Neue außenpolitische Akteure?
Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
VW erwägt, ein geplantes Werk in der Türkei nicht zu eröffnen wegen der Rolle der Türkei in Nord-Syrien.
Damit stellt sich die Frage, ob die Wirtschaft - außerhalb eines durch das Parlament beschlossenen Sanktionsregimes gegen bestimmte Staaten - ihre eigene Sanktionspolitik betreiben sollte.
Das Grundprinzip eines Unternehmens ist die Gewinnmaximierung zum Profit der Aktionäre und damit indirekt auch Deutschlands. Schränkt es die Verfolgung dieses Zieles selbst ein, ohne daß ein Parlamentsentscheid dies vorgegeben hätte, schadet dies den Aktionären und darüberhinaus auch Deutschland.
Sanktionen stellen ohnehin ein fragwürdiges Element der Außenpolitik dar. Ihre Auswirkungen treffen in der Regel die Bevölkerung eines Landes mehr als dessen Regierung. Wenn ethische Erwägungen die Entscheidung des Unternehmens leiten, erscheint die Maßnahme daher besonders prekär. Entfaltet sie womöglich gerade bei der Opposition des Landes ihre adverse Wirkung, erreicht sie das Gegenteil der ursprünglichen Absicht.
Daher sollte eine Nebenaußenpolitik durch die Wirtschaft wohl durchdacht werden. Natürlich ist es honorig, wenn ein Unternehmen eines Landes, dessen Regierung sich mit moralischen Prinzipien eher schwertut, seine eigenen höheren Standards zur Anwendung bringt. Dabei muß meist in Kauf genommen werden, daß darunter der Ruf des Hauses als verläßlicher Wirtschaftspartner leidet mit der Konsequenz, daß Marktanteile auf lange Sicht verloren gehen. Daran wird sich auch bei einem Regierungswechsel im Ausland wenig ändern, denn auch die neue Regierung und auf jeden Fall die ausländischen Kontrahenten werden sich der Imponderabilie bewußt sein, die mit einem Vertragspartner zusammenhängt, der ggf. seine Entscheidungen eigenen außenpolitischen Bewertungen unterwirft, die eventuell von denen seines Sitzstaates abweichen. Springt gar ein Konkurrent in die Bresche, ist in der Sache nichts erreicht, aber die eigene Position demontiert, nicht zuletzt mit der Folge nicht mehr vorhandener Möglichkeit der Einflußnahme.
Von ganz eklatanten Fällen von Regimeversagen abgesehen, sollten Unternehmen die Außenpolitik eher den dazu Berufenen überlassen. In Deutschland wäre zwar dieser Sonderfall erfüllt; die übrigen Erwägungen aber gelten dennoch.
Im Falle von VW zeigen die Indikatoren ganz überwiegend in Richtung auf die Zugrundelegung rein wirtschaftlicher Erwägungen.
Noch am Rande bemerkt: Bursa, wo das Werk entstehen soll(te), gilt heute als Autostadt. In noch nicht allzu ferner Vergangenheit erfreute sie sich der Bekanntheit als die Stadt der Seide. Man wünscht dieser schönen Stadt, sie möge ihr Erbe zumindest nicht aufgeben. Man kann schließlich das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Ich deute so eine Entscheidung weniger als Sanktionspolitik durch die Hintertür, als vielmehr verständliche unternehmerische Vorsicht. Angesichts der angespannten deutsch-türkischen Beziehungen und der ständigen Drohungen und Erpressungsversuchen Erdogans, finde ich es nur folgerichtig dort nicht zu investieren und damit den Türken kein weiteres Material für politischen Druck zu liefern.
Absolut valabler Standpunkt. Das kann man durchaus so sehen. Dann sollte das aber von VW aber auch so begründet werden und nicht mit Nord-Syrien, wie das der Fall ist.