Der Mensch schafft sich ab
Als einigermaßen vernünftiger Mensch in der Moderne muss man es akzeptieren, wenn die Welt und der Mensch selbst durch die Wissenschaft mehr und mehr entzaubert werden und sich Dinge, die früher stets als wahr erachtet wurden als falsch herausstellen und andersherum. Auch Yuval Noah Harari beschreibt die Moderne als einen Deal, darin wird Sinn aufgegeben, dafür Macht gewonnen. Ich empfinde einen seltsamen Mix aus Faszination und Depression, wenn ich naturwissenschaftlichen Intellektuellen wie Sam Harris zuhöre, die einerseits für rationales Denken und gegen Aberglauben kämpfen, andererseits in meinen Augen jeden Sinn zu Leben zerstören, wenn sie den Freien Willen aufgrund wissenschaftlicher Schlussfolgerungen zum Mythos erklären.
Muss ein intellektuell ehrlicher Mensch also in der heutigen Zeit alle Weisheiten seiner Vorfahren in den Wind schlagen?
Ein großer Denker des 20. Jahrhunderts der vehement widersprechen würde, ist C.S. Lewis. Wenn ihn heute in Deutschland jemand kennt, dann wahrscheinlich für seine „Chroniken von Narnia“. Er war aber viel mehr als ein Fantasy-Autor, z.B. ein Gelehrter der mittelalterlichen Literatur und entwickelte sich vom Atheisten zum vielleicht bedeutendsten intellektuellen Verteidiger des Christentums seiner Zeit.
In seinem Buch, bzw. seiner Vortragsreihe „The Abolition of Man“ tritt Lewis dem um sich greifenden „Debunking“ aller menschlichen Werte entgegen:
Er beginnt mit der Kritik an Schulbüchern, in denen die z.B. die Schönheit eines Wasserfalles abgelehnt wird, da nur das Gefühl von Schönheit im Betrachter existiere. Aber wer alle Werturteile als subjektiv betrachten würde, käme letztendlich immer in einen Widerspruch. Wenn alle Werte und Wahrheiten Illusionen sind und alles auf Instinkte zurückgeführt werden kann, warum sollte man dann versuchen, den einen Instinkt zu verstärken und den anderen zu Unterdrücken. Vielleicht soll man das gar nicht, aber warum wurde dieser Unsinn dann überhaupt in ein Schulbuch gepackt? Die Autoren schienen ja ein Werturteil gefällt zu haben, dass es Wert sei darin zu stehen.
Lehrer früherer Zeiten hätten stets einen Wertekompass gehabt und ihren Schülern beigebracht das Gute zu lieben und das Böse zu hassen. Alle traditionelle Moral und alle Grundlegenden Prinzipien fasst Lewis im „Tao“, dem Weg zusammen (das Wort 道 aus China wird übrigens im Japanischen zu dō, daher 剣道Kendō, der Weg des Schwertes oder 武士道Bushidō, der Weg des Kriegers).
Es sei zwar möglich den Tao zu kritisieren, aber das ginge stets nur aus dem Inneren heraus, es sei fruchtlos zu versuchen, den Tao zu verlassen und ihn von außen zu kritisieren.
Was sagt also Lewis zu jenen fortschrittlichen Menschen, die versuchen, die Menschheit mit Hilfe von wissenschaftlicheren Werten von den alten Wertesystemen zu befreien?
Diese "Befreiung" sei Unmöglich, denn das „Eroberung der Natur durch Menschheit“ sei in Wirklichkeit das Herrschen einer kleinen Minderheit der Innovatoren über alle andere, zumal wenn man den Aspekt der Zeit betrachtet. Wenn Forscher durch Eugenik „bessere“ Menschen schaffen, sorgten sie nicht für Freiheit in den kommenden Generationen, sondern diese würden viel mehr fortwährend durch jene Forscher, die sie genetisch geschaffen haben, beherrscht.
Letztlich seien Menschen, die alle Werte des Tao „entlarvt“ hätten ohne Werte und damit völlig ihren Launen ausgesetzt. Sie durchschauen alles und sehen somit gar nichts mehr.
Wer tiefer gehende Betrachtungen zu Lewis sucht, kann sie auf dem Youtube-Kanal des amerikanischen calvinistischen Pfarrers Paul VanderKlay finden. Davon abgesehen stellt er auch sehr ausführliche Analysen zu Jordan B. Peterson online.