Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 46v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Die Politik der Gegenaufklärung: Rechter und linker Kollektivismus

Nach Rousseau spaltete sich das kollektivistische politische Denken auf in eine linke und eine rechte Richtung, wobei sich beide auf Rousseau beziehen.

Die Geschichte der linken Richtung wird das Thema des fünften Kapitels sein, während in diesem Kapitel die Entwicklungen der kollektivistischen Rechten analysiert werden soll, und es wird aufgezeigt, in wiefern die Kernideen der kollektivistischen Rechten sich im Grunde mit denen der kollektivistischen Linken decken, und sie sich beide gegen den freien Kapitalismus richteten.

Die Verbindung zwischen der Linken und der Rechten besteht in den gemeinsam geteilten Kernmotiven: Ablehnung des Individualismus, die Notwendigkeit für einen starken Staat, die Ansicht, dass Religion eine staatliche Angelegenheit ist (entweder um sie zu fördern oder unterdrücken), die Ansicht, dass Bildung ein Teil der Sozialisation ist, eine Distanziertheit gegenüber Wissenschaft und Technologie, sowie das Motiv des Gruppenkonflikts und von Gewalt und Krieg. Links und Rechts waren oftmals erbittert zerstritten darüber, welche der Motive die wichtigsten sind und wie man sie am besten umsetzt.

Doch trotz aller Unterschiede hatten die kollektivistische Linke und die kollektivistische Rechte immer einen gemeinsamen Feind vor Augen: Den liberalen Kapitalismus mit seinem Individualismus, seinem kleinen Staat, seiner Trennung von Kirche und Staat, seine recht konstant vertretene Ansicht, dass Bildung in erster Linie keine politische Sozialisation sein soll, sowie dem unbeugsamen Optimismus, dass friedlicher Handel und Zusammenarbeit wichtig und gut ist für alle Länder und Gruppen.

Rousseau etwa wird oftmals als links erachtet und er hat auch Generationen linker Denker beeinflusst. Aber er war genauso inspirierend für Kant, Fichte und Hegel - alles Vertreter der Rechten. Fichte selbst wird oftmals als Modell für rechte Denker gesehen - gleichzeitig war er aber auch eine Inspiration für linke Sozialisten wie Friedrich Ebert, dem ersten Präsidenten der Weimarer Republik. Und bekannterweise haben sich an Hegels Erbe gleichermaßen Linke wie Rechte bedient.

Auch wenn die Details verworren sind, das Gesamtbild ist klar: Die kollektivistische Linke und die kollektivistische Rechte sind vereint was ihre wichtigen Ziele betrifft und sie haben beide die selbe Opposition für sich identifizirt. Keiner der Denker etwa hat ein gutes Wort für John Locke übrig. Selbst im 20. Jahrhundert ging es genau so weiter. Die Gelehrten debattierten darüber, ob George Sorel links oder rechts ist; und das macht durchaus Sinn bedenkt man, dass er sowohl Lenin als auch Mussolini inspirierte. Und nur, um noch ein Beispiel zu erwähnen haben auch Martin Heidegger und die Denker der Frankfurter Schule politisch viel mehr gemein miteinander, als sagen wir mit John Stuart Mill. Dies erklärt auch, warum Denker von Herbert Marcuse über Alexandre Kojeve bis hin zu Maurice Merleau-Ponty meinten, Marx und Heidegger seien kompatibel, aber niemandem kam es in den Sinn, eine Verbindung zu Locke oder Mill zu finden.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Liberalismus nicht allzu tief in die Hauptlinien des politischen Denkens in Deutschland eindringen konnte. An der Metaphysik und der Epistemologie lässt sich ablesen, dass die größten Entwicklungen der sozialen und politischen Philosophie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland stattfanden, und die deutsche sozio-politische Philosophie von Kant, Fichte, Hegel, Marx, Nietzsche und Heidegger dominiert wurde. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts bestanden die wichtigen Themen der kontinentalen politischen Denker nicht in der Debatte, ob der liberale Kapitalismus eine gangbare Alternative ist - sondern viel mehr, wann genau dieses System zusammenbrechen wird - und ob der linke oder der rechte Kollektivismus die besten Voraussetzungen mitsich bringt, um den Sozialismus der Zukunft umzusetzen.

Die Niederlage der kollektivistischen Rechten im Zweiten Weltkrieg hatte dann zur Folge, dass die Linke von da an freie Bahn hatte in der Vertretung und weiteren Umsetzung des Sozialismus. Da die Linke im Verlauf des 20. Jahrhunderts dann ihre eigenen großen Katastrophen erlebte ist es hilfreich, die gemeinsamen Fundamente mit der kollektivistischen Rechten zu verstehen, da damit klar wird, warum die Linke in ihrer Verzweiflung oftmals "faschistische" Taktiken zur Anwendung bringt.

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Da fällt mir ein: Wenn sich zwei streiten dann freut sich der Dritte.
Schade das die Reaktionen auf die Atomisierung der Menschheit sich selbst disqualifiziert haben.
Und der lachende Dritte wird kaum eine liberale Geisteshaltung sein.
Find ich gut das Buch, reizt zum Denken :)

PS:
Interessant wäre ja im Zusammenhang mit Locke auch der historische Hintergrund. Ich denke, nur von da aus lässt sich überhaupt nachvollziehen was liberales Denken (mit Liberalismus hab ich so meine liebe Not) eigentlich so will.

Ich kenne mich auch nicht wirklich damit aus, male mir aber aus, dass die Schotten so verärgert über die Machtübernahme der Engländer waren, dass sie ihre eigene Geisteshaltung entwickelten auf Basis des aufoktroierten englischen Kommunalrechts, das den Abgeordneten (auch den Schottischen) die absolute Redefreiheit zugesteht. Was Locke, Smith, Adams et al. getrieben haben könnte man daher als Creative Obstruction bezeichnen.

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