Deutscher Deutungsimperialismus

in #deutsch4 years ago

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Die Kontroverse um die Kritik des Beauftragten für Antisemitismus (richtig wäre: Antijudaismus) Felix Klein an dem kenianischen Historiker Achille Mbembe ist symptomatisch für den in Deutschland in Anspruch genommenen Suprematismus im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen.

Die Theorie, wonach der Holocaust ein einzigartiges Verbrechen der Menschheit gewesen wäre, kann nur bestätigt werden durch den Vergleich mit anderen Verbrechen. Läßt man diesen Vergleich nicht zu, handelt es sich um einen Glaubenssatz, der nicht in Frage gestellt und überprüft werden darf. Da es sich jedoch um ein historisches - und kein theologisches - Phänomen handelt, ist dieser Ansatz unseriös. Zudem gilt: Glauben heißt nicht wissen. Dies wäre dann die Konsequenz.

Der Vergleich mit anderen Untaten aber führt zwangsläufig zu der Erkenntnis, daß jedes Verbrechen schon von seinen Umständen her einzigartig ist. Es existieren demnach viele einzigartige Verbrechen der Menschheit - und nicht nur ein singuläres. Die Aufstellung einer Opferhierarchie beleidigt und diskriminiert die als nachrangig eingestuften Opfer, was in Anbetracht der Gleichwertigkeit jedes Lebens völlig inakzeptabel ist.

Nur vor dem Hintergrund der in Deutschland praktizierten abwegigen Haltung konnte sich die Diskussion um den Historiker Mbembe überhaupt aufbauen. Nun erschrickt man vor den Folgen eines Masochismus im Stile von „Die Schlimmsten waren aber wir! Keine Diskussion!“. Erstaunlich dabei ist, daß die Staaten, die Opfer von Menschenrechtsverbrechen zu beklagen haben (z. B. Japan, Vietnam), bisher den deutschen Rassismus ihren Toten gegenüber klaglos akzeptieren, oder zumindest nicht in Frage stellen, daß deren Schicksal relativiert und herabgesetzt wird.

Ein Staat kann seine Daseinsberechtigung nicht auf eine Verfehlung gründen. Er besitzt sie aus sich selbst heraus und im Interesse seiner Staatsbürger. Dieses verquere Selbstverständnis muß dringend revidiert werden, denn es führt zu absurden Ergebnissen. Interessierte Kreise instrumentalisieren diesen Irrweg, der rationaler Begründung entbehrt.

Auf dieser Linie liegt auch die Strafbewehrung der Holocaustleugnung, die nichts anderes als eine Mißtrauensbekundung gegenüber der Wissenschaft darstellt und deren Arbeit daher inhibiert.

Felix Klein arbeitet nur innerhalb der ihm vorgegebenen schrägen Linien. Dies allerdings tut er mit Übereifer, der ihm sogar den Blick auf widersinnige Aktionen verstellt, was dann darin gipfelt, daß er an Demonstrationen teilnimmt, die zur Emigration aller Juden nach Israel aufrufen, und Juden vom öffentlichen Tragen der Jarmulka abrät.

Deutschland darf hier keinen falschen Ehrgeiz an den Tag legen. Superlative sind nicht ausnahmslos immer erstrebenswert. Die Abwertung von Opfern durch die Erhöhung anderer Opfer ist nicht zulässig. Und schließlich stehen mantraartige Bekenntnisse als Ersatz von wissenschaftlicher Herangehensweise dem Land der Denker schlecht an. Die Dichter seien hier einmal beiseitegelassen. Diese Sicht anderen Staaten und ihren Angehörigen aufzuoktroyieren, verbietet sich von selbst.

https://www.jungewelt.de/artikel/378001.geschichtswissenschaft-der-fall-felix-klein.html
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/claus-leggewie-antisemitismus-debatte-achille-mbembe-13763258.html
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/mbembe-klein-fall-fall-13756080.html
https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/antisemitismusvorwuerfe-gegen-achille-mbembe-juedische-intellektuelle-fordern-ruecktritt-von-felix-klein-100.html
https://www.juedische-allgemeine.de/politik/felix-klein-lehnt-entschuldigung-ab/
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-fall-mbeme-wird-zum-fall-klein

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