Sergej Lawrows sentimentale Bindung an die Vereinten Nationen

in #deutsch7 months ago (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Ja, diese Organisation hat auf den ersten Blick etwas Magisches: die Vereinigung der Völkerfamilie unter einem Dach. Die schiere Größe übt Eindruck aus, dem man sich schwer entziehen kann. Auch das bunte Bild der Delegierten aus allen Kontinenten weiß zu imponieren.

Doch unter dem Gebälk kracht es gewaltig.
Außenstehende überfrachten die Vereinten Nationen mit unrealistischen Erwartungen, die sie aufgrund ihrer Struktur nicht erfüllen können, und reagieren mit Enttäuschung darauf. Insider erkennen die Beschränkungen der Organisation schnell und resignieren oder arrangieren sich pragmatisch damit.

Die Vereinten Nationen waren der Ort, an dem ich im Alter von 15 Jahren meine Berufsentscheidung traf. Dort absolvierte ich Jahre danach einen Teil meines Rechtsreferendariates. Sehr viel später waren sie auch das Zentrum meines Wirkungskreises im Auswärtigen Amt und in New York für lange Zeit - und dies mit großer Begeisterung. Damals erlaubten die Umstände noch, Einfluß zu nehmen und dafür mit Erfolgen in langsamen, aber kontinuierlichen Schritten belohnt zu werden.

Aus dieser Zeit kenne ich Sergej Lawrow persönlich, der damals sein Land als Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York vertrat.

Ich kann seinen anhaltenden Glauben an diese Institution und sein Festhalten daran verstehen; gleichzeitig wundere ich mich darüber.

Rußland vollzog nach den einsetzenden Feindseligkeiten des Westens relativ schnell den Wandel hin zur Multipolarität und zur Hinwendung zu Asien, Afrika und Lateinamerika. Diese Neuorientierung steht in krassem Gegensatz zu den US-dominierten, überkommenen Vereinten Nationen, mit denen dieser Wechsel nicht möglich sein wird. Gerade weil die Vereinten Nationen ein Kind der Nachkriegszeit sind, spiegeln sie nicht mehr die seither drastisch veränderten Realitäten wider. Ihre Struktur widersetzt sich jeder Reform - gerade in Krisenzeiten. Daher können sie sich nicht adaptieren und sind somit dazu verdammt, auf neue Herausforderungen nicht antworten zu können.
Rußland ist noch immer einer der bedeutenden Akteure auf dem Parkett der Vereinten Nationen, kann aber damit nichts mehr bewegen. Es wird von den Westlern blockiert und blockiert bisweilen noch diese. Kreative Politik ist das nicht. Moskau verteidigt auf verlorenem Posten alten Ruhm.

Die Zeit ist gekommen, die Vereinten Nationen aufzugeben und sich neuen Horizonten zuzuwenden. Der hoffentlich beschleunigt eintretende wirtschaftliche Niedergang der USA wird auch zu deren politischer Entmachtung führen, denn ihre dominierende Rolle in den Vereinten Nationen ist nicht zuletzt ihrem Finanzpotential zu verdanken, das sie stets ausspielten. Wer ein Viertel der Organisation finanziert, an dem führt kaum ein Weg vorbei. Diese Lücke werden andere ausfüllen müssen, wollen sie die USA von ihrem Platz verdrängen. Andererseits müssen die alten Räuber und Plünderer - GB und Frankreich - auf den ihnen angemessenen Platz reduziert werden, denn ihr bisheriger spricht ihren Leistungen Hohn.

Sergej Wiktorowitsch, lassen Sie los! Loslassen ist bisweilen etwas bitter, da es einen Abschied von der eigenen Vergangenheit bedeutet. Festhalten aber ist mit Stagnation verbunden. Außerdem bedingt der Wandel, daß auch das Festhalten keine Kontinuität mehr ermöglicht. Man hält an etwas fest, das schon lange nicht mehr das ist, was es einmal war. Lassen Sie die Vergangenheit hinter sich! Die Chancen liegen in der Zukunft. Rußland wird sich wieder seinen Platz erobern und ihn behaupten. Es braucht nicht an einer Schimäre festzuhalten.

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