Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 56v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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In Deutschland sollte der Sozialismus als erstes umgesetzt werden, da das Land in der Ideenspähre das überzeugendste Beispiel aller sozialistischen Träume war und in der Realitätssphäre war es der mächtigste Architekt des am besten organisierten Wirtschaftssystems.

Der Große Krieg wurde entsprechend gefeiert als der Katalysator, mit dem diese Zukunft endlich umgesetzt werden konnte. Die 1914 in Deutschland geschaffene Kriegswirtschaft, so Plenge, "ist die erste Umsetzung einer sozialistischen Gesellschaft und ihr Geist ist der erste aktive und nicht nur die blose Forderung eines sozialistischen Geistes. Die Bedürfnisse des Krieges haben dafür gesorgt, dass die sozialistische Idee im deutschen Wirtschaftsleben Fuß fassen konnte."

Daher war Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg so niederschmetternd für die kollektivistische Rechte. Moeller van den Bruck, der zweifellos zur deutschen Rechten gezählt werden kann, und der ein ausgesprochener Feind des Marxismus war fasste die Niederlage daher folgendermaßen zusammen: "Wir haben den Krieg gegen den Westen verloren. Der Sozialismus hat gegen den Liberalismus verloren."

Die Vernichtung durch den Krieg und der sich in Deutschland darauf breit machende psychologische Defätismus trugen dazu bei, dass Oswald Spenglers Buch Der Untergang des Abendlandes so einen kometenhaften Erfolg haben konnte. Spengler war ebenfalls ein Mann der Rechten. In dem 1914 geschriebenen aber erst 1918 veröffentlichten Buch bot Spengler eine pessimistische Kombination aus Herder und Nietzsche, er schrieb darin über kulturelle Konflikte und den Niedergang und vertrat die Ansicht, dass der lange und langsam dauernde Sieg des Liberalismus im Westen das klarste Zeichen für das Abgleiten der westlichen Kultur in die Weichheit und Schwäche und damit letztendlich der Bedeutungslosigkeit ist, wie es früher oder später allen Zivilisationen passiert. Spengler meinte, dass von der demokratischen Staatsführung bis hin zum Kapitalismus sämtliche Alleinstellungsmerkmale der westlichen Zivilisation Symptome des Zerfalls sind.

"Die verheerende Form des seelenlosen und rein mechanischen Kapitalismus, der versucht alles zu beherrschen, der jeden freien und unabhängigen Impuls unterdrückt und der jede Individualität vernichtet" hat gesiegt und so gut wie nichts konnte dagegen getan werden.

Das Lesen von Spenglers Buch traf Ludwig Wittgenstein wie ein Blitz. Martin Heidegger war zutiefst bewegt davon. Der Untergang des Abendlandes katapultierte Spengler in die erste Reihe der deutschen Intellektuellenszene.

Gleich nach dem Erfolg des Buches veröffentlichte Spengler * Preußentum und Sozialismus* (1920). Mit dem Wechsel von der Kulturgeschichte hin zur politischen Theorie erhoffte sich Spengler, dass er die Bezeichnung "Sozialist" von den Marxisten wegholen kann und es ihm möglich ist zu zeigen, dass der Sozialismus nationale und organische Grenzen braucht. In Übereinstimmung mit den Marxisten meinte Spengler auch, dass für den idealen Staat "die Organisation von Produktion und Kommunikation vom Staat ausgehen soll; dass jeder ein Diener des Staates ist." Und er stand auch auf der Seite der Marxisten und gegen die weichen Liberalen mit seiner Meinung: "Sozialismus bedeutet Macht, Macht und noch mehr Macht." Die Marxisten aber waren ihm zu rationalistisch und zu verliebt in die Technologie. Spengler argumentierte dagegen, dass der wahre Sozialismus organisch sein würde und verwurzelt im natürlichen Rhythmus des Lebens. Für ihn trug der Marxismus gemeinsam mit dem Kapitalismus die Schuld daran, dass der Westen zu einer künstlichen und materialistischen Welt wurde. "Alles Organische stirbt im Griff der Organisation," schrieb Spengler später in Der Mensch und die Technik an Rousseau erinnernd:

"Jede künstliche Welt durchdringt und vergiftet das Natürliche. Die Zivilisation selbst wurde zu einer Maschine, die alles in einer maschinellen Art und Weise vollzieht, oder versucht zu vollziehen. Inzwischen denken wir nur noch in Pferdestärken; wir können uns keinen Wasserfall mehr ansehen, ohne diesen vor dem geistigen Auge in ein Wasserkraftwerk zu verwandeln; wir können uns keine Landschaft mit grasenden Rindern mehr ansehen, ohne dass wir sie dabei automatisch als eine Nahrungsquelle für Fleisch sehen; wir können auch keine wunderschönen alten handgemachten Werkzeug einfacher Leute mehr betrachten, ohne dass wir uns dabei wünschen, diese duch einen modernen technischen Prozess zu ersetzen."

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Wenn die Sozialisten die dt. Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg auf Sozialismus umgestellt haben - heisst das dann, dass die Sozialisten schuld waren an der Kriegsniederlage, weil die sozialistische Wirtschaftsweise bekanntlich ineffizient ist? Das ist noch ein neues Argument für mich, krass, bislang hatte ich dieses "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!" gemünzt auf den Marinestreik und die generelle Arbeitsniederlegung in der Etappe. Aber dass sie offenbar aktiv und offen gewollt die Produktions- und Logistikkette sabotiert haben, um damit ihren Traum vom Kommunismus umzusetzen - WOW!

Wäre ich der Kaiser/Ludendorff/Bethmann-Hollweg gewesen, ich hätte sämtliche Sozialisten erschiessen lassen. Kein Wunder, dass die später alle sofort eingesammelt wurden. Sabotage braucht keiner. (PS: Keine Sympathie mit Kriegstreibern und/oder Nazis oder Kommunisten.)

Worin ich Spengler voll zustimme ist die Aussage "Alles Organische stirbt im Griff der Organisation." Da hat er recht. Allerdings nicht ganz so wie er es meinte mit dem Kapitalismus, der das Natürliche kaputt macht, sondern umgekehrt (-> aus eigener Managmenterfahrung):

Es ist der linke Vorschriftenwahn, der alles natürliche kaputt macht. Sämtliche Gesetze, die im Arbeitsprozessbereich existieren (oder durch die Gewerkschaft/den Betriebsrat verlangt werden) nehmen dem Arbeiter die Souveränität und ersetzt deren Eigenverantwortung durch eine Regel. Der Arbeiter kümmert sich nicht mehr darum und wenn es ein Problem gibt, dann ist es ihm egal, weil es ja eine Regel gibt und damit jemand anderes zuständig ist. Sobald dann genügend solcher Regeln vorhanden sind machen alle nur noch Dienst nach Vorschrift. Niemand schaut mehr nach links oder rechts und es ist ihnen egal, was außerhalb ihres direkten Verantwortungsbereichs los ist. Die Folge besteht im langsamen Niedergang der Produktionsstätte (und der Motivation der dort Angestellten).

Nicht anders verhält es sich im größeren Rahmen: Der Kapitalismus sorgt dafür, dass sich Nischen bilden und die Produktion sich an das Natürliche anschmiegt und es damit nachvollzieht und sich neu anpasst bei einer Änderung. Anders ist es wenn es eine einzuhaltende Regel gibt, die das Anpassen und Neuausrichten verhindert und dafür sorgt, das die einzelne Einheit da bleibt wo sie ist und zwar egal ob das noch Sinn macht oder nicht.

Denn letztlich werden solche Regeln kollektiv getroffen, dh. die meisten Entscheidungsträger haben direkt nichts mit dem Sachverhalt zu tun und haben nur einen abstrakten Einblick. Entsprechend hoch ist die Fehlerquote.

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