Das neue Zensuswahlrecht?

in #deutsch3 years ago (edited)

Isabella Klais / Erasmus Konsul / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Isabella Klais (Teil 1)
Die Einflußnahme von Lobbyisten auf die Politik ist als weltweites Phänomen unverkennbar. In der Tendenz entwickelt sich hier ein neues Zensuswahlrecht, denn wer es sich leisten kann, dem eröffnet sich damit ein privilegierter Zugang zu Regierungen mit der Möglichkeit, seine Partikularinteressen durchzusetzen. Auf Seiten der Politik treffen Lobbyisten auf Personen mit dem stets einnehmenden Wesen. Nicht, daß sie so sympathisch wären; sie können nur immer etwas brauchen, um ihre tiefen Taschen zu füllen.
Mit dem Grundprinzip der Demokratie, eine Person - eine Stimme, ist dies unvereinbar, denn während die durchschnittlichen Wähler auf ihre Stimmabgabe bei Wahlen alle vier Jahre beschränkt sind, gewichten Finanzstarke den Einfluß ihrer Stimme sehr viel stärker. Da sie in der Regel auch mehr zum Steueraufkommen beitragen, mag dies in Grenzen tolerabel sein.

Im Ausland geht die symbiotische Einflußnahme von Geld auf Macht zum Teil noch sehr viel weiter. In den USA beispielsweise finden Präsidentschaftswahlkämpfe unter Einsatz enormer Geldschlachten statt. Dahinter stehen finanzstarke Gruppierungen, die versuchen, sich die ihnen genehme Regierung zu kaufen und eine mißliebige abzuberufen.

a) Innerhalb Deutschlands sind derartige Exzesse weit entfernt. Hier verhält es sich eher umgekehrt. Das Regime platziert seine ausgesteuerten Versager als Trostpflaster schon mal in der Wirtschaft.
Dennoch werden auch hier vermehrt Rufe aus der bekannten ideologischen Ecke laut, die die Vermögenssteuer wieder einführen und die Erbschaftsteuer erhöhen wollen.
Dem steht jedoch entgegen, daß

  • die Erbschaftsmasse bereits versteuertem Geld entstammt. Darauf würde dann nochmals enteignend zugegriffen.
  • Die Grundlage der Besteuerung von Vermögen nur zum Teil zu erfassen ist, insofern sie in Registern dokumentiert ist (Immobilien, Unternehmen, Schiffe, Flugzeuge). Mobiliarvermögen ist in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht zu ermitteln (Kunstsammlungen, Schmuck, Edelmetalle). Diese Dinge können erhebliche Werte verkörpern, wären aber nur in Razzien zu detektieren. Das will ja wohl niemand. Das und der unverhältnismäßige Ermittlungsaufwand, der zu einer völligen Schieflage im Verhältnis zum Ertrag stand, waren die Gründe für die Abschaffung der Vermögenssteuer in Deutschland. Die Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensanlagearten bei der Heranziehung zur Versteuerung wäre verfassungswidrig.
  • Unser Regime verschwendet und veruntreut Milliarden. Soll es noch dabei unterstützt werden?
  • Durch zahlreiche Nachkommen wird ein Vermögen schnell pulverisiert. In Deutschland wirkt sich dabei die demographische Entwicklung günstig aus. In noch nicht allzu entfernter Vergangenheit aber fielen Vermögen in Deutschland und seinen Nachbarländern in neureiche Hände, weil bei Erbgängen Bestand aufgelöst werden mußte. Die neuen Eigentümer verfuhren damit nicht gleichermaßen verantwortungsvoll wie die traditionsbewußten alten.
    b) Von au0erhalb Deutschlands wirken jedoch vermittels der noch weiterbestehenden US-Besatzung und der globalen Aktivitäten ausländischer Nicht-Regierungsorganisationen auch nach Deutschland internationale Finanzagglomerate herein.
    Unser Freund Erasmus Konsul beschreibt dies wie folgt:

Erasmus Konsul (Teil 2)

Wie Amerika heute die Gelder der Reichsten der Reichen anzieht

von Erasmus Konsul

Nachdem es vor etwa 10 Jahren u.a. die Schweiz als Konkurrenten ausgeschaltet hat und andere dämliche auch, gehen Gelder aus aller Welt nunmehr nach Delaware & Co. Und man darf sicher sein, dass zumindest so viel Geld auch den politischen Kräften in den Staaten, in Großbritannien und anderswo zufließt, dass diese Vermögen auch weiterhin anständig behandelt werden. Übrigens ist auch Großbritannien mit seinen finanziellen Inseldomizilen ein beliebter Hafen für „big money“ im Schatten des großen Bruders. Honi soit qui mal y pense, ich denke an den Brexit....
Wenn es um universale Werte geht, sind ihre Hüter einfach unbestechlich....

Die USA und in ihrem Geleitzug die Briten haben sich über einer geschickten Kampagne in die Position geschoben, möglichst viel Kapital weltweit in ihren Bereich zu ziehen. Dies haben sie einerseits durch Bekämpfung von Konkurrenzstandorten wie Schweiz geschafft. Und andererseits durch die Einführung eines weltweiten Vertragswerks über die wechselseitige Meldung von Kapitalanlagen (Automatischer Informationsaustausch, AIA) im Rahmen der OECD, an dem sie nunmehr nicht teilnehmen (Das hat Tradition, denn sie unterstellen sich ja auch nicht dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag). Als dritter Faktor kommt hinzu, dass sie durch ihr Fatca-System ihre eigene Gesetzgebung international anwenden, sodass mittlerweile jeder und ständig bei irgendeiner Kontoeröffnung versichern muss, nicht US-Bürger zu sein und nichts mit den USA zu tun zu haben. Die USA sind aufgrund ihres seit Jahrzehnten sich ständig verschlimmernden Doppeldefizits (Haushalt und Außenhandel) und ihrer dominanten Finanzindustrie auf permanent hohe Kapitalzuflüsse angewiesen, nicht zuletzt um den Dollar als Weltwährung zu erhalten, ein wichtiger Pfeiler ihres Weltmachtanspruchs.

Natürlich können auch große Vermögen in Europa und Deutschland oder Österreich davon profitieren. Da sprechen wir dann sicher schon von Horten oder Quandt u.ä.. Wenn man sein Geld als sehr reicher Mensch im US-Machtbereich „lagert“, so hat man den Vorteil, dass Washington einen nicht „verfolgt“, was anderweitig nicht so sicher ist. Außerdem schafft dies Loyalitäten, entsprechende Leute werden sich „wohlverhalten“. So geht das System, das natürlich auch die Franzosen im kleineren und leicht antiquierten Kolonialstil mit ihren afrikanischen Pseudokolonien anwenden. Wenn der Staatschef des betreffenden Landes erst einmal sein Haus an der Cote d’Azur gekauft hat, ist er schon im „Sack“. Aber das sind natürlich im internationalen Vergleich nur Peanuts!

Wäre GB in der EU verblieben, hätte selbige möglicherweise irgendwann Zugriff auf die schönen Inseln von den Cayman Islands bis zur „City“ bekommen. Unthinkable!

Anhang

NZZ am Sonntag
NZZ-E-Paper vom 31.01.2021

«Superreiche sind bald mächtiger als Regierungen»

Interview: Andreas Mink

Eine globale Branche von Juristen und Finanzexperten hilft den Vermögenden, ihr Geld zu verstecken. Ihr Einfluss werde grösser, sagt der Autor Chuck Collins.

Sie stammen aus einer reichen Familie, haben aber im Alter von 26 Jahren Ihre Erbschaft von einer halben Million Dollar an wohltätige Organisationen gespendet. Weshalb?

Chuck Collins:

Mich hat schon vorher in­teressiert, wie Menschen ihr Geld verdienen und welche Ungerechtigkeiten dabei ent­stehen. 1983 hatte ich dann ein Schlüsselerlebnis.

Das müssen Sie uns erzählen.

Eine in der Vermögensverwaltung tätige Firma hatte Erben wie mich zu einem pri­vaten Anlass nach Boston eingeladen. Da wurde uns gesagt, wie wichtig die Bewahrung des Familienvermögens sei. Spezialisten erzählten uns eine alte Anekdote: Ein reicher Patrizier geht nachts in Boston an einer Prostituierten vorbei und erkennt seine Cousine. Er fragt: «Addy, was ist mit dir geschehen?» Sie antwortet: «Ich habe mein Erbe ­angetastet!» Sie weihten uns in die Tricks zum Schutz unseres Kapitals ein – und darin, wie wir die Steuerbehörden umgehen können. Mich stiess das alles ab.

Sie spendeten Ihr Geld, das Ihre Familie mit dem Verkauf von Hotdogs erwirtschaftet hatte. Wie haben Ihre Eltern auf diese Entscheidung reagiert?

Sie waren zunächst entsetzt. Mein Vater hat befürchtet, ich sei zum Marxisten mu­tiert. Aber allmählich haben sie mich bestärkt. Ein allzu grosses Opfer musste ich ohnehin nicht bringen. Als weisser Mann, der ohne Schulden eine akademische Bildung erlangt hat, standen und stehen mir in Amerika immer noch viele Türen offen. Inzwischen höre ich von einigen Verwandten und aus dem alten Freundeskreis, dass ich sie zumindest zu höheren Spenden inspi­rieren konnte.

Sie schreiben in Ihrem Buch von einer sogenannten Refeudalisierung, also der Rückkehr einer Gesellschaftsform aus dem Mittelalter,

in der eine kleine Oberschicht alles besass

und über alle anderen herrschte. Ist das ein globales Problem?

Ja, die Zahl der ultrareichen Personen und Familien wächst weltweit. Das lässt sich an der Zunahme von «Family Offices» ablesen. 1980 waren es einige hundert, heute rund 10000 weltweit. Sie verwalten private Vermögen von meist über 250 Millionen Dollar. Bis zu 7000 dieser Vermögensverwaltungen sitzen in den USA. Dazu kommen in London weitere 1000. In Asien ist ihre Zahl auf 1400 angewachsen. Grossbritannien und die USA spielen aber eine Schlüsselrolle.

Wieso?

Wegen ihrer historischen Rolle als imperiale Zentren von Kapital und Finanzdienstleistungen. Viele Steueroasen liegen heute im Einflussbereich dieser Mächte, etwa die Cayman- und Bermuda-Inseln, Panama oder Guernsey. Die City of London ist eine Steueroase innerhalb Grossbritanniens. Und die USA werden zunehmend zur wichtigsten Steueroase weltweit. Für Schweizer Leser mag das schon fast ironisch klingen.

Sie meinen, weil die Regierung von Barack Obama massiv gegen die UBS und an­dere Schweizer Banken vorgegangen ist?

Ich kann gut nachvollziehen, dass Schweizer dies mittlerweile als Heuchelei empfinden. Über ein Fünftel der Offshore-Vermögen laufen heute über die USA. Amerika ist der Magnet für Fluchtkapital aus allen Herren Ländern geworden.

2010 hat der US-Kongress entschieden, dass US-Bürger ihre Konten in Übersee offenlegen müssen – das Ende des Bankgeheimnisses. Kann die Schweiz noch eine Steueroase sein?

Finanzberater machen heute einen Bogen um die Schweiz. Sie suchen kleinere Banken in Ländern, die ihre Anleger nicht offenlegen müssen. Gleichzeitig haben US-Gliedstaaten wie Delaware, South Dakota und New Hampshire die Möglichkeiten für Trusts – anonyme Stiftungen – und Briefkastenfirmen massiv ausgebaut. Die US-Regierung handelt einseitig und gibt Informationen über ausländisches Kapital hierzulande nicht an die Herkunftsländer weiter. Wohin also schleusen afrikanische Diktatoren oder russische Oligarchen ihr schmutziges Geld? Natürlich in die USA. Hier können Trusts ohne Offenlegung der Kapitaleigner anonym Land kaufen oder andere Investitionen tätigen.

Sie nehmen die Branche der Steuerberater

und Juristen ins Visier. Die «New York Times» hat diese Woche am Beispiel des berüchtigten Jeffrey Epstein aufgezeigt, wie sie operiert.

Nehmen wir an, ein reicher Mensch ir­gendwo in Europa möchte eine halbe Milliarde Dollar verstecken. Der 2019 verstor­bene Anlageberater Jeffrey Epstein hätte gesagt: «Legen Sie dafür ein anonymes Konto in Luxemburg an, dazu eine oder mehrere Briefkastenfirmen in Panama oder Mauritius. In deren Namen könnten Sie eine Luxuswohnung in Londoner Quartieren wie Mayfair oder Kensington kaufen. Sofern britische Behörden Forderungen nach mehr Transparenz bei derartigen Geschäften nachkommen, sollten Sie die Immobilien an einen Trust veräussern, den Sie sich in den USA haben einrichten lassen.»

Das konnte Epstein einfach so umsetzen?

Besonders gerne benutzte er ein Instrument namens «Granter Retained Annuity Trust» (GRAT). Diese Treuhandkonten sind steuerfrei und nicht berichtspflichtig. Von diesen anonymen Stiftungen kann man problemlos Geld für den persönlichen Gebrauch an weitere Briefkastenfirmen schleusen. Ep­stein hat für diese Dienstleistung Gebühren in der Höhe von zehn Prozent erhalten.

Das ist viel für diese Branche?

Ja, extrem viel. Diese Berater sind Spezialisten für Steuerflucht, und Teil einer neuen mächtigen Branche: der «Wealth Defense Industry», kurz WDI. Sie lässt Vermögen verschwinden und macht die Verbindung zwischen Reichen und ihrem Geld unsichtbar. Kapital fliesst in komplexe Treuhandguthaben und wandert von dort aus weiter in alle möglichen Investitionsvehikel und Anlageformen. Aber mit dieser Entkopplung gehen der Allgemeinheit nicht nur Steuern verlo­ren. Die Reichen stehlen sich aus ihrer sozialen Verantwortung. Ihre Berater hingegen be­schreiben ihre Mission wie folgt: «Wir helfen dynastischen Familien.» Mich schockiert allein dieser Satz.

Sie meinen, weil die USA aus einem Aufstand gegen die dynastische Monarchie in Grossbritannien entstanden?

Ja, und jetzt sollen wir hier neue Dynastien bekommen und darauf stolz sein? Diese Entwicklung bedroht die Zukunft der ame­rikanischen Demokratie. Wir werden eine Zweiklassengesellschaft haben mit Superreichen und grossen Teilen der Bevölkerung, die täglich um ihr Überleben kämpfen. Schon heute sitzen die drei reichsten US-Familien auf mehr Vermögen als die ärmsten fünfzig Prozent der Amerikaner. Dieses Phänomen greift weltweit, gerade weil die WDI global agiert. Eine moderne Gesellschaft aber kann ohne staatliche Investitionen in Bildung, Forschung, Gesundheit oder Infrastruktur nicht prosperieren.

Ist die Politik nicht mitverantwortlich? Seit der Reagan-Ära gab es deutliche Steuersenkungen – nicht zuletzt bei der Erbschaftssteuer.

Das ist das zweite Ziel der WDI. Die Profis für Steuerflucht arbeiten im Tandem mit

der «Anti-Tax»-Lobby. Diese wird von Konzernen, Wirtschaftsverbänden und Superreichen wie den Koch-Brüdern bezahlt und kämpft auf dem politischen Weg effektiv für Steuersenkungen. Im Fadenkreuz steht die Erbschaftssteuer. Das vor dem Fiskus versteckte Kapital gelangt dann in Steueroasen.

Der Autor Nelson Aldrich hat 1988 in seinem Klassiker «Old Money» beschrieben, wie «altes Geld» nach wenigen Generationen verschwunden, also aufgebraucht ist. Er ist ein Ur-Enkel des gleichnamigen Senators aus Rhode Island und mit den Rockefellers verwandt. Sie sagen, das habe sich verändert. Wie denn?

Vermögen gingen einst an die Nachkommen, an wohltätige Organisationen und an den Fiskus. Die WDI hat diesen Prozess umgekehrt. Vermögende und ihre Berater wurden immer gieriger und arbeiten ständig an einer weiteren Minimierung von Steuern. Die Öffentlichkeit schaut meist auf den neuen Reichtum in der Technologie- oder Finanzbranche, auf Mega-Milliardäre wie Jeff Bezos oder Elon Musk. Aber unter den rund 660 Milliardären in den USA mit einem bekannten Gesamtvermögen von knapp vier Billionen Dollar gibt es etwa fünfzig Familien mit enormen Vermögen bereits in der dritten oder vierten Generation. Die Rockefellers gehen sogar noch weiter zurück und sind

in der sechsten Generation.

Wie heissen die Reichsten Amerikas heute?

An der Spitze stehen die Nachfahren des Walmart-Gründers Sam Walton. Laut der 1982 lancierten «Forbes»-Liste der reichsten Amerikaner gab es damals 18 Milliardäre in den USA. Sam Walton besass rund 1,5 Milliarden Dollar. Heute ist die Familie 215 Milliarden Dollar schwer. Es folgen Charles und sein unlängst verstorbener Bruder David Koch mit 100 Milliarden Dollar, die ihr Geld mit Petrochemie verdienten. Die Familie Mars besitzt 94 Milliarden, dank Süsswaren. Etwa die Hälfte der Milliardäre in den USA sind nicht mehr direkt mit der Anhäufung von Vermögen beschäftigt. Aber sie haben mit den Neureichen an der Wall Street zu tun.

Können Sie diesen Zusammenhang erklären?

Die Hedge-Fund-Milliardäre sitzen heute an den Transferstellen des Kapitals. Indem sie es verwalten, kassieren sie Unmengen an Gebühren. Seit der Finanzkrise von 2008 kaufen Investoren zudem im grossen Stil Ein- und Mehrfamilienhäuser auf und profitieren direkt von den Mieterträgen.

Und dabei kommt «altes Geld» zum Einsatz, Geld, das seit Generationen gehalten wird?

Ja, und genau deshalb hat die Umverteilung von Vermögen an die Spitze dermassen an Fahrt aufgenommen. Als ich als junger Mann in die Existenz von «Family Offices» eingeweiht worden bin, wurde bei uns in Neuengland noch konservativ investiert, etwa in Land. Inzwischen ist das völlig anders. Diese Familien und ihre Berater stecken vielleicht noch einen Drittel in konservative Anlagen. Je nach Risikobereitschaft gehen immense Summen in den Kasino­kapitalismus der Hedge Funds. Sie suchen weltweit nach maximalen Renditen – etwa durch die Investition in Mietwohnungen. An gesuchten Standorten wie Boston entstehen Hochhäuser mit Luxusapartments, die meist leer stehen und nur als Kapitalanlagen für Reiche aus der ganzen Welt dienen.

Erklärt das die Knappheit an Wohnraum, die hohen Mieten und steigende Obdachlosigkeit?

Die Zusammenhänge sind ganz eindeutig. Heutige Milliardärsdynastien mischen aktiv an den Märkten mit. Sogar philanthropische Stiftungen reicher Familien agieren so.

Wie etwa der Rockefeller Brothers Fund?

Die Familie ist so gross, dass viele Ange­hörige nicht mehr sonderlich betucht sind. Aber über ihre Sitze in Familienstiftungen verfügen sie über erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft. Stiftungen sind ein wichtiger Aspekt der zunehmenden Ungleichheit. Es ist eine weitere Form der Kapitalerhaltung. Läuft die Konzentration ihrer Vermögen ungebremst weiter, werden Superreiche bald mächtiger sein als Regierungen.

Aber wird das versteckte Kapital letztlich nicht in Forschung und Entwicklung investiert? In Startups und damit in neue Stellen?

Vermögen sollte stets an die wahren Eigner gebunden bleiben. Nur so können diese zur Verantwortung gezogen werden: woher ihr Kapital kommt, wie es investiert wird und ob darauf angemessene Steuern bezahlt werden. Aber in New Hampshire spielt es nun keine Rolle mehr, ob die angolanische Geschäftsfrau Isabel dos Santos aus ihrem Land Milliarden stiehlt und nach Neuengland bringt. Das ist sehr kurzsichtig gedacht. Denn diese Transfers schaden nicht allein Menschen in Angola, sondern dem Ansehen der USA. Wie kann es angehen, dass für jeden Dollar an Entwicklungshilfe etliche Dollar an Fluchtgeldern hierher geschleust werden?

Aber lässt sich Fluchtkapital aus solchen Ländern wirklich vergleichen mit dem Vermögen von alten Unternehmerdynastien?

Für die Wealth Defense Industry gibt es da keine Unterschiede. Die Branche behandelt Fluchtgeld aus Angola genau gleich wie ein Erbe der Mars-Familie: Das Kapital wird über Briefkastenfirmen und Trusts vom Namen der Eigner gelöst, «gewaschen», verlässt dieses System dann «sauber» und kann ganz le­gal beispielsweise in Starbucks-Aktien investiert werden. Zudem hat die WDI enormen Einfluss auf die Schaffung der Regeln und Gesetze für den Umgang mit Kapital.

Aber alles, was diese Branche tut, ist legal.

Diese Experten sorgen quasi selbst dafür, dass ihr Geschäft legal ist. Sie schreiben Steuergesetze, die dann von Lobbyisten durch die Parlamente gebracht werden. Und sie entwickeln ständig neue, immer komplizierte Verstecke vor dem Fiskus. Diese Komplexität zielt auf die Lähmung der amerika­nischen Steuerbehörde IRS. Die IRS ist ohnehin seit Jahren durch Budgetkürzungen geschwächt. Jetzt hat sie vor undurchsichtigen Trusts kapituliert und spürt stattdessen Mittelklassefamilien nach, die bei den Freibeträgen für Kinder Fehler gemacht haben.

Wie rechtfertigen die Reichen und ihre Helfer eigentlich dieses System?

Die Branche versucht ein Bild von Milliardären zu zeichnen, die tugendhaft die Wirtschaft fördern, die Stellen schaffen, die härter arbeiten, die risikofreudiger, klüger und generell besser sind, als der Rest der Menschheit. Wir anderen sollen doch bitte ihre Wohl­taten preisen. Zudem wären höhere Steuern eine Zumutung. In den USA haben wir den Mythos: Jeder hat, was er verdient.

Wer nicht reich ist, ist demnach selber schuld?

Die Branche ist von der eigenen Überlegenheit überzeugt und gibt Sätze ab wie diesen: «Wir haben die Harvard Business School besucht, uns als Einsteiger rund um die Uhr bei Steuerkanzleien abgerackert und daher unsere guten Saläre verdient.» Diese Experten kämpfen vehement um ihre Besitzstände, etwa gegen die Forderung, dass Stiftungen jährlich mehr als fünf Prozent ihres Kapitals auszahlen sollten. Die Bewahrung von Vermögen auf ewige Zeiten ist zu einem Fetisch geworden.

Haben Sie in den Kreisen der Superreichen denn keine Gleichgesinnten?

Doch. Als der künftige US-Präsident George W. Bush im Wahlkampf 2000 für die Abschaffung der Erbschaftssteuer plädiert hatte, rief mich Bill Gates Senior an, der Vater des Microsoft-Gründers. Er wollte die Erbschaftssteuer bewahren. Andernfalls würde Amerika eine Oligarchie werden. Wir haben uns zusammengetan, und schliesslich haben 1000 Millionäre und Milliardäre einen Aufruf zur Beibehaltung dieser Abgabe unterschrieben. Später war ich an der Gründung der «Patriotic Millionaires» beteiligt.

Warum wollen diese Millionäre höhere Steuern auf grosse Einkommen und Vermögen?

Die WDI setzt sich für die Interessen ihrer Klassen ein und drängt ihre Klienten geradezu zur Steuerflucht. Aber dadurch verdrängen sie eine für Milliardäre unausweichliche Tatsache: «Niemand lebt für immer, und das letzte Hemd hat keine Taschen!» Hier sollte Chuck Feeney das Vorbild sein. Er wurde mit Duty Free Shops sehr reich. Dann hat er die Stiftung «The Atlantic Philanthropies» gegründet und acht Milliarden Dollar gespendet. Inzwischen ist Feeney 89 Jahre alt, nicht mehr reich, lebt in einer kleinen Wohnung in San Francisco und ist der glücklichste Mann auf Erden. Er hat beschlossen: «Genug ist genug. Ich hatte ein sehr gutes Leben.» Er hat sein Geld weggegeben, solange er selbst daran noch Freude haben konnte.

Wie meinen Sie das?

Sollen die Enkel der Superreichen in einer Art Apartheidgesellschaft aufwachsen und zum Schutz vor hungrigen Massen auf Bodyguards angewiesen sein? Daher lautet meine Botschaft: Bringt euer Geld zurück aus dem Schatten, und werdet wieder Mitglieder der Gesellschaft. Der Industrielle Andrew Car­negie sagte einst: «Lieber gebe ich meinen Söhnen einen Fluch mit auf den Weg als ein Vermögen.» Es gibt unter den Superreichen viele verlorene Seelen.

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