Ihn zu unterschätzen, wäre ein schwerer Fehler: Yoshihide Suga

in #deutsch4 years ago

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Unser Freund und Japan-Experte Tanuki gibt uns zum Regierungswechsel in Japan interessante Einblicke in Werdegang und Wesen des neuen Ministerpräsidenten Suga Yoshihide (In Japan steht der Familienname vorne.).
Bei dieser Gelegenheit stellt er einen bei Nicht-Japan-Kennern noch weitgehend unbekannten und möglicherweise aufsteigenden Polit-Stern vor, der keine Förderung braucht und bald herausfordern könnte.

Japans neue alte Regierung

von Tanuki

Von der Scholle zur Staatsspitze – ein beachtlicher Sprung, den nur ganz wenige schaffen. Nicht ohne Stolz weist Japans neuer PM auf seine Herkunft und seinen Werdegang hin. Keineswegs zu Unrecht: Zäh, unermüdlich, zielorientiert, knochentrocken, schlagfertig und erforderlichenfalls auch schlagkräftig, mit einem Gedächtnis wie ein Elefant. Die Finte, die dieser Karate-ka in Japans Politik nicht bereits erkennt und pariert, ehe sein Gegenüber daran denkt, sie tatsächlich rauszulassen, ist schwer vorstellbar.
Wie sein Vorgänger Abe, übte der frischgebackene Ministerpräsident zuletzt die Funktion des Chefkabinettsekretärs (Staatsministers) aus – traditionellerweise jener Politiker, der dem Regierungschef (vorläufig) ins Amt nachfolgt, falls dieser es vor Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr weiter ausüben kann. In der modernen Geschichte Japans hat Suga dieses Amt mit Abstand am längsten ausgeübt. Nicht zuletzt deshalb und aufgrund seiner Aufgabenkonstellation laufen in seinen Händen alle Fäden zusammen, er kennt alle und alles. Da er täglich mehrmals auf allen Bildschirmen und Titelseiten der Zeitungen zu sehen ist, kennen alle auch ihn. Ihm oblag es, der Bevölkerung des Landes sämtliche Sager und Aktionen des Regierungschefs sprachlich so zu servieren, dass die Umfragewerte trotz haarsträubender Schnitzer nicht abstürzten, was Suga all die Jahre mit stupender Brillanz und stoischer Miene schaffte. Sie blieben sogar erstaunlich hoch. Erst im abgelaufenen Halbjahr wurde der kollektive Frust statistisch relevant und begann (endlich!) die Auffassungen deutscher, eidgenössischer und österreichischer Journalisten widerzuspiegeln, die das Gras ja schon immer wachsen gehört hatten. Im Anschluss an seinen Rücktritt schnellten die Umfragewerte für Abe jedoch blitzartig hoch und halten derzeit bei über 62 Punkten (!).
Suga war es auch, der Abe in seine spätere Funktion zwar nicht drängte oder hievte, ihm eine Kandidatur jedoch nahe genug legte und ihn innerhalb der Partei wie im Wahlkampf dann auch tatkräftig unterstützte. Mit Erfolg, wie sich zeigte. Danach coachte er Abe vorsichtig, aber gleichfalls nicht völlig erfolglos, von dessen Steckenpferd Verfassungsänderung in Richtung Wirtschaft.
Doch zumindest eine Person gibt es, mit der Suga nicht gut klarkommt: Koike Yuriko, die Gouverneurin von Tokyo. Abe nannte sie mal scheu „eine Frau zum Fürchten“. Nicht obwohl, sondern vermutlich weil sie zu den intelligentesten und effizientesten Politikerpersönlichkeiten zählt, die Japan zurzeit hat. Dazu noch attraktiv, elegant, eloquent. Nicht viele können ihr das Wasser reichen, auch Abe nicht, und das ist kein Geheimnis. Immerhin beherrscht sie Arabisch (Studium an der Universität Kairo) und Englisch auf Dolmetscherniveau und auch sonst allerlei. Eine Prolongierung der bisherigen Friktionen zwischen Tokyo und Staatsführung wäre nicht überraschend.
Möglicherweise deutet das auch ein Limit des neuen MP an: das internationale Parkett ist, wie der Name sagt, weder Furche noch Scholle. Doch wer weiß, ausgekochte Füchse sind für Überraschungen allemal gut. Die Neuauflage eines Schmuse-Duos wie Trump – Abe wird es mit Suga aber sicher nicht geben.

Ein Jahr ist schnell um, dem neuen MP bleibt nicht viel Zeit für das, was in unseren Breiten „Profilierung“ genannt wird, hier aber eher kontraproduktiv wirkt. Derlei anzustreben hat er auch nicht nötig. Wer wichtig ist, kennt ihn, und wer ihn nicht kennt, ist nicht wichtig. Eher darf davon ausgegangen werden, dass er sich um die dringend erforderlichen Weichenstellungen für die Zukunft bemühen wird. Diese beginnt für Japans Politik spätestens mit den in einem Jahr anstehenden Wahlen.

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