Mißbrauchte Bürger
Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
In Reaktion auf den öffentlichen Druck, der in den Gelbwestenprotesten kulminiert war, war in Frankreich ein Bürgerkonvent von 150 „zufällig ausgewählten“ Bürgern dazu aufgerufen, Vorschläge zu unterbreiten für die Klimapolitik des Landes.
Sollte die Auswahl tatsächlich rein zufällig erfolgt sein, wäre ihre Repräsentativität für das gesamte Volk auch nur rein zufällig zu erreichen gewesen, sehr wahrscheinlich aber erfüllt sie diese Vorgabe nicht.
Dennoch erwiesen sich die durch dieses Gremium erarbeiteten Vorschläge als derart unbequem, daß die meisten davon Makulatur bleiben werden. Die Regierung Macron gab dem Einfluß von mächtigen Lobbyisten nach, suchte sich die harmlosesten und genehmsten der Ideen zur Umsetzung aus und ignoriert den Rest. Einwände dagegen verwarf Émmanuel Macron mit dem respektlos-verächtlichen Kommentar: „Man kann nicht sagen, nur weil 150 Bürger etwas aufgeschrieben haben, sei es nun die Bibel oder der Koran.“. Es waren Bürger, deren Rat er selbst erbeten hatte, doch nicht mit dem Ziel, diesen redlich zu berücksichtigen, sondern um sein ramponiertes image aufzupolieren und durch den Anschein einer Bürgerbeteiligung Ruhe zu verbreiten. Einige der Teilnehmer fühlen sich dadurch zu Recht mißbraucht und gehen dagegen vor.
In Deutschland wagte man auch nicht wirklich ein Experiment. 160 ebenfalls „zufällig ausgeloste“ Bürger, von denen man jedoch über erstaunlich weitgehende Informationen hinsichtlich ihrer Herkunftsregion, ihrer Altersgruppe, ihrer Lebensläufe (!) und ihrer Lebensumstände (!) verfügte (George Orwell läßt grüßen!), sollten sich zu außenpolitischen Fragen äußern. Vorsichtshalber wurden sie vor Aufnahme ihrer Arbeit von einem „Expertengremium“ eingenordet.
Das verzagte und uninspirierte Ergebnis, das dem Kasner-Regime keine Probleme bereiten dürfte, denn dafür hatte man - geschickter als im Nachbarland - schon im Vorfeld gesorgt, überrascht daher nicht.
Das außenpolitische Feld eignet sich eher schlecht für den Einstieg in seriöse Bürgerbeteiligung, da das Interesse für außenpolitische Themen in fast allen Ländern dieser Welt hinter dem für Innenpolitik zurücksteht, von der sich die Bürger direkter betroffen wähnen. Dementsprechend ist auch ihr Informationsstand, der sie auf außenpolitischem Gebiet stärker „Einflüsterungen“ aussetzt. Daher sollten die naiven und erkennbar tendenziösen Aussagen nicht verwundern.
Daß die deutschen Streitkräfte nach den Uschi-Albrecht-Jahren schon jetzt faktisch abgeschafft, da nicht mehr einsatzfähig sind, haben die Bürger noch überhaupt nicht bemerkt. Über den absurden Rohrkrepierer, Zahlungen an die UNO bei der NATO anrechnen zu lassen, kann sich wahrscheinlich noch nicht einmal die UNO amüsieren. Damit harmoniert die naiv-pastorale Einleitung des Papieres.
So führt man ein Bürgergremium als Lieferant harmloser und im übrigen unbrauchbarer Vorschläge vor und läßt es sich selbst diskreditieren.
Partizipative Demokratie setzt Demokratie voraus. Diese aber besteht derzeit in Deutschland nicht. Daher sollten angefragte Bürger sich derartigem Mißbrauch verweigern und sich ihm widersetzen. Anderenfalls dienen sie nur den Machthabern als Feigenblatt und Aushängeschild. Erst nach einer grundlegenden Veränderung der Zustände hierzulande können und sollten derartige Reformen verwirklicht werden.
https://www.dw.com/de/b%C3%BCrgerrat-w%C3%BCnscht-sich-deutschland-als-faires-vorbild/a-56641121
https://www.dw.com/de/klimaschutz-in-frankreich-b%C3%BCrgerbeteiligung-gescheitert/a-56581110