"China Study":No Milk Today, It Wasn't Always So...

in #deutsch7 years ago

"China Study" von T. Colin Campbell und Thomas M. Campbell ist ein außergewöhnliches, mutiges und ambitioniertes Buch über Ernährung und ihre Implikationen für unsere Gesundheit. Heather Mills meint, dass sie jedem, an dem ihr etwas liegt, dieses Buch kauft. Ich meine, dass es eines der bedeutendsten Bücher der Gegenwart ist.

Ernährung spielt eine sehr zentrale Rolle in unser aller Leben, die weit über ihre biologische Bedeutung hinausgeht. Essen ist auch ein wichtiger Teil unserer Kultur und wird häufig als etwas Traditionelles angesehen - ungeachtet der nackten Tatsachen, die uns zeigen, wie sehr sich unsere Essgewohnheiten im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert haben.(1)

Und so glauben wir auch, dass wir sehr empfindlich sind, wenn es um unser Essen geht. Dokumentarfilme wie "We Feed The World", "Monsanto - mit Gift und Genen" oder "Food Inc."(2) sowie das Buch "Tiere essen"(3) legen nahe, dass wir weitaus weniger empfindlich zu sein scheinen, als wir uns einbilden. Andernfalls würden wir all diese Entwicklungen und Zustände keinesfalls tolerieren, oder? Hier irren wir uns also.


Wir irren uns aber auch in vielen anderen Bereichen, insbesondere in Wirtschaft und Politik.(4) Es ist nicht notwendig, sich die großen historischen Irrtümer der Menschheit in Erinnerung zu rufen, wenn auch die Gegenwart voller großer Irrtümer ist.

Kann man also kategorisch ausschließen, dass wir in Zusammenhang mit unserer Ernährung einem riesigen, bereits jetzt katastrophal wirkenden Irrtum unterliegen? Eine Hand aufs Herz und die andere aufs Hirn: Nein, man kann es nicht. Und eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien aus den letzten rund 60 Jahren führte zu zahlreichen Belegen dafür, dass genau so ein Irrtum vorliegen könnte.

Darunter die sogenannte "China Study", die namensgebend für das hervorragende Buch von T. Colin Campbell und Thomas M. Campbell war. Dies, weil T. Colin Campbell sie leitete und weil es die umfassendste Studie über Gesundheit und Ernährung ist, die bislang durchgeführt wurde, im Zuge einer zwanzigjährigen Zusammenarbeit der Cornell University, der University of Oxford und der Chinesischen Akademie für Präventivmedizin.

Der Titel und auch die Beschreibung waren bei der Lektüre in positivem Sinne irreführend: Ich hatte bloß eine Auseinandersetzung mit dieser Studie erwartet und bekam statt dessen ein großes Bild mit über 750 Literaturangaben, meist Verweise auf die Publikationen in Zusammenhang mit anderen wissenschaftlichen Studien. Ein Bild, das auf erschütternde medizinische Auswirkungen durch den Verzehr tierischer Produkte hindeutet, vor allem in Zusammenhang mit koronalen Herzerkrankungen und Krebs, die beiden Haupttodesursachen in westlichen Industriegesellschaften - wissenschaftliche Erkenntnisse und harte Fakten aus der klinischen Praxis für Krankheitsprävention und auch Heilung mit enorm hohem Wirkungsgrad, teilweise seit Jahrzehnten bekannt und dennoch weitestgehend ignoriert oder im Bedarfsfall sogar bekämpft.

Beginnend mit der ersten Seite jagte ein Aha-Erlebnis das andere und schon bald gesellte sich eine Verstimmung hinzu, die sich spätestens in Kapitel 4 mit dem Titel "Warum haben Sie davon nicht schon früher gehört?" zur Wut(5) auswuchs. Nicht etwa wegen aufwiegelnder Worte, sondern genährt allein von nüchtern und sachlich präsentierten Fakten in einem Buch, das mühelos die formalen Ansprüche an eine vergleichende wissenschaftliche Publikation erfüllt, zugleich überaus gut erzählt und somit "allgemein zugänglich", jederzeit leicht nachvollziehbar ist.

Bei allen Vorbehalten und Fehlinformationen in Zusammenhang mit veganer Ernährung, bei allen persönlichen Vorlieben und vor allem Überzeugungen, die meist weit in unsere Kindheit zurückreichen, bei aller weitgehend eingebildeter "Ernährungstradition"(6): Wenn Ihnen an Ihrer Gesundheit und Lebensqualität auch nur irgendetwas liegt, dann lesen Sie dieses Buch!

Mittlerweile gibt es übrigens auch ein Nachfolgebuch mit dem Titel "InterEssen", in dem T. Colin Campbell unter anderem auf die Kritik an seinem Buch "China Study" eingeht sowie noch einmal detaillierter auf die Interessenslage im Bereich der Nahrungsmittelindustrie.

Anders Balari, 21. März 2012 und 28. August 2017

Link zur Website des Buches: http://www.diechinastudy.de/index.html

Anmerkungen:

1 Nur eines von mehreren Beispielen: Vor knapp 200 Jahren aß der Mensch im Jahr durchschnittlich 10kg Fleisch pro Jahr. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war der durchschnittliche globale Fleischkonsum um 400% gestiegen und lag bei rund 40kg pro Jahr, in den Industrieländern waren es gar 80kg. Heute sind es etwa in den USA durchschnittlich rund 123kg Fleisch im Jahr. ( http://www.pro-iure-animalis.de/index.php?option=com_content&task=view&id=263&Itemid=106 - abgerufen am 21. März 2012.) Von "Tradition" kann hier nicht die Rede sein, vor allem auch dann, wenn man andere Entwicklungen berücksichtigt, wie den stark gestiegenen Anteil industriell verarbeiteter und erzeugter Nahrungsmittel und die globale Verbreitung von Fast Food Ketten. (Zurück) 2 Allesamt überaus sehens- und empfehlenswert. Und eine bei weitem nicht abschließende Liste kritischer Dokumentationen in Zusammenhang mit unserer Ernährung, unserer Gesundheit und unserer erschreckend denaturierten Lebensweise. Ein schockierendes Zeugnis über unseren Umgang mit Tieren - wobei Ernährung dabei nur eines von mehreren Kapiteln ist - liefert der Film "Earthlings", den man kostenlos online ansehen kann. (Zurück) 3 Der bislang als Romanautor bekannte Jonathan Safran Foer setzt sich auf eine differenzierte, umfassende Weise mit der Problematik der Massentierhaltung auseinander, die weit über reine Fragen der Ethik hinaus geht und insbesondere auch ihre Implikationen für unsere Gesundheit (auf gänzlich andere Weise wie "China Study" und daher eine gute Ergänzung) und unsere Umwelt diskutiert. Sehr empfehlenswert! (Zurück) 4 Eine Aufzählung und kurze Erörterung allein der besten diesbezüglich erhellenden Filme, Bücher und wissenschaftlicher Artikel würde ein neues Buch entstehen lassen. Doch angesichts der erschlagenden Vielzahl gravierender globaler wie lokaler Probleme sollte diese Einsicht eigentlich trivial sein, oder?(Zurück) 5 Jene Wut, die immer mehr Menschen in immer kürzerem Abstand zu befallen scheint, wenn sie unsere moderne Gesellschaft mit wachem Blick beobachten - in einem Maße, das sogar zur Entstehung des Begriffs "Wutbürger" führte. Wer sich kurz die Mühe macht, über das durch eine weitreichende Ernährungsumstellung potenziell wegfallende Umsatzvolumen in Nahrungsmittelindustrie, Pharmaindustrie und Gesundheitswesen nachzudenken, dem sollte einleuchten, welch gewaltige Interessen da im Spiel sind - es braucht für diese Mechanismen keine Verschwörungen, sondern es reichen ganz normale, nüchterne betriebswirtschaftliche sowie unternehmensstrategische Überlegungen im Rahmen der Führung profitmaximierender Konzerne, die in einem System operieren, das ihnen bei Obsoleszenz ihrer Aktivitäten keinen sanften Übergang in andere Tätigkeitsbereiche ermöglicht, sondern ihnen ökonomische Peitschenhiebe, Blut, Tränen und schlimmstenfalls Untergang beschert. (Zurück) 6 Und so war es bei mir, zur Erläuterung: Schon als Kind trank ich häufig Milch, phasenweise sogar einen Liter pro Tag. Ich aß gerne Fleisch, vorzugsweise Geräuchertes vom Schwein und Steaks vom Rind. Ja, ich aß Rindfleisch gar nicht so selten und mit großem Genuss sogar roh. Während meiner Studienzeit konnte man in unserer nicht so ganz ordentlichen WG auch schon mal eine Speckschwarte in meinem Bett finden, die ich nach nächtlichem Konsum dort mitunter vergaß. Ich liebte Käse. Und vor allem nach dem Ende des Fleischverzehrs - vor einigen Monaten und nach einigen Filmen und Büchern, zuletzt der o.a. Film "Earthlings - stieg der Konsum von Milchprodukten sogar an, vor allem Käse, Butter und Sahne für leckere Nudelsaucen. Ich weiß also, wie sehr wir an dieser Nahrung hängen, wie stark sie in uns verwurzelt ist. (Zurück)

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Ein sehr guter Artikel über ein tolles Buch.
Ich habe es selber als Hörbuch gehört und habe insgesammt 3 Jahre praktisch vegan gelebt. 2 Mal pro Jahr war ich in der Zeit Sushi essen, sonst komplett vegan.

Heut ess ich gelegentlich wieder tierische Produkte aber nicht ansatzweise so viel wie früher.

Käse war früher eins meiner Lieblingsgerichte und das esse ich absolut gar nicht mehr, dabei viel mir da der Verzicht am schwersten.

Wenn wir alle wieder auf die 10kg gehen würden, ginge es uns und der Welt besser.

Ich bin aber genauso gegen den ganzen industriellen Frass und esse lieber natürliche Lebensmittel die ich selber zubereite :) Ohne tausend Zusatzstoffe von denen kein Mensch weiss, wie eins aufs andere Wirkt.

Vielen Dank für Deine Rückmeldung. Ich halte das ähnlich wie Du. Einige Jahre lang ernährte ich mich nur pflanzlich. Heute esse ich regelmäßig wieder Käse, seltener Eier und sehr selten Fleisch - Letzteres vielleicht alle drei bis vier Monate ein Mal.

Bedenklich ist im Bereich der industriellen Nahrung natürlich auch der Interessenskonflikt im Falle enger wirtschaftlicher Verflechtungen unterschiedlicher Branchen, wie eben zum Beispiel Nahrungsmittel, Pharmazeutika und medizinische Dienstleistungen.

Cheers
Anders

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