Die letzten Tage in Portugal, Sinés, nun kommen die langen Schläge

in #deutsch5 years ago

Die Tage in Peniche plätschteren so dahin. Der Hafen war entgegen der Aussagen vieler Rezensionen sehr ruhig und schwellarm. Keine Ahnung, ob wir Glück hatten, oder ob ich Selene einfach nur gut vertäut hatte. In der Woche hatten wir Wind und Welle aus allen möglichen Richtungen, aber der Schwell war eigenlich OK. Zumindest war er deutlich geringer, als in La Coruña.

Um nicht völlig auf dem Boot zu versacken folgten wir noch einem Tipp von Ricardo, dem Büro-Mensch des Yachtclubs. Der sagte nämlich, daß zur Zeit die MEO Rip Curl Pro Portugal (ein Kräftemessen der weltbesten Wellenreiter) gerade in Peniche stattfinden würde. Natürlich mussten wir uns das mal anschauen. Für mich als jemand, der mit Wellenreiten nun gar nichts am Hut hat, war es schon interessant. Claudi`s Bruder meinte auch gleich, dass wir uns das unbedingt anschauen sollen, da Peniche zu den besten Surfspots in Portugal zählt.

Eigentlich hatte ich mir das immer so vorgestellt, daß man auf seinem Brettchen raus hinter die Wellen paddelt und dann auf einer ewig langen Woge oder besser noch einer Tube (Röhre) schön eine Weile surfen kann. Anscheinend ist der surfbare Wellenteil doch viel kürzer als ich dachte - zumindest leider heute. Viel viel kürzer. So sieht man einen ganzen Rutsch an Surfern im Wasser, die auf die perfekte Welle warten. Stehen sie dann auf dem Brett, ist der Ritt maximal 10 Sekunden lang und das mühevolle paddeln beginnt wieder. Umso interessanter fand ich, wie unermütlich die Surfer dieses Spiel betrieben haben. Claudi hat es ganz passend beschrieben, indem Sie sagte, daß es ähnlich wie beim Slowboaden ist, wenn man ein ganz bestimmtes Obstacle (Hinterdnis) bezwingen will. Man versucht den neuen Trick zu meistern und läuft dazu halt immer wieder den Hang hoch, um den nächsten Versuch zu starten bis es klappt. Überhaupt war Claudi wie elektrisiert und wollte gar nicht mehr los. Erst als das fast perfekte Foto im Kasten und der Akku leer war, konnten wir wieder zurück zum Boot. Leider waren die Wellen an diesem Tag nicht für den angesetzten Contest ausreichend. Aber das was die Jungs und Mädels da an "Übung" gezeigt haben war auch so echt beeindruckend.

Mehr noch fand ich den Zirkus um das Ganze interessant. Zirkus ist in dem Zusammenhang gar nicht mal negativ gemeint, jedoch waren da einige Firmen zugange, die mit Surfen nun gar nichts zu tun haben. Neben MEO (Mobilfunkanbieter) hat man zum Beispiel noch JEEP (ja ein Autohersteller) und ein Polo-Vertreter (ja, das ist der Sport, bei dem man Hoch zu Roß einen Ball bespielt) am Start.

Eigentlich war ich ganz froh, daß wir dann aus Peniche verschwunden sind, denn am Kai wurde direkt neben Selene schon 2 Tage lang ein großes Partyzelt mit einer recht kräfigen Beschallung aufgebaut.

Also ging es auf nach Sinés! Knapp 100 Meilen standen auf dem Plan, von denen sich die ersten 50 auch super segeln ließen. Während dieser Zeit haben wir auch zu ersten mal im Leben gesehen, wie Delphine jagen. Eigentlich hat uns unser Tiefenmesser darauf aufmerksam gemacht. Der meinte auf einmal, daß die Wassertiefe nur noch 1m beträgt, obwohl es über 100m tief sein sollte. Es war stockfinster, aber um uns herum waren überall Platsch- und Schniefgeräusche. Also haben wir mit unseren Taschenlampen ins Wasser geleuchtet. Und tatsächlich. Um Selene zischten die Delphine in einem heidentempo nur so herum. Zwischendrinn hüpften überall kleinere Fische aus dem Wasser. Anscheinden sind wir direkt durch einen Fischschwarm gesegelt und bei den Delphinen war gerade Abendbrotzeit. Leider war es zum filmen viel zu dunkel.

Für die anderen 50 Meilen wurde der Wind abgeschaltet. Unter Segeln hat Selene gerade mal einen schlappen Knoten durchs Wasser gemacht. Unser kleiner Rechner zeigte irgendwann was von über 2 Tagen für 50 Meilen an. Also haben wir nur mal kurz die Maschine angeworfen. Aus "kurz" wurden 10 Stunden, 22 Liter Diesel und 0,25 Liter Öl. Naja - ist halt ein alter Motor.

Dafür machten wir nach nur insgesamt 19,5 Stunden die Leinen in Sinés fest. Aufgrund der Windvorhersage haben wir uns hier auch gleich mal für einen 7 tägigen Aufenthalt entschieden.

Bei der Anfahrt am frühen Morgen macht die kleine Stadt einen sehr verträumten, ruhigen und eher verschlafenen Eindruck obwohl zu beiden Seiten der innerern Strand- bzw. Hafenbucht verhältnismäßig riesige Industriekais zu sehen sind. Im Revierführer ist zu lesen, dass der Hafen von Sinés Anfang der 90er Jahre erweitert und zur Umschlagstation für Erdöl- und Erdgastanker ausgebaut wurde. Dementsprechend große Pötte liegen hier auf Reede und werden täglich rein und raus geschleppt.

In der beschaulichen Marina ist davon aber nichts zu spüren. Überhaupt ist Sinés so ganz anders als alle anderen Städte die wir bisher am Atlantik gesehen haben. Es ist so, so, so ruhig hier ... wenige Fischer, denn die sind fast ausschleißlich alle im westlichen Fischereihafen, keine Moped-Prollos, die ständig an der Hafenpromenade auf- und ab knattern und so gut wie keine Touris. Das mag wohl hauptsächlich daran liegen, dass Sinés -so niedlich und verträumt es auch ist- sonst kaum mit touristischen Highlights aufwarten kann. Einige Meter über der Bucht thronen die Reste einer mittelalterlichen Festungsanlage, die man begehen kann und deren Mauern und Türmen eine wunderbare Aussicht auf die Stadt bieten. Von der weiten Bucht mit einem herrlichen Sandstrand führen viele kleine gewundene Wege und Treppenanlagen hinauf auf das Plateau auf dem die Altstadt liegt. Für Fußfaule kann der Weg auch mittels eines .... naja, nicht so ganz hier her passenden Aufzugs erledigt werden. Die weiß-blauen Fassaden der windschiefen Wohnhäuser strahlen mit der hoch aufragenden Kirche Igreja Matriz do Salvador im Sonnenschein um die Wette. Die beste Aussicht auf die Bucht und den weiten Atlantik genießt hier oben Dom Vasco da Gama, der um 1469 in Sinés geboren wurde und später als erster Seefahrer den Seeweg nach Indien fand.

Die ersten Tage vergehen mit kleinen bis mittelgroßen Bauarbeiten. So habe ich endlich Zeit (und Lust) die Idee einer Alarmanlage am Steckschot umzusetzen. Dazu verwandelt sich das Innere von Selene mal wieder in eine unübersichtliche Baustelle, da für die Kabelführung diesmal auch die Deckenverkleidungen abgebaut werden müssen. Außerdem sind am E-Paneel noch immer diese zwei Sicherungen, wo kein Mensch weiß, wohin die angeschlossenen Kabel führen ...? Zeit das rauszufinden! Ein Kabel war einfach - es verlief nur etwa 1 Meter in den Navigator und endete dann einfach. Da wir schon immer eine KFZ Steckdose in der Achterkabine haben wollten, wurde das Kabel gleich dafür verwendet. Da andere Kabel war schon eine richtige Herausfoderung ;) Durch die Wand in die Achterkabine - von dort wieder durch die Wand zum Laderegler, hinter dem Boiler durch in den Salon, um dort einfach zu enden :) Ein Kabel verfolgen wäre ja einfach, aber man muß jedes mal einen Haufen Zeug umräumen - und auch irgendwo hin legen... zum Glück gibts davon kein Foto.

So perfekt die Größe unserer Selene für eine Zwei-Mann-Crew auf Langfahrt auch ist, wenn einer von uns beiden unter Deck etwas baut, ein- und umräumt oder irgend etwas werkeln muss, ist Selene dann doch zu klein oder die Baustelle zu groß. Und da ich Martin bei seiner Elektronik-Fummelei eh' keine große Hilfe bin nutze ich die Zeit um die Bucht mit dem SUP zu erkunden. Das Wasser hat zwar nur knackige 16°C aber damit ist auch der Ansporn größer, nicht vom Bret zu fallen. Anfangs noch etwas wackelig geht's von da an die nächsten Tage für 2 - 3 Stunden auf's Wasser. Und hierbei zweigt sich dann doch ein Wehrmutstropfen an Sinés: schon am ersten Tag fällt mir auf, dass doch recht viel Müll in die Bucht geschwämmt wird. Anfangs mal hier ne Mülltüte, mal ne PET-Flasche oder Reste von Fischernetzen und Leinen. So fange ich an das Zeug aus dem Wasser zu fischen bis schlißlich lackierte Holzbretter und sowas wie Teppichreste auf meinem Bord den Müllhaufen immer größer werden lassen. Richtig nachdenklich machen mich dann aber die Schweröl- bzw. Treibstoffreste, die als schmieriger Film stellenweise als Klumpen auf dem Wasser treiben. Entweder ist irgendwo vor der Bucht ein Fischkutter gesunken oder aber das Öl treibt vom Containerhafen in die Bucht und Müll wird großzügig auf dem Meer verklappt und mit der Strömung zurück an Land geschwemmt. Leider wiederholt sich das so täglich und ich komme jedesmal mit einem Haufen Plastikmüll an den Anleger zurück. Wer mich kennt, weiß dass ich mit fundamentalen Öko`s wenig gemein habe und nichts von übertriebener Panikmache halte, aber das hier macht mich schon echt nachdenklich.

Nach 7 Tagen Sonnenschein und angenehmer Ruhe im Hafen ändert sich nun doch das Wetter und der erste trübe Tag mit Wolken und Regenschauern zieht auf. Dazu steht seit gestern ein unangenehmer Schwell aus Süd in die Bucht, der Selene mal wieder am Steg tanzen läßt. Das bekannte Spiel von Zerren an den Leinen und rausrutschenden Fendern beginnt. Aus den vergangenen 7 Tagen werden somit wohl doch ein paar mehr, da das anrückende Tiefdruckgebiet über den Atlantik uns ordentlich Sündwind beschwert. Ich denke mal wir werden spätestens Donnerstag (also am 31.10.2019) hier die Leinen loswerfen, um nach der Biskaja nun die zweite Mehrtagesetappe zu den Kanaren mit ca. 600 sm in Angriff zu nehmen.

Video:

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Na da wünsche ich Euch schon mal eine gute Fahrt und freue mich auf den nächsten Erlebnis Bericht.
Schiff Ahoi! 😎

Wow, ihr erlebt ja in kürzester Zeit so einiges! Danke für den tollen Bericht und liebe Grüße Kadna

Heh, ist schon ein Abenteuer. Wobei man sich auch gut dran gewöhnen kann mal hier ne Woche, mal da ne Woche ;)

Es gibt inzwischen ja Viele, die so leben ;-) Das heißt, ihr seid jetzt auf dem Rückweg... LG Kadna

Naa - wir fahren gerade erst los ;) Also weiter Richtung Süden ;)
Kanaren, Kap Verden, Karibik und dann zurück nach Deutschland ;)

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Wieder ein sehr schöner Reisebericht. Freu mich auf die weitere Reise

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