Stirbt der Aprilscherz aus?

in #deutsch6 years ago
Heute am 1. April werden traditionell Leute in den April geschickt! Hier auf Steemit habe ich frühmorgens schon einige Aprilscherze gesichtet, die mehr oder weniger glaubwürdig und überzeugend uns zum Narren halten wollen. Beispiele verlinke ich jetzt nicht, ich will ja kein Spaßverderber sein.

Woher kommt denn dieser Brauch?

Ich bin dieser Frage heute kurz nachgegangen und fand eine Fülle von Hinweisen und Quellen. Wikipedialiefert detaillierte Informationen über Ursprünge, bekannte Beispiele und nicht zuletzt eine sehr lustige Linksammlung von Aprilscherzen.

Am besten hat mir die Seite brauchtum.de gefallen. Wenn ihr an diesem wettermäßig eher trüben Ostersonntag Lust zum Schmökern habt, dann kann ich euch den vertieften Einstieg in diese Thematik empfehlen. Ich finde die Entwicklung dieses Brauchs sehr erhellend und erkenntnisreich, möchte jetzt aber nicht endlose Zitate hier im Rahmen dieses Posts aneinanderreihen.


Wen ich allerdings gerne zitieren möche - und damit komme ich zur eigentlichen Frage dieses Artikels - ist Prof. Gunther Hirschfelder, Kulturanthropologe an der Uni Regensburg, der das Abnehmen der Witzkultur und damit auch der Aprilscherze beklagt. Hier das aktuelle Interview mit ihm vom 24.3.2018: NWZ-Online

Frage: Prof. Hirschfelder, Ostersonntag und der 1. April fallen in diesem Jahr auf einen Tag. Sehen Sie da als Kulturwissenschaftler einen Zusammenhang?

Hirschfelder: Das ist eine zufällige Laune des Kalenders. Was mir aber als Kulturforscher auffällt, ist, wie sehr unsere Gesellschaft den christlichen Kern von Ostern vergessen hat. Von der Symbolik her sind wir – etwa in der Werbung – bei einem Frühlingsfest angelangt. Die Kernbotschaft von Ostern aber – die Frage von Tod, Auferstehung und Gott – spielt in unserem Alltag kaum noch eine Rolle.

Frage: Sie sehen also eine sehr weitreichende Säkularisierung...

Hirschfelder: Kultur ist natürlich immer dynamisch. Von Generation zu Generation sind auch christliche Feste großen Veränderungen unterworfen. Denken Sie etwa an die Reformationszeit oder die Zeit der französischen Revolution, wo in weiten Teilen Westeuropas alte Traditionen zum Erliegen gekommen sind. Heutzutage ist Ostern neben Pfingsten das am stärksten säkularisierte kirchliche Fest. Was merkwürdig ist, weil Ostern ja das wichtigste christliche Fest überhaupt ist.

Frage: Da sind wir beim zweiten Thema dieses Ostersonntags – bei der Spaßgesellschaft. Ist auch die Geschichte des April-Scherzes einer solchen Dynamik unterworfen?

Hirschfelder: Das kann man so sagen. Unsere Witz- und Spaßkultur verändert sich auch. Witze und Scherze sind in jeder Gesellschaft anders. Sie loten sozusagen die Grenzen dessen aus, was man sagen darf, und stabilisieren damit auch die Gesellschaft.

Frage: Und was heißt das konkret für den April-Scherz?

Hirschfelder: Er ist in der Krise, zumindest im privaten Bereich. Aus meiner Sicht hat sich die Witzkultur durch die Medien stark verschoben. Das Verulken, der private Witz, ist aus der Mode gekommen. Für einen guten Scherz ist eine Face-to-Face-Situation erforderlich. Man denkt aber, die Komiker im Fernsehen seien sowieso viel lustiger. Wir delegieren den Humor an eine vermeintliche Elite in den Medien.

Frage: Also sind auch die Inhalte andere geworden?

Hirschfelder: Die Medien überfüttern uns quasi rund um die Uhr mit platter Comedy und zotigen Witzchen. Wir haben uns von einer Witz- zu einer Beleidigungskultur entwickelt. Quasi von Heinz Erhardt und Theo Lingen hin zu Dieter Bohlen.


Ich kann die Ausführungen des Herrn Professors nur unterstreichen. Es scheint so zu sein, dass der Aprilscherz auf dem Sterbebett liegt und vielleicht in ein paar Jahren oder Jahrzehnten vollends verschwunden ist.

Ich hoffe nicht, dass es passiert, denn ich hatte oft Spaß, Leute mit kleinen Scherzen in den April zu schicken. Tage vor dem 1. April sinnierte ich vor mich hin und überlegte mir, wen und wie ich jemanden in den April schicken kann. Es durfte natürlich nur jemand sein, den ich gut kenne und von dem ich auch wusste, dass er oder sie es mir auch hinterher nicht übel nehmen würde.

Mein fiesester Aprilscherz, den ich im wahrsten Sinne "verschickte"

Es gab Zeiten, wie sich bestimmt noch viele daran erinnern, da gab es weder E-Mail noch Whatsapp um schnell und effizient miteinander zu kommunizieren. Sehr üblich war das Fax-Gerät, das ich oft und gern mit Geschäftspartnern benutzte um z.B. Dokumente auszutauschen.

Am 1. April faxte ich einen ganz normalen, unverfänglichen geschäftlichen Text zu einem jahrelangen Geschäftspartner, allerdings war der Text präpariert, ich schickte ihn verkehrt-herum, also spiegelbildlich. Am anderen Ende der Leitung konnte der Text somit nicht wirklich gelesen werden. Es entwickelte sich sinngemäß dieser Dialog; den Fax-Empfänger nenn ich jetzt einfach mal "Hans":

Nachdem Hans mein Fax erhalten hat, rief er mich sofort an und meinte, dass mit meinem Faxgerät etwas nicht stimme, er könne das Fax nicht lesen, es sei alles spiegelverkehrt!

Ich sagte zu ihm trocken: "Ja, ich kenne das, ich hab vor ein paar Tagen auch schon mal einen Anruf in dieser Richtung bekommen, vermutlich ein Leitungsfehler, ich schick dir das Fax nochmal. Das sollte dann klappen" Gesagt, getan, Ein weiterer Anruf von Hans ließ nicht lange auf sich warten. "Das Blatt ist immer noch seitenverkehrt", meinte er schon ein wenig verdutzt und auch genervt.

Ich gab ihm den Tipp, doch sein Faxgerät kurz vom Netz zu nehmen und es wieder einzuschalten, ich würde das Fax dann nochmals schicken. Vielleicht läge es ja auch an seinem Faxgerät. Ok, er war damit einverstanden und machte dies ohne Verdacht zu schöpfen.

Als mein Fax immer noch spiegelverkehrt bei ihm ankam, gab ich ihm den Rat, er solle sein Gerät nochmals ausschalten und dann den Stromstecker einmal um 180 Grad drehen und dann in die Steckdose stecken. Ich meinte (und konnte dabei mein Lachen kaum noch unterdrücken), das hilft auf jeden Fall und dann kannst du auch ganz normal das Fax lesen. Bei anderen hätte das Wunder gewirkt, versicherte ich ihm!

Stille am Ende der Telefonleitung . . . in diesem Moment hat er kapiert, dass ich ihn auf den Arm genommen habe. Wir haben beide herzlich über diesen Aprilscherz gelacht.


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Source: (cco) pixabay

Der fieseste Aprilscherz, den ich je bekam

Dieser Aprilscherz ist recht kurz erzählt, allerdings ist er schon lange her. Als kleiner Bub, ich war vielleicht so 7 Jahre alt, hat mich mein Opa am 1. April zur Apotheke geschickt und gesagt ich solle für ihn ein Päckchen "Ibidum" und zwei Päckchen "Ochsdradium" besorgen. Er gab mir Geld und ich ging nichtsahnend in die Apotheke. Der Apotheker kannte offenbar diesen Aprilscherz und lief rot an vor lauter Lachen, währenddessen ich vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre. Na ja, ich habs überlebt, aber das war für mich schon ein heftiger Aprilscherz, über den ich am Ende selbst nicht lachen konnte.

Erst jetzt hab ich gesehen, dass offenbar in früheren Zeiten Kinder sehr oft im Münchner Raum mit diesem Scherz in den April geschickt wurden. Münchner Wiki

Welche Aprilscherze hast du erlebt?

Vielleicht magst du hier in den Kommentaren deine Aprilscherze mit uns teilen. Das würde mich sehr freuen!

In diesem Sinne und auf dass die Aprilscherze nicht aussterben mögen, wünsche ich euch noch entspannte und ruhige Oster-Feiertage!

Dieser Artikel #051 wurde am 1. April 2018 um 14.55 Uhr gepostet.

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Hey hey, mal wieder ein Beitrag! S U P E R!

Danke! Ja, der 1. April hat mich aus dem Winterschlaf rausgeholt. :-)

Grossartige Geschichten zum 1. April! Hat mich zum schmunzeln gebracht. :) Danke und einen schönen Tag noch.

Hey @peter2017
Vielen Dank für die zwei tollen Geschichten zum ersten April!
Gerade der bayrische Dialekt kann schon verwirrend sein ... 😅

Mich wollte man auch mal los schicken um "Ibidum" zu kaufen , hat das ganze aber noch bevor ich die Schuhe angezogen hatte aufgelöst - also nochmal Glück gehabt :D

Aprilscherze sind und hoffentlich bleiben ein kleiner Bestandteil unserer Gesellschaft - so ein bisschen Spaß und Humor tut uns allen gut und macht den Tag gleich viel lebenswerter! 😊
Hast du als Kind auch immer gehofft das es die anderen vergessen haben und du den ersten Scherz am Tag machen kannst? :)

Ja, genau, ich wollte immer der erste sein, der andere in den April schickt, dabei musste ich selbst höllisch aufpassen, dass ich keinem anderen auf den Leim gehe.

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Ich habe dieses Jahr zum ersten mal drei Leute kollektiv in den April geschickt. :D

WOW, guck mal im Guiness Buch der Rekorde nach, ob du das anmelden kannst. :-) Also drei Leute gleichzeitig in den April zu schicken, das ist eine Mega Leistung. Wie hast du das gemacht?

Ganz beiläufig beim Ostersonntagsbrunch. Ich erzähle es dir bei der nächsten Gelegenheit, wenn wir uns persönlich wieder sehen. ;)

Ich danke dir, bin immer interessiert an Aprilscherzen aller Art! :-)

Ich freue mich, dass ich dich zum Lächeln gebracht habe. :)

Haha sehr gute Geschichten zum Osterfest und besonders die Apotheker Story ist ein Lacher fuer den bayrisch gewandten. Vermutlich sind die Apotheker Witze auf eine damalige Werbepromotion zurueckzufuehren um den Kindern die Scheu vor der Apotheke zu nehmen. Aufjedenfall hat es bei dir gegen "Ibidum" geholfen. Bei mir ist es so, dass ich regelmaessig von meiner Freundin in den April geschickt werde und ich es auch jedesmal vergesse. Ich bin das perfekte Opfer fuer diese Art von Spass aber Gottseidank kann ich gut ueber mich selber lachen.

Gut zu wissen, dass man dich so leicht in den April schicken kann. Ich merke es mir! :-)

Danke für diesen Beitrag - ich selbst erlebe immer weniger Aprilscherze. Schade, wenn er in Vergessenheit gerät. Man muss bloß genau überlegen, bei wem man was machen kann - Jemanden "verarschen" ist etwas Anderes als Jemanden in den April zu schicken.

Unser Lacher gestern:

Beim Osterkaffeetrinken gestern mit meinen Kindern sprachen wir auch über dieses Thema "April, Apiril!" Da kam es spontan aus der Spielecke von meinem 4jährigen Enkel "Juni, Juni" -. :))) Frohe Ostern!

Vielen Dank für deinen Kommentar! Sehr amüsant die Reaktion deines Enkels, musste dabei schmunzeln!

Ich bin ein gutes Opfer, was Aprilscherze angeht... Wenn sie glaubhaft sind, Falle ich in der Regel darauf herein. Man muss mich schon mit der Nase darauf stoßen, welches Datum den ist. Aber wie gesagt, die kleinste Unstimmigkeit würde mich trotzdem sofort misstrauisch machen ;)

Deine zwei Geschichten sind super!

Hallo @magicquokka , ich danke dir für deinen Beitrag. Am besten den 1. April dick im Kalende mit einem großen Ausrufezeichen markieren! :-)

Lieber @peter2017, vielen Dank für diesen tollen April(scherz)post. Einen rührenden Aprilscherz möchte ich dir zu deinem Post schreiben: Vor Jahren, als ich für einige Monate im Ausland lebte und sich mein Mann telefonisch über meine geplanten Rückflug in die Heimat erkundigte, sagte ich ihm, mitte April meinen Flug zu nehmen. Während also mein Mann enttäuschend, mich erst Mitte April anstatt wie vorher besprochen Ende März erwartet, wurde im Hintergrund fleißig der Aprilscherz geplant. Freunde wurden eingeweiht und ein Treffen mit unseren Freunden und meinem unwissenden Mann wurden vereinbart. Als dann der Tag meines Rückfluges kam und ich am 1. April direkt zum vereinbarten Treffpunkt spazierte, voller Vorfreude, das fassungs- und sprachloses Gesicht meines Mannes zu sehen, während unsere eingeweihten Freunde im Lokal am Tisch auf den Moment des Wiedersehens spannend mitfieberten. Wir haben alle herzlich gelacht und die Freude, seinen Partner wieder in die Arme nehmen zu können, lässt uns heute noch an diesen schönen Aprilscherz denken. Alles Gute wünscht dir @diemama 👫

Liebe @diemama ! Danke für die wundervolle April-April-Geschichte, die du hier mit uns teilst. Ich kann mir das verdutzte, aber dennoch glückliche Gesicht deinen Mannes sehr gut vorstellen.
So haben Aprilscherze auch ihre schönen Seiten, wenn man jemanden positiv überrascht.

Ich kann damit leider praktisch nix anfangen, ich versteh die Scherze meistens nicht. Aber ich glaub, jeder der mich kennt weiss, dass man mit mir diese Art von Scherzen besser nicht macht.

:D

Liebe Rachel, das verstehe ich sehr gut. Du versäumst absolut nichts bei dieser Art von Scherzen. Obwohl sie nicht böse gemeint sind, können sie doch manchmal für einen Moment recht weh tun.

Ah hm, ob sie weh tun, weiss ich nicht mal. Ich wär nicht emotional verletzt. Ich kann da einfach den Humor nicht verstehen, finde nichts lustiges daran, andere zu veräppeln und kann dann oft nicht unterscheiden, was nun Real ist und was Scherz.

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