Penn-State (Teil 9 von: "Nur bei Grün – den Amis ein Vorbild")

in #deutsch7 years ago

Dies ist ein Auszug aus meinem Buch "Nur bei Grün – den Amis ein Vorbild". Die restlichen Auszüge finden sich auf meinem Steemit-Blog:https://steemit.com/@kryptokrat   

Der Penn-State heißt nicht etwa so, weil in diesem Staat die Menschen in ihren kleinen Dörfern so verschlafen sind, nein, Penn-State steht für Pennsylvania. Dieser Bundesstaat ist für Deutsche ganz besonders interessant, da dort der größte Anteil der Bevölkerung deutsche Vorfahren hat. Viele Menschen, wie etwa die Amischen, in Amerika Amish genannt, sprechen noch heute in einem deutschen Dialekt. Pennsylvaniadeitsch nannte es eine ältere amische Frau, die ich dort getroffen habe. Aber zu den Amischen schreibe ich später noch mehr. 

Zunächst fuhr ich von New Jersey aus auf dem I-95 (Interstate 95) nach Pennsylvania rein mit dem nahegelegenen Zielort Philadelphia. Philadelphia kennen wir Deutsche ja meist nur als Frischkäsemarke, die nach der Millionenstadt und ihrer Käsetradition benannt wurde. Na wunderbar! Da fuhr ich also in eine Käsestadt. Dann hätte ich ja auch in Europa bleiben und gleich nach Holland fahren können. Übrigens glauben viele Amerikaner, dass Holland der Typ sei, der den Käse erfunden hat. Aber das nur so am Rande. 

Kurz bevor ich in Philadelphia ankam, konnte ich mein erstes amerikanisches road race beobachten. Ein Auto überholte – mal rechts, mal links – mit dem Zwei- bis Dreifachen der erlaubten Geschwindigkeit die anderen Autos. Verfolgt wurde dieses von einem anderen Auto, das sich im Fahrstil nicht von dem führenden Auto unterschied, nur anscheinend etwas langsamer fuhr, da es im Rennen ja hinten lag. Wenn die Polizei dieses offensichtliche Straßenrennen gesehen hätte, dann hätte auch die PBA-Card keine „Komm aus dem Gefängnis frei“-Karte mehr bedeutet! 

Nun ja, so stand ich nun in Philadelphia. Die Stadt ist am meisten für die liberty bell (Freiheitsglocke) bekannt, die während der ersten öffentlichen Vorlesung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung geläutet wurde. Diese Glocke bekam jedoch ziemlich früh schon einen großen Riss in ihrem Klangkörper, der sie funktionsuntüchtig machte. Ein schlechtes Omen für die amerikanische Freiheit war dies jedoch nicht. Bis heute sind die Vereinigten Staaten eines der Länder, die ihren Bürgern die meisten Freiheiten garantieren. Philadelphia ist auch für das Haus von Betsy Ross bekannt. Sie ist die Frau, welche die erste Flagge der USA genäht haben soll. Obwohl ich laut Karte schon ziemlich nah am Betsy Ross House gewesen sein musste, konnte mir keiner der Einwohner von Philadelphia sagen, wo es denn genau ist. Menschen, die teilweise schon seit Jahrzehnten in dieser Stadt lebten, hatten keine Ahnung, wo sich dieses berühmte Haus befindet und konnten mir nicht weiterhelfen. Nachdem ich das Haus nach langer Zeit immer noch nicht gefunden habe, entschloss ich mich, noch bevor die Nacht einbrach, aus Philadelphia raus in Richtung Lancaster zu fahren. Dort leben nämlich die Amischen, die ich unbedingt einmal treffen wollte. Die Amischen sind eine christliche Religionsgemeinschaft von meist deutschen Auswanderern. Ich hatte mal im Englischunterricht der Mittelstufe von den Amishs gehört. Im Unterricht lernte ich, dass die Amischen meist in ländlichen Gebieten leben und großen Wert auf Familie legen. Technologischem Fortschritt wie zum Beispiel Elektrizität stünden sie immer sehr kritisch und zurückhaltend gegenüber. Darüber hinaus sollen sie angeblich noch heute Deutsch sprechen. Angekommen im Heimat-Landkreis der Amischen suchte ich dann in kleinen ländlichen Ortschaften mit den christlich geprägten Namen Christiana und Paradise (Paradies) aber auch Intercourse (Geschlechtsverkehr) nach einem Motel für die Nacht. Ein Amish Motel hörte sich für mich vielversprechend an. An der Rezeption wurde ich jedoch nicht von einem Amischen sondern von einem Inder begrüßt. Und auch sonst hatte die moderne und technologisch fortgeschrittene Einrichtung nichts mit der Kultur der Amischen zu tun. So hatte mein Motelzimmer einen Kühlschrank, einen Fernseher und sogar eine Mikrowelle. Jedoch waren in dem Touristenmagazin, das auf dem Nachttisch lag, die einzigen interessanten Seiten, also jene über die Amischen und die lokalen Attraktionen, leider herausgerissen. 

Am nächsten Morgen machte ich mich dann auf die Suche nach den Amischen, die man aufgrund ihrer Pferdekutschen, auf die im Lancaster County sogar Verkehrsschilder hinweisen, und ihrer traditionellen Kleidung nur schwierig übersehen kann. Schnell fand ich einen amischen Souvenir-Laden und siehe da, die alte Dame, welche den Laden betrieb, sprach mit ihrer Mitarbeiterin einen nicht leicht zu klassifizierenden deutschen Dialekt. Dieser erinnerte mich an die Mundart mancher älterer Leute aus Deutschland. Als ich jedoch anfing mit Ihr in einem modernen Hochdeutsch zu sprechen, verstand die Dame nur Bahnhof. Oder wahrscheinlich noch nicht einmal das. Denn Eisenbahnen gehören ja schließlich auch zum modernen technologischen Fortschritt, den die Amischen ablehnen. Sie schien wohl zu fühlen, dass ich eine Art Deitsch schwätze und sprach zu mir anstatt wie zuvor in Englisch plötzlich in ihrem Pennsylvaniadeutsch. Es war wahrscheinlich verwirrend für sie, etwas bekannt Klingendes zu hören, es aber nicht verstehen zu können. Es erging ihr wohl so wie mir, wenn ich durch Amsterdam laufe und das Holländische auf mich Einwirken lasse. Alles so vertraut und doch so unverständlich. Im Laden der alten Dame kaufte ich mir noch ein englisch-amisches Wörterbuch und fuhr somit bestens ausgerüstet weiter. 

Später wieder auf der Landstraße 340 Richtung Intercourse fahrend durchquerte ich eine Ortschaft namens Bird-in-hand (Vogel-in-der-Hand). Und plötzlich sah ich es: Amish & Mennonite Home Cooking – The Family Cupboard. Dies war ein amisches-mennonitisches Restaurant mit einem sehr günstigen All-you-can-eat Buffet. An der Tür hing ein Schild mit den Öffnungszeiten. Verwundert sah ich, dass es sonntags geschlossen ist. Dies ist in Amerika nicht üblich. Was für ein Glück ich hatte, dass es nicht Sonntag war. Denn ansonsten hätte ich wohl niemals von dieser ausgezeichneten Küche kosten dürfen. Dieses Buch mag zwar hier und da mit ironischen Bemerkungen durchsetzt sein, aber glauben Sie mir bitte, dass dieses Restaurant das beste Essen bietet, das ich jemals in einem Restaurant gegessen habe. An dem Tag nahm ich mir vor, auf jeden Fall irgendwann einmal zurück zu kehren. Hätte dieses Restaurant auch noch Döner auf der Speisekarte stehen gehabt, dann hätte ich mich wahrscheinlich in Bird-in-hand für immer niedergelassen. So fuhr ich zwar gesättigt, jedoch immer noch auf der Suche nach einem amerikanischen Döner, weiter zu der historischen Stadt Gettysburg. Dort wollte ich mir das ehemalige Schlachtfeld aus dem amerikanischen Bürgerkrieg ansehen. Nach Gettysburg ging es dann gleich weiter Richtung Harrisburg und dann auf den I-78. Die Straße führte vorbei an Ortschaften wie Hamburg, Bethlehem und New Jersey bis nach Newark, wo ich dann auf den I-95 wechselte. Dieser ist eine toll road. Das bedeutet nicht, dass es toll ist, auf dieser Straße zu fahren. Viel mehr ist es teuer auf ihr zu fahren, denn toll ist das englische Wort für Zoll. So fuhr ich auf dieser Mautstraße über die teure George-Washington-Bridge ein letztes Mal nach New York City rein. Immer noch auf demselben Interstate durchquerte ich die Bronx und fuhr in den Staat Connecticut.

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