen oder haben möchte. Philosophie bedeutet aber Gelassenheit und Bewußtseinsklarheit und bedeutet daher auch, Dinge gehen zu lassen. Wir haben aber Angst davor, Dinge gehen zu lassen, die wir besitzen.

Doch nicht nur die Verdrängung der Philosophie spielt in diesem Gespräch eine Rolle, sondern die große Diskrepanz zur „modernen“ Wissenschaft wird deutlich. So werden beispielsweise durch diese fast schon totalitäre „Wissenschaft“, die man treffender als mentalen Rigorismus und Dogmatismus bezeichnen sollte, absolute Nullpunkte (Temperaturen), absolute Grenzen (Universum oder Lichtgeschwindigkeit) oder ein absoluter Anfang (Urknall) willkürlich vorausgesetzt oder festgelegt – und dann nicht weiter hinterfragt.

Selbst für viele Wissenschaftler sind Antworten auf legitime Fragen wie z. B. „Was war vor dem Anfang?“ nur sehr unbefriedigend oder gar nicht beantwortet, weil die moderne, objektivistische Wissenschaft diese nicht zu beantworten vermag. Die Philosophie stößt hier an keinerlei Grenzen. Nur Wissenschaft und Religion sind nicht bereit, sich von ihren Dogmen zu lösen und eine andere Sicht der Dinge zuzulassen.

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