Ein Essay zwischendurch

in #deutsch6 years ago (edited)

Unfortunately German only. It would be pretty hard (at least for me) to translate this essay analogously into English

Da ich hier einen persönlichen Account führe und eher Content konsumiere anstatt zu produzieren, aber dennoch etwas eigenes beisteuern möchte, dachte ich mir, dass ich mal ein Essay poste, welches ich als gut genug erachte um hier veröffentlicht zu werden.
Das Essay habe ich vor kurzem für die Schule geschrieben, genauer für das Fach Ethik, weshalb es eher in Richtung eines philosophischen Essays gehen sollte (Keine Garantie auf wissenschaftliche Korrektheit!). Da das Essay ca. 1500 Worte fasst - eine Limitierung die leider gesetzt war - lässt es sich relativ schnell lesen.
Rechtschreibfehler und überflüssige Buchstaben werden zu 100% an die Suppenküche gespendet. Über Feedback jeglicher Art freue ich mich natürlich immer.

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„We are made of starstuff“

Nehmen sie sich Zeit. Bereiten sie sich einen warmen Tee vor, vorzugsweise auch einen Kaffee, machen sie es sich gemütlich, kündigen sie ihre Arbeit und verfassen sie schoneinmal ihr Testament. Es gilt eine der wichtigsten Fragen unserer Menschheitsgeschichte zu beantworten: Ist der Mensch mehr als Materie? Eine Frage, deren Lösung durch Jahrhunderte von Philosophie nicht beantwortet werden konnte, nachdem Jahrtausende von Religionskriegen in gewisser Weise, zwar indirekt, versucht haben die Antwort auf diese Frage für eine Partei zu beanspruchen, soll in diesem Essay beantwortet werden. Zu ihrer Beruhigung: Genau so absurd wie Religionskriege ist auch die Tatsache, dass wir bis ans Lebensende in diesem Essay über diese Frage philosophieren werden. Schließlich kann ich mich nicht entsinnen, die Leserin oder den Leser geheiratet zu haben.
Viel eher erscheint mir die Frage in diesem beschränkten Rahmen eine Fangfrage zu sein, so ist es doch von vornherein klar, dass hier keine Lösung gefunden werden kann, wenn es nicht einmal die bis heute andauernden Kämpfe zwischen Religionen, Forschungsbudgets diverser wissenschaftlicher Einrichtungen oder Philosophen, begleitet von gutem Trunk, geschafft haben. Abgesehen davon bin ich mir in anbetracht unserer Weltgeschichte nicht wirklich sicher, ob die Lösung überhaupt gefunden werden will. Es scheint mir, dass diese Frage doch sehr mit persönlichen Vorstellungen durchwachsen ist und somit würde ich es mir nicht träumen lassen auch nur ansatzweise mit vollster Ernsthaftigkeit zu proklamieren, ich hätte die Lösung auf die Frage nach Materie oder nicht nur Materie gefunden. Ein kleiner Tipp: Der Leser sollte dies auch sein lassen. Denn abgesehen von der wahrscheinlich mangelden Empirie hinter solch schweren Behauptungen ist es auch Tatsache, dass Menschen oftmals mit ungeheurem Unmut reagieren, sollte man ihnen eines ihrer wertvollsten Güter wegnehmen: Ihr Weltbild.
Anlass genug also eher darüber zu nachzudenken, was überhaupt mit dieser Fragestellung gemeint ist.
Ist der Mensch mehr als Materie? Stellt man die Frage in einen anderen Satzbaukontext erlaubt es uns die deutsche Sprache dieses schöne Wort „Mehr“ groß zu schreiben:
Ist der Mensch Mehr? Und so schön wie jenes Mehr nun hinaussticht, so schön stellen es sich die meisten Menschen auch vor. Dabei wissen sie aber oftmals selber nicht genau, was dieses Mehr nun sein soll. Und noch weniger wissen wir als Gesamtheit was „Mehr“ darstellen soll. Das geläufigste Beispiel dürfte die Vorstellung einer Seele sein. Wie genau diese aussehen soll oder unter welchen Bedingungen sie existiert ist eher irrelevant. Wichtig ist die Tatsache, dass die Seele überhaupt einen Begriff hat. Von vielen definiert als etwas überweltliches, ironischerweise nicht klar definierbares, welches unseren Körper, unseren nur materiellen Körper, als Hülle verwendet. Optional mit dem Bewusstsein verwechselt oder als Erklärung für ein Bewusstsein hergenommen - so genau kristallisiert sich keine einheitliche Meinung heraus - weshalb eine weitere Variante eines „Mehr“ die Religionen bieten. Hier finden sich einheitlichere, aber dennoch teilweise sehr disparitäre Ansätze, den Menschen ein „Mehr“ zu präsentieren, das in zumindest den meisten Fällen zu Seelenruhe durch zufriedenstellende Antwort führt. Dieses „Mehr“ ist ein „Mehr“, das einerseits dem Menschen ebenfalls eine Art überweltliche, trans-materielle Seele zuspricht, aber auch gewisse Sonderrechte für einen jeden Religionsanhänger einräumt. Seien das nun ein Leben nach dem Tod, Wiedergeburt, Frauen en masse oder weitere kreative Einfälle - allein dass der Mensch diese Rechte mithilfe eines nicht näher definierten, zu dem Zeitpunkt eher von imaginärem Charakter geprägten aber immer wieder beteuertem überweltlichen Wesen – umgangssprachlich: Gott – genießt, hebt den Menschen auf eine Ebene über jene, auf der seine ebenfalls mehr oder weniger intelligenten, biologisch vielfältigen Nachbarn auf dem gemeinsamen Heimatplaneten ohne eigene Formen der Religion wohl noch festzustecken scheinen.
Wenn es bei so einem heiklen Thema gestattet ist, Ehrlichkeit zu zeigen: Gewisse Ansichten, die bisher genannt wurden und von großen Gemeinschaften gepflegt werden scheinen in der Hinsicht bestimmter existenzieller Fragen förmlich vor Arroganz zu triefen. Doch genau so scheint der Mensch zu funktionieren. Diese Arroganz ist wichtig. Der Wille zu Überleben ist gestorben, lang lebe der Wille zu Leben. Je mehr wir forschen, je mehr wir sehen, desto unbedeutender erscheint uns unsere Existenz. Leistungsgesellschaft und moderne Sklaverei treiben Gedanken der Bedeutungslosigkeit in die Köpfe der Leute. Überleben ist ein Leichtestes, doch Leben, und das nicht am Bodensatz der Gesellschaft, scheint schwieriger. Mittel um das Selbstbewusstsein aufzupolieren und den eigenen sozialen Stand zumindest innerhalb der eigenen Filterblase zu heben sind zahlreich gegeben. Seien es Trash-TV und Boulevard-Print um sich sozial erhaben oder am Erfolg des x-ten Promis teilhabend zu fühlen, Machtposition und Wege der Folter um der eigenen Existenz durch Verantwortung und Machtausübung Sinn zu verleihen oder die Jagd zum Spaße um auf doch sehr makabere Art und Weise der eigenen Person durch Fähigkeiten des Tötens einen Mehrwert zu verleihen und die Überlegenheit gegenüber anderen Spezies ins Gedächtnis zu rufen. Eine breite Spanne an alltäglichen Aspekten, die zwar nicht das dubiose „Mehr“ definieren oder erklären – man möge den Ausschweifer verzeihen – dafür aber auf eine bittere aber selbstsprechende Art und Weise darstellen, wie wichtig es doch für viele Menschen ist, mehr als nur ein wechselwirkender, arbeitender Haufen „Marterie" zu sein.
Wenn sie sich angesprochen fühlen oder bereits wiedererkannt haben, dann fühlen sie sich nicht provoziert oder von mir auf den Schlips getreten. Man hat ein ganzes Leben um sich zu ändern.
Warum genau der Mensch aber nun mehr als Materie sein will nachdem er ungefähr weiß, was „Mehr“ ist, ergibt sich mir persönlich, meinem Weltbild, dennoch nicht, auch wenn ich die treibende Kraft hinter dieser Gedankenwelt und Handlungsweise nachvollziehen kann, ja selber diese treibende Kraft verspüre, denn weder bin ich ein Misanthrop, auch wenn der Ein oder Andere Vorhergegangenes als schweren Vorwurf an die Allgemeinheit aufnehmen könnte, noch stecke ich in einer existenziellen Krise. Eigentlich sollte es sich doch aus dem gesunden Menschenverstand ergeben, dass ein jeder diese treibende Kraft, auch wenn noch das letzte Fünkchen, besitzen sollte, ferner er nicht den Lebensmut komplett aufgegeben hat.
Die Sachlage möchte anders betrachtet werden, und so löse ich mein Ticket ein und verwende meinen rechtmäßigen Anteil an Arroganz, der mir in dieser Welt zusteht, um zu sagen: Ich will das ganze jetzt mal nüchtern und richtig betrachten!
Aus der Traum, kein heiliger Geist, keine Seele. Unser Vorbild: Der aktuelle Stand der Wissenschaft. Unser Universum, unsere Galaxie, unser Sonnensystem, unser Vorgarten. Materie und Energie, überall. Was zuerst trocken erscheint, entpuppt sich zumindest für mein Gemüt doch als der schönste Gedanke in der Auswahl.
Gegeben sind die drei Naturwissenschaften, betrachten wir sie mal als Elemente, die Physik, die Chemie und die Biologie. Die physikalischen Gegebenheiten, denen wir ergebenst versuchen zu entlocken was hinter ihnen steckt und wie sie funktionieren. Wie ihre Launen zustande kommen und wie sie als nächstes aussehen werden. Haben wir das erste Gemüt entschlüsselt verbirgt sich dahinter ein ganzer Charakter der noch jenseits unseres Verständnisses und unserer Vorstellungskraft liegt. Dazu kommt die Chemie, die Disziplin des Menschen, das Gesamtbild zu betrachten, zu verstehen und als Schöpfer die Materie zu bändigen um dem Gemälde unseren Pinselstrich zu verpassen. Vereint man diese Elemente, vereint man die Komplexität, entsteht ein ebenso komplexes Gebilde. Ein Gebilde, welches durch die Biologie an sich sowohl repräsentiert als auch entschlüsselt werden will. Vereint man die Grundlegenden der Materie, Physik und Chemie, entsteht das biologische Leben, wie es leibt und lebt und diesen Gedanken verfolgt. Dieses unglaublich komplexe Gebilde an physikalischen und chemischen Wechselwirkungen ist im Stande, etwas für uns überweltlich wirkendes zu erschaffen. Wir sind nicht nur Materie, wir sind ein Wunderwerk aus Materie. Materie, so komplex geordnet und vereint, dass sie sich selbst bewusst wird. Man ist nicht lediglich Materie. Nein. Man ist Materie! Wissen sie, was noch Materie ist? Alles! All die Wunder die wir mit eigenen Augen betrachten können, Materie und Energie. All das für uns noch Unbekannte im Universum, Materie und Energie. All das für uns schier unvorstellbare, sei es in seiner Komplexität oder in seinem schieren Ausmaße, wenn wir in den Himmel schauen. Materie und Energie. Wenn wir also wissen wollen, ob der Mensch mehr als nur Materie ist, dann muss man sich umschauen. Dann ist es die Pflicht, seinen Horizont mit Mitteln zu erweitern, die uns noch Unbekannt sind, und das riesige System an Materie und Energie in Form von Sternen, Planeten, Gebirgen und Bäumen, in dem wir selber als Materie unseren rechtmäßigen Platz haben, zu ergründen. Als Teil dieses Systems müssen wir einfach weiter machen wie wir es bisher taten. Selbstbewusstsein durch Selbsterforschung, durch Erforschung unserer Umwelt, anstatt Altes wiederzukäuen und uns auf Liebäugeleien mit Seelen und Geistern einzulassen, welche lokalen Kulturen und den Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft entsprungen sind, was ironischerweise sehr pseudo-überweltlich erscheint, wenn man sich bewusst wird, aus welch beschränkten Mitteln solche Ideen denn eigentlich entspringen.
Dies scheint eigentlich fast schon der Clou an der Sache zu sein. Solange wir daran festhalten, unbedingt „Mehr“ als Materie zu sein, und je mehr wir gleichzeitig gemeinsam, als Menschheit unseren Horizont erweitern und abheben vom Boden unseres Unwissens und das Unvorstellbare entdecken, desto eher wird uns paradoxerweise aufgezeigt, wie beschränkt, wie wenig wir doch eigentlich sind, wenn wir uns nicht überwinden, dass „Mehr“ an Materie, das wir sind, zu erkennen und zu akzeptieren.

“The nitrogen in our DNA, the calcium in our teeth, the iron in our blood, the carbon in our apple pies were made in the interiors of collapsing stars. We are made of starstuff.”
~ Carl Sagan

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