Einblicke in eine faszinierende Welt

in #deutsch3 years ago

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Eine Zugfahrt von München nach Genf. Die Wohnung in München ist aufgelöst. In Genf wartet ein neuer Lebens~ und Studienabschnitt.

Es ist Abend. Das Zugabteil ist hell erleuchtet und spiegelt sich in den dunklen Fenstern. Die 21-jährige Studentin - allein im Abteil - ist müde, aber dennoch pflichtgemäß in die Zeitungslektüre vertieft.

Da öffnet sich die Abteiltür, ein Herr tritt ein und fragt, ob noch ein Platz frei sei. Sie würdigt ihn eines flüchtigen Blickes, bejaht seine Frage und setzt ihre Lektüre fort. Nach Ende eines und vor dem nächsten Artikel blickt sie aus dem Fenster in die draußen vorbeiziehende Nacht. Was sie sieht, ist jedoch nicht die Landschaft, sondern das Innere des Abteiles und ihren Mitreisenden.

Er sieht toll aus, stellt sie fest: groß, dunkelhaarig, dunkle Augen und ausgesprochen hübsche Gesichtszüge.

Neugierig geworden, wendet sie zögerlich ihren Blick ins Innere des Abteiles. Ihre Blicke streifen einander. Er lächelt. Sie erwidert das Lächeln. Er beginnt ein Gespräch. Sie legt die Zeitung beiseite und läßt sich darauf ein.

Er stellt sich vor als türkischstämmiger Elektroingenieur und Manager, in Lausanne wohnhaft und in Genf arbeitend. Dabei betont er, er sei zwar türkischer Nationalität und stamme aus Istanbul, aber in erster Linie sei er Jude vom Stamme der Sephardim. Dann erzählt er ihr die Geschichte der Sephardim, die 1492 aus Spanien ausgewiesen worden waren und Zuflucht im Mittelmeerraum, darunter der Türkei, fanden.

Die Zugfahrt ist viel zu schnell zu Ende. Man tauscht die Koordinaten aus zur Fortsetzung dieser faszinierenden Begegnung und zur Vertiefung der packenden Geschichte.

Bei ihr ist das Interesse geweckt an der Beschäftigung mit dieser Thematik. Sie lernt Hebräisch in der Ulpan (Erwachsenenschule) der israelitischen Kultusgemeinde in Genf und vertieft sich weiter in die Materie.

15 Jahre später verschlägt es sie beruflich in die Türkei, wo sie sich in Istanbul auf die Suche nach den Relikten der sephardischen Kultur begibt. Viel davon ist damals nicht mehr vorhanden, aber es befinden sich Restaurierungsaktivitäten der Synagogen im Gange. Es herrscht der aufgeschlossene Geist der Zeit von Turgut Özal. In der Türkei herrscht Aufbruchstimmung. Sie orientiert sich nach Europa.
Damals ist der dramatische Rückschritt der Türkei, dessen man heute gewahr wird, nicht abzusehen.

Die Filmserie „Der Club“ entführt in das Istanbul der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts und das Leben der Sephardim dort. Aktuell scheint sie die Zuschauer ebenso zu begeistern wie seinerzeit die Erzählungen die junge Studentin.

https://www.dw.com/de/netflix-serie-der-club-eine-t%C3%BCr-ins-istanbul-der-1950er-jahre/a-60373559

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