Pete Townshend: Ich werde immer jünger

in #deutsch5 years ago

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Nun gehen sie doch wieder auf die Bühne, die beiden Überlebenden einer der letzten großen Bands der 60er und 70er. The Who https://www.thewho.com/moving-on-tour-new-date-announced/ rocken die USA, als sei die Zeit stehengeblieben und Keith Moon nie gestorben.

Herr Townshend, The Who sind heute nur noch Roger Daltrey und Sie. Hat sich die Arbeit am Album "Endless Wire" dadurch verändert?

Townhend: Alles ist anders geworden. "Endless Wire" fühlte sich anfangs an wie ein Soloprojekt. Dann kam Roger dazu, er gab mir Tipps und Hinweise und als er anfing, zu singen, begannen die Songs zu leben, als wären sie alte Who-Stücke. Aber obwohl das so ist, ist manches anders. Man muss aber wissen: Wir haben als The Who viele Jahre ohne die natürliche Kraft von Keith Moons Drums gelebt. Keith wurde schon schwächer, lange bevor er starb. Mit John Entwistle war es wieder anders, er blieb immer stark, aber seine Stärke als Musiker war Fingerfertigkeit, nicht Kraft.

Ist ihr Verhältnis zu Roger Daltrey heute anders?

Townshend: Roger und ich, wir sind einfach glücklich. Wir haben uns beide, wir sind den ganzen Weg seit der Schulzeit zusammen gegangen. Ja, wir vermissen Keith und John, aber wir haben Zak Starkey und andere großartige Musiker in der Band. Wir hängen auch nicht die ganze Zeit beieinander. Wir akzeptieren einander mehr, als wir das früher taten. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir respektieren die Sicht des anderen. Zum Glück ist es einfacher, sich zu zweit zu einigen. In einer Band mit vielen gleichberechtigten Mitgliedern herrscht Demokratie, weil sie fair ist. Aber wir wissen: Was sie produziert, ist selten perfekt.

In der Vergangenheit hieß es, Sie hätten Probleme mit ihren Ohren und könnten deshalb nie mehr Rockmusik spielen?

Townshend: Jaja, meine Ohren werden von Tag zu Tag größer (lacht). Seit 1971 fragt mich jeder danach. Damals, als ich die Probleme bekam, habe ich schnell reagiert und aufgehört, extrem laute Musik zu hören. Auch Kopfhörer, die den meisten Schaden verursacht haben, benutze ich nur, wenn es unbedingt sein muss. Das Ganze beeinflusst meine Arbeit heute überhaupt nicht - sonst hätte ich "Endless Wire" auch kaum produzieren können. Störend ist es nur im normalen Gespräch, im Auto oder im Flugzeug. Da muss ich manchmal schon Lippenlesen.

Erzählen Sie uns doch, wie Sie ein Lied schreiben. Das fängt an mit einem Akkord? Einem Reim?

Townshend: Mal so, mal so. Ich könnte Lieder schreiben, die den komischen Ton aus einer billigen Spielzeugorgel als Ausgangspunkt nehmen. Ich schaue überall nach Dingen, die mich inspirieren. Aber Songschreiben hat auch viel mit Warten zu tun. Und mit Geduld. Man macht seinen Kopf leer und wartet. Komischerweise ist für Musiker der beste Weg, den Geist zu öffnen, Musik zu machen. Also macht man. Und auf einmal ist das Lied da.

Sie haben unglaublich viel Musik geschrieben und veröffentlicht. Stimmt es, dass noch viel mehr in ihrem Archiv liegt?

Townshend: Ja, da ist eine Menge. Aber vieles ist nicht fertig. Ich habe auf meinen "Scoop"- Alben, die man im Internet unter www.eelpie.com kaufen kann, immer mal was veröffentlicht. Aber es sind immer noch tausende Stücke übrig. Manche davon werden vielleicht noch mal richtige Lieder, manche nehme ich nie wieder in die Hand. Ich schreibe ja auch eine Menge Texte, keine besonders guten zwar, aber eines Tages ist der eine oder andere doch mal gut für einen neuen Song.

Auf dem letzten Who-Album "Endless Wire" beschäftigen Sie sich mit dem Älterwerden. Wie beeinflusst das ihre Arbeit?

Townshend: Ich beschreibe jemanden, der unter dem Älterwerden leidet, es wie eine Krankheit empfindet. So stellte ich mir das Alter vor, als ich begann, nicht mehr jung zu sein. Jetzt bin ich alt, und ich fühle mich jünger als damals. Alt werden ist wie jung werden, denn es gibt einen Moment im Leben, wenn Alter keine Rolle mehr spielt. Du kannst es nicht wegschieben, also spielt es keine Rolle mehr. Ich bin an dieser Stelle angelangt. Wer etwas über das Älterwerden erfahren will, sollte Junge fragen.

Was tun Sie, wenn Sie nicht auf Tour sind und nicht im Studio stecken?

Townshend: Ehrlich gesagt, ist mein Leben die reine Glückseligkeit. Ich habe alles, was ein Mann sich wünschen kann. Ich mag es, Zeit am Meer zu verbringen, ich segle dann oder schaue meinem 17-jährigen Sohn beim Wakeboardfahren zu. Wir haben fünf Hunde, die machen eine Menge Arbeit. Und mit meiner Lebensgefährtin Rachel Fuller habe ich eine Internet-Show namens "In The Attic", bei der ich mit anderen Musikern spiele und wir zusammen Spaß haben.

Sie interessieren sich immer noch für neue Bands?

Townshend: Immer. Im Augenblick mag ich Bands wie die Flaming Lips, Regina Spektor und Joe Purdey, auch Sigur Ros und Sufjan Stevens sind klasse. Aber ich höre auch viel Bartok. Um zu lernen, wie man falsche Noten spielt, die dann plötzlich richtige Noten sind.

Was denken Sie über Rockbands wie The Strokes und all die anderen, die ja ihr Who-The wieder belebt haben?

Townshend: Die sind interessant. Ich kenne gerade noch zwei englische Gruppen, die kein "The" vor ihren Namen setzen. Was das bedeutet? Ich schätze, wir haben hier ein Feuer, das niemals aufhört zu brennen, so lange Musiker bereit sind, sich selbst in Flammen zu setzen.

Nach all den Jahren im Geschäft- was macht Sie heute am meisten stolz?

Townshend: "Quadrophenia".

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Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Ja, sie haben wirklich ein paar tolle Alben (in den 1960ern) gemacht.

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