Die gute alte Zeit - Und was der Rosy View damit zu tun hat

in #deutsch6 years ago (edited)

Hallo deutschsprachige Steemit-Gemeinde,

hach ja, die Welt wird immer schlechter. Wir wissen ja alle wie schön und toll doch die gute alte Zeit war, aber wenn wir es mit jetzt vergleichen... Es geht doch alles den Bach runter...

Ok, ok, hier ein Stopp.

Wir alle kennen diese Aussagen, bevorzugt getroffen von älteren Menschen. Diese erzählen einem, wie toll damals alles war. Und an der Stelle die Frage an sich selbst, wie es von dieser goldenen Zeit zur jetzigen unschönen Phase kommen konnte - Doch hier kommt dieser Artikel ins Spiel. Denn ich bin diesem Mythos nun auf der Spur.


Gehen wir zunächst einmal der Frage nach, wann die gute alte Zeit überhaupt gewesen sein soll. Bei genauem Nachdenken ist es eigentlich gar nicht so klar, von welchen Jahren bzw. Jahrzehnt wir sprechen. Denn je nachdem mit wem wir sprechen, werden wir immer andere Antworten bekommen.
Sind es die 50er Jahre? Die 50er Jahre, als fast noch ganz Afrika kolonisiert war, es Kriege wie den Indochina- oder Koreakrieg gab, Tibet von China besetzt wurde oder speziell Deutschland von Teilung und Aufbau nach dem Krieg geprägt wurde?
Oder sind es vielleicht die 70er Jahre, mit der Geiselnahme 1972 in München bei den olympischen Spielen, dem auftauchen der roten Armee-Fraktion und deren Terror in Deutschland oder der Beginn des 15 Jahre andauernden Bürgerkrieges im Libanon? Als Flüsse, wie der Rhein so stark verschmutzt waren, dass Experten sich ernsthaft Gedanken um das Trinkwasser machten?

Irgendwie klingt das bis jetzt alles nicht so wirklich Gut oder als etwas Besonders, das man im positiven Sinne hervorheben sollte. Versteht mich nicht falsch, es geht nicht darum, bestimmte Jahrzehnte schlecht zu reden. Das Gleiche hätte ich auch mit jedem anderen Jahrzehnt machen können. Und natürlich hatten alle Zeiten auch positive Ereignisse und Entwicklungen.
Was ich aber damit aufzeigen will, ist die Tatsache, dass die Welt beziehungsweise wir als Menschen schon immer mit Umweltproblemen oder Konflikten zu kämpfen hatten. Schaut man ganz objektiv in die Vergangenheit, so gibt es nicht das 'auserwählte' Jahrzehnt, in dem alles perfekt war.


Wir als Menschen entwickeln uns immer weiter, was unser Leben im Grunde immer besser werden lässt. Allerdings sind wir natürlich vor kognitiven Wahrnehmungsverzerrungen nicht sicher. So sind unsere Gedanken und Erinnerungen oft mit Emotionen verknüpft, die diese entsprechend filtern. So kommt uns die Vergangenheit oft besser vor, als die Gegenwart. Hierfür gibt es den Begriff des Nostalgie-Effekt oder auch Rosy View. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022103197913330)
Hinzu kommt, dass für uns oft die gute alte Zeit in unserer Kindheit liegt, was bei einem liebevollen und versorgten Elternhaus natürlich immer die beste Zeit des Lebens ist - Keine Sorgen, viel Zeit und niemanden, um den man sich kümmern muss.

Auch ich kenne das aus meiner Umgebung: Da gibt es so aussagen wie Damals, als ich jung war, lag jedes Weihnachten Schnee. Das mag vielleicht für bestimmte Gebiete zutreffen, doch zieht man die Daten für die Region heran, in der diese Person aufgewachsen ist, so fällt auf, dass das tatsächlich nur auf 2 Weihnachten zutreffen kann. Allerdings bleiben genau diese in der Erinnerung, wohingegen man die Weihnachten, an denen es geregnet hat, eher vergessen wird.


Und sind wir mal ehrlich: Wir leben in einer Welt, in der wir untereinander so frei kommunizieren können, wie noch nie. Ich kann morgen an jedem Flecken dieser wunderschönen Erde sein, ich kann mich in Echtzeit mit Menschen auf der ganzen Welt unterhalten, mir steht fast das gesamte Wissen mit wenigen Klicks zu Verfügung und ich habe die Freiheit jederzeit problemlos ein Business aufzubauen, wenn ich eine Nische entdecke. Dabei sinken Umweltgefahren wie Krankheiten, an denen wir erkranken oder sterben können. Selbst die aktuelle Umweltproblematik zeigt paradoxer Weise auf, weshalb wir uns auch auf diesem Gebiet ins Postive entwickeln: Wären wir beispielsweise in den Industriestaaten mit Kriegen oder Hunger beschäftigt, wie es Anfang des 20 Jahrhunderts noch war, wäre uns die Umwelt und er Umweltschutz wahrscheinlich nicht so viel wert, wie heute. Selten standen Natur und Umwelt so im Fokus der Öffentlichkeit.

Man mag es werten, wie man möchte, aber wir leben schon in einer verhältnismäßig guten Zeit, wenn nicht sogar in der Besten, die es je gab. Und das sollte man auch genießen und nutzen und sich nicht durch seine Erinnerungen täuschen lassen.

Anbei noch ein paar Grafiken zum Thema

Alphabetisierungsrate der Weltbevölkerung:

(https://ourworldindata.org/literacy)


Weltweite Kindersterblichkeit

(https://www.statista.com/statistics/764446/children-under-five-mortality-rate-worldwide/)


Hunger in nicht-Industrieländern

(https://ourworldindata.org/hunger-and-undernourishment)
* Alle Statsitiken sind mit den Daten der angegeben Quellen selbst erstellt worden.


Das Thema lässt sich natürlich noch unglaublich erweitern, vor allem zu Wahrnehmungseffekten gibt es noch viel mehr zu schreiben.


Ich hoffe dennoch, einen guten Eindruck gegeben zu haben und würde mich sehr über eure Kommentare und Feedback zum Thema freuen.


Euch allen einen schönen Tag
Euer Kryptomist

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