[DE] Das Puppenspiel (originale Kurzfassung)

Es hat den Anschein, als hätte alles in meinem Leben auf diesen Moment abgezielt. Jedes Erlebnis, jede Erfahrung, gebündelt in einem Zweck. Dieser Ort zu dieser Zeit. Ich scheine mich genau dort zu befinden, wo ich sein muss.

Im Auge des Sturms.

Alle Farbe entweicht der Welt um mich herum. Alles wird Ruine. Grauschwarze Wolken ziehen über meinem Haupt hinweg. Alles Weltliche flieht, Grauen bleibt. Ein Fauchen jagt durch die Luft.

Mein Körper hat den Ernst der Lage erkannt und weiß konsequent zu handeln. Souverän, unbeirrt, ohne Kompromiss – absolute Kontrolle. Er richtet alles, was er hat, gegen seinen größten Feind.

Mich.

Diese Erkenntnis keimt schnell in mir, als mein Körper beginnt, sich anzufühlen wie eine steife Puppe. Alles Lebendige in mir wird in seine Schranken verwiesen. Ich vertrockne innerlich. Ich brenne, verdörre, ich reiße auf. Der Puppenspieler tobt im Innern. Die Fanfaren klingen. Das Theater der Hölle beginnt.

Ich höre Knochen splittern, bersten, zerspringen, während sich Gelenke verhärten und unbeweglich wie Bleikugeln werden. Meine Haut platzt auf, Adern lecken und ergießen sich unter mir, während mein Körper sich in zackigen, ruckartigen Bewegungen unbedarft aber mit mörderischem Willen fortbewegt. Mein Leib hinterlässt eine scharlachrote Spur hinter sich.

Den Pinselstrich Gottes.

Wie ein todesmutiger Soldat stellt sich mein Körper seinem Kontrahenten. Er ist der Patriot des Wahnsinns.

Ich.
Ich aber bin nur noch Gedanke.
Entrückt, durch Schmerz von meinem Körper getrennt, bin ich nur noch eine verdorbene Frucht in der Schale.

Eine im Kokon verreckte Raupe kann sich kein neues Leben als Schmetterling schenken, sie fault und west.

Der letzte Akt.

Prestigio.

Der Vorhang fällt.

Jemand applaudiert in der Ferne.