Berlin: Schloss rein, Souverän raus!

in #deutsch6 years ago

Das Berliner Stadtschloss steht kurz vor der Fertigstellung. Ein Teil der Fassade wurde jetzt enthüllt – als Vorgeschmack auf künftige Freuden. Leider sind alle Argumente, die Schloss-Fans vor zwei Jahrzehnten für dessen Wiederaufbau anführten, restlos entkräftet und überholt.

Von Jonas Glaser

Kaum war die Wiedereroberung Ost-Berlins durch den Westen vollzogen, da brach die Schloss-Nostalgie aus. Schließlich hatte DDR-Boss Walter Ulbricht das im Krieg angekratzte Aristokraten-Denkmal sprengen und durch einen „Palast der Republik“ ersetzen lassen.

Dieser Beton-Palast, von der Bevölkerung in Anspielung auf Erich Honecker gern als „Honis Lampenladen“ bezeichnet, hatte allerdings einen Fehler: Er war noch hässlicher als das vorherige Stadtschloss. Präzise gesagt: Er sah zum Kotzen aus! Der musste weg. Gesagt, gesprengt. Nach monatelanger Asbestbereinigung, anschließender Zwischennutzung als Kultur-Stätte, zerschlugen Abrissbirnen den kläglichen Rest.

Parallel dazu die Debatte, was auf dem Schlossplatz stattdessen glänzen solle. Seit Beginn hatte die Vision einer wiedererrichteten Schloss-Fassade gute Karten. Schließlich zieht die Mehrheit grundsätzlich alte Bauwerke einem Neubau vor. Nicht, weil das Alte immer „schön“ war, sondern weil moderne Architektur noch seltener gelingt.

Darüber hinaus setzten Schloss-Befürworter auf Geschichtsbewusstsein. Deren Vorzeige-Manifest war ein Artikel des Publizisten Wolf Jobst Siedler „Das Schloss lag nicht in Berlin – Berlin war das Schloss“ Darin lesen wir: Normalerweise wurden Schlösser in bereits vorhandene Städte gepflanzt. Aber in Berlin geschah das Gegenteil: Am Anfang war das Schloss. Erst später sei der Stadtkern in dessen Umfeld errichtet worden.

Außerdem habe der barocke Umbau des Schlosses dem frisch geborenen Staat Preußen (1701) den Ganz und das Gloria verliehen und sei nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihm untergegangen. Geburt und Tod Preußens sowie der barocken Schloss-Version verliefen also synchron! Das Bauwerk platze demnach vor Bedeutung.

Solcher Tenor passte in den damaligen Zeitgeist. Glaubte man in den frühen Neunzigern doch an die (Wieder-) Geburt von Großartigem: Ein wiedervereinigtes Deutschland, der Sieg über den Sozialismus, die Zusammenführung von Ost- und Westeuropa, womöglich gar das „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama). Bei soviel Schönem konnte man sich doch ein Schlösschen in der Mitte Europas leisten.

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