Florian Fischer bekommt die Krise

in #deutsch6 years ago (edited)

Die Abfuhr



Nach der wiederum erfolglosen Kreditanfrage bei seiner Bankberaterin, Frau Elvira König, ging Florian Fischer leicht frustriert nach Hause, bestellte sich eine Pizza und machte eine Flasche Rotwein auf. Er wollte sowohl dieses Scheitern als auch die anstehenden Herausforderungen seines Jobs aus seinem Kopf verdrängen und daher setzte er sich an sein Notepad, startete youtube und surfte von einem Video zum nächsten. Irgendwann blieb er bei einer Dokumentation über Horrorfiguren hängen. Werwölfe, Vampire, Fankensteins Monster, die Mumie, ja das kannte er alles schon, aber der "Slenderman" war ihm neu.

Der Slenderman



Eine riesige Figur in schwarzem Anzug, mit roter Kravatte und weißem Hemd, völlig gesichtslos; echt gruselig:

Florian wechselte nach Wikipedia und fand die folgende Beschreibung:

Der Slenderman wird als hochgewachsene, auffallend dünne, humanoide Figur beschrieben. Er trägt einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarze (seltener rote) Krawatte, dazu schwarze (seltener weiße) Handschuhe und schwarzes Schuhwerk. Der Kopf ist völlig weiß und in den meisten Darstellungen ohne jegliche Gesichtszüge. In anderen Darstellungen wiederum sind leichte Erhebungen im Bereich der Nase und Vertiefungen im Bereich der Augenhöhlen zu sehen, was den Eindruck von schwachen Gesichtszügen hervorruft. In vielen Animationen (besonders in Videospielen) kann der Slenderman seine Gliedmaßen unnatürlich lang strecken, in einigen neueren Spieleversionen wachsen ihm Tentakel aus dem Rücken, die ebenfalls äußerst dehnbar sind.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Slender_Man)

Horst Schlämmer



Nein, mit diesem Zeug im Kopf wollte Florian nicht in den Schlaf sinken. Es musste zum Abschluss noch etwas Lustiges her. Schließlich landete er bei Clips von Hape Kerkeling und seiner Rolle als "Horst Schlämmer, dem stellvertretenden Chefredateur des Grevenbroicher Tagblatts":

Leicht erheitert (Sein Zustand kam sowohl vom Wein als auch von Horst Schlämmer) ging er zu Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf.

Der Traum



Horst Schämmer tippte ihm auf die Schulter und sprach in seinem unverkennbaren Rheinischen Dialekt:
"Sach ma Florian, die Elvira König, dat is doch ein lecker Schnittchen, an die muste dich ma ranmachen, weiste Bescheid?"

In Lichtgeschwindigkeit saß Florian wieder an Frau Königs Beratungstisch und machte ihr unbeholfen eine Offerte: "Fräulein Elvi..., äh Frau König, wollen wir vielleicht mal etwas trinken gehen?" Die leicht entsetzt wirkende Frau König entgegnete: "Aber Herr Fischer, sie wissen doch, ich kenne Ihre finanzielle Stuation, und als moderne Frau suche ich einen Partner, der mir auch materiell etwas bieten kann, der Zeit für mich und die Kinder hat und nicht jeden Tag bis spät abends in der Arbeit hockt. Im Grunde sind Sie ja arm wie eine Kirchenmaus ...."

Florian wälzte sich noch lange im Halbschlaf unruhig hin und her und erwachte ziemlich energielos. Der nächste Arbeitstag war zu bewältigen.

Wieder im Office



Als Florian im Büro ankam, fand er eine Nachricht seines Chefs vor, der ihn um 10 Uhr zu einem Gespräch bat. Sein ehemaliger Vorgesetzter, Herr Peter Seifert, war vor drei Monaten in Persion gegangen. Von ihm hatte Florian viel gelernt, denn Herr Seifert war eine echte Vaterfigur für ihn gewesen, kooperativ, verbindlich, zuverlässig, fördernd, technisch versiert, treffsicher in der Kommunikation, humor- und verständnisvoll. Er hatte, ohne einen akademischen Abschluss zu besitzen, durch ständige Lernbereitschaft und eigenverantwortliche Weiterbildung über fast 40 Jahre eine tolle Karriere im Unternehmen hingelegt. Wahrscheinlich hätte man ihn heutzutage, so dachte sich Florian, nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Moderne Zeiten eben.

Sein Nachfolger hingegen, dieser Armin Winkler, 44 Jahre, war aalglatt und undurchsichig. Florian wusste nie richtig, woran er bei ihm war. Allerdings wurden ihm sehr gute Verbindungen in das höhere Mangement nachgesagt, so dass unbedingt Vorsicht angezeigt war.

Worum konnte es bei dem Gespräch wohl gegen? Vielleicht bekam Florian ja eine Rückmeldung hinsichtlich seines Ansuchens nach einer Gehaltserhöhung?

Das Gespräch mit Herrn Winkler



Pünklich um 10 Uhr betrat Florian Herrn Winkler's Büro, der ihn allerdings noch ein paar lange Minuten warten ließ.

Schließlich nahmen die beiden Männer Platz und Herr Winkler begann:

"Sie wissen ja, Herr Fischer, dass wir im Projekt unter erheblichem Termindruck stehen, so dass wir Ihren Sommerurlaub leider auf November verschieben müssen. Das Einverständnis des Betriebsrats und der Personalabteilung habe ich bereits eingeholt."

Florian sank innerlich zusammen, denn er hatte sich so sehr auf den Urlaub gefreut und er hatte ihn auch bitter nötig.

"Trotzdem", so fuhr Herr Winkler fort, "habe ich noch eine Kleinigkeit mit Ihnen zu feiern".

Der Gedanke an die Gehaltserhöhung schoss Florian zugleich durch den Kopf.

"Mein Vater", so fuhr Herr Winkler fort, "hat mir nämlich zur frühzeitigen Regelung seines Nachlasses eine hübsche Stadtmaisonette überschrieben, steuerfrei, versteht sich, haha. Zu diesem freudigen Anlass machen wir beide jetzt ein Fläschchen Skt auf!".

Florian sah Herrn Winkler sprachlos und mit offenem Mund an. Dieser widerliche, riesige und schlanke Typ, immer in seinem schwarzen Anzug, weißem Hemd und roter Kravatte, völlig gesichts- und gefühllos!

Geistesabwesend antwortete Florian:

"Sehr gerne, freut mich, Herr Slenderman"!

Herr Winkler antwortete leicht verwirrt:

"Herr Fischer, ist Ihnen irgendwie unwohl?"

Im Loch



Nun war Florian Fischer versenkt im Loch. Aber wer im Loch sitzt, sollte aufhören zu graben. Und wir wollen ihm helfen wieder herauszukommen. Das könnt Ihr mit Euren Kommentaren unterstützen.

Disclaimer



Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind wahrscheinlich, aber nicht unbedingt beabsichtigt.

Sort:  

Bescheidenheit ist nicht nur eine Zierde, sondern gegen ein Schweinesystem die beste Waffe.

Ansprüche runter schrauben, um Freiheitsgrade zu gewinnen ist eine probate Methode, die eigenen Perspektiven final von den hohlen Verlockungen des Systems abzukoppeln.

Das ist die einzig mögliche Einstellung, das Schweinesystem zu ertragen, ohne selbst zum Schwein zu werden. Durch Bescheidenheit entwickeln sich ungeahnte, neue Schwerpunkte, die einzig im immateriellen Bereich unserer Existenz zu verorten sind. Bloß nicht aktiv mitmachen, sonst bist du fremdbestimmt und gehörst zu den Verarschten. Es sei denn, du bist in der Lage, subversiv zu denken und zu handeln. Das erfordert allerdings hohe Intelligenz, Durchhaltevermögen und Fähigkeiten, die man nicht in der Schule lernt. Nur so findest du die Lücken die jedem System innewohnen. Nur so bist du in der Lage, antizyklisch zu leben, Florian! Der Witz dabei ist, dass du den Schweinen vollkommen egal bist, solange deine Methoden nicht von Millonen Menschen nachgeahmt werden.

Wer allerdings von einer Frau träumt, die bei einer Bank arbeitet, dem ist leider nicht mehr zu helfen. Wer ist sie? Schau zuerst hinter die offensichtlichen, sexuellen Attraktionen! Sie ist eine, die sich mit dem Schweinesystem arrangiert hat. So wurde sie auch eines, lässt nur Eber mit ausgeprägten Hauern ran und ganz sicher keinen maximal selbstbestimmten Menschen, der fähig ist ohne materielle Werte sein Leben zu genießen.

Wer nichts besitzt, hat auch nichts zu verlieren.

Denke mal darüber nach!

Das ist eine ganz tolle Serie, lieber @freiheit50. Du legst den Finger mitten in die Wunde.

Super Kommentar @afrog. Du zeigst eine wichtige Perspektive aus, die man immer im Blick haben sollte!

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Super Story-Meine Meinung über Deine versteckte Botschaft hierin schrieb ich dir ja!
Beide Artikel habe ich re-steemd, natürlich!
Was sich die Jugend selbst überlegen muss ist ganz einfach folgendes:
Wie kann es sein, dass es trotz 66.000 Euro Jahres Brutto nicht gelingt, sich aus eigener Kraft in vertretbarer Lebenszeit Immobilie und Vermögen und Sicherheit im Alter aufzubauen!!
Die Antworten hierzu muss sich diese Generation selber geben!
Nicht mehr Staat und Umverteilung , sondern deutlich!! weniger, dafür mehr Freiheit und Eigenverantwortung und ein anderes Geldsystem wäre meine Antwort.
Und delegiert Eure ökonomische Verantwortung für Euch und Eure Lieben/Familie nicht in die Hände Dritter (Versicherungen, Banken, Staat), erwerbt möglichst viel Eigenkompetenz und lernt die 3-Speichen-Regel!
Aber wenn ich sehe, dass allein mehr als 1/3 der Jugend offenbar schon a priori eine Tätigkeit bei der "öffentlichen Hand" anstrebt, na dann, wird es eben noch eine Weile dauern, bis man klug wird!
BGvB

Lieber Florian,

das Loch, in dem Du steckst, ist tief und vor allem so gebaut, daß Du immer wieder reinruschtst. Wie beim Ameisenlöwen.

Alleine hast Du kaum eine Chance. Wenn ja, dann indem Du Dich schlau und ruhig verhältst, anstatt herumzustrampeln und so vielleicht in einem unbedachten Moment aus der Grube entweichen kannst.
Und ab jetzt viiiel vorsichtiger sein, Du kennst den Trick ja jetzt.

Vielleicht hast Du Glück, und ein paar Ameisenkollegen kommen vorbei. Nimm ihre hilfreichen Beinchen an und lass Dich aus der Grube ziehen!
Falscher Stolz und ein "ich schaff' das alleine" werden Dich nicht retten.

Hast Du erst wieder festen Boden unter den Füßen, erweitere Deinen Blickwinkel, erlaube Dir unkonventionelle Gedankengänge, und dann wirst Du feststellen, daß Dein zukünftiges Wohl außerhalb dieses Systems von Gruben mit rutschigen Wänden liegt, die die heimtückischen Ameisenlöwen gebaut haben. Sonst landest Du über kurz oder lang in der nächsten Falle...

Du bist jung und Dir stehen viele Optionen offen, auch und besonders außerhalb von Ameisenlöwenland!

Ich wünsche Dir ein langes und fröhliches Leben.

Spannendes Tier und natürlich auch passender Kommentar zu diesem super Artikel - danke!

Manchmal küsst auch mich die Muse... :)

Der Ameisenlöwe war mir bislang nicht bekannt.

Meine aktuelle Kommentarserie hat den Titel "Lernen mit @argalf".

Der Florian wird in seiner Community die Unterstützung finden die ihm im Job scheinbar verwehrt bleibt. Durch kreativen Austausch mit anders denkenden wird er verschiedene Ideen entwickeln um der Krise zu entschwinden und schlussendlich besser da stehen.

In wenigen Jahren wird dann der Herr Slenderman aka Winkler in seiner "old economy" seinen Job verlieren und auf allen vieren bei Florian , der mittlerweile eine eigene Unternehmung leitet, nach einem Job bitten.....

Man sieht sich immer zweimal!!

Toller Artikel - geniale Wege, die du da immer wieder findest. ;-)

Grube graben.jpg

... "Klick!" ... Florian Fischer schüttelt kurz sein (jetzt) weises Haupt und gönnt sich den Sekt mit dem armen Herrn Slendermann, der etwas verwirrt zusehen muss, dass er auch ein paar Tropfen zum Begießen seines "Erfolges" abbekommt. Das hatte er sich eigentlich anders vorgestellt, doch ehe er wieder in seinem Fahrwasser war, stand der Mitarbeiter Fischer bereits in der Tür: "Die Pulle entsorge ich - ab in den Müll wie auch den ganzen anderen Müll, den ich hier mitbekommen habe. Herzliche Grüße an den Papa und den Betriebsrat - ich gehe jetzt in meinen wohlverdienten Sommerurlaub, der ja in den November verlegt wurde... "

Ich weiß weder wie Herr Winkler die Kurve wieder kriegt noch ob Herr Fischer beim Angeln in aller Ruhe herausfindet, wie er sich aus dem allgegenwärtigen Netz herausziehen kann... Mir bleibt nur die Hoffnung, dass es ein nachhaltiges "Klick" zumindest für den Florian gewesen ist.

Ein wahrhaft köstlicher Artikel! Ich liebe schwarzen Humor und Realsatire!
Ich finde, deine Leser haben FF recht gut unterstützt. Das ehrt sie.
Ich finde, der Bursche muss da jetzt erst mal durch. Krise ist ja auch Chance.
Hoffentlich bekommt er den Kopf frei ....

Gruß und Chapeau

Diana

Florian wird sein gespartes Geld nehmen, den Optionshandel erlernen (premium selling) und nach 10 Jahren in denen er zwei Mal fast pleite geht, gut genug sein, um nun als fulltime trader von seinen Einkünften zu leben und seiner Firma adieu sagen.
Da er bald merkt, dass er dieser Tätigkeit von jedem Ort dieser Welt nachgehen kann, an dem es Internet gibt, wird er Deutschland verlassen und sich ein Land suchen, wo er weniger Steuern bezahlt und das Wetter besser ist.

Nicht nur das Wetter. Auch das Leben ist im allgemeinen an vielen Orten besser.
Und vor allem GÜNSTIGER!!

Gibts eigentlich Neuigkeiten bzgl. Deines Buches?

Naja, die haben diese Woche noch mal um eine Kopie angefragt, weil sie die alte irgendwie verschlampt haben und der download link abgelaufen war.
Veröffentlichen könnte ich es sofort, aber ich brauche da etwas Unterstützung, um es zu bewerben.
Diejenigen, die es bewerben sollen, lassen sich leider sehr viel Zeit beim Lesen, obwohl das Buch ihnen auch haufenweise neue Kunden bringen würde. Wir stehen ständig in Kontakt, aber es dauert leider ewig lang.

Nervig....
Danke für die Info.
Weiterhin viel Erfolg! :-)

jetzt kommt dann wohl der Plot point, wo man sich entscheiden muss, ob man genüsslich einen Amoklauf beschreibt, bei dem Florian bewaffnet nur mit Angelhaken und -Schnur sowie einem stumpfen Löffel Slenderboss und alle auf Karriereleiter bis zum Upper Management (der Fisch(er) stinkt bekanntermaßen vom Kopf) niedermetzelt, oder aber Florian gönnt, durch selbstbestimmtes Handeln (an Kryptobörsen) zum Privatier zu werden xD :D

Keine Angst, ich suche eine positive und gewaltfreie Lösung! Vielleicht kommen in den Kommentaren ein paar brauchbare Vorschläge, wie Florian weitermachen soll.

Um das Loch der Versenkung zu verlassen, sollte Florian als erstes nicht nur ein Glas, des ihm angebotenen Sektes trinken. Bekanntlich erhellt der Alkohol den Geist, bevor er ihn wieder vernebelt. Vielleicht kann Florian Herrn Winkler (AKA Mr. Slendermann) zu einer Einweihungsparty in seiner neuen Villa überreden..........

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