Biestjaeger: Die Schwarze Pyramide -44- Der Weg über das Knochenplateau - 4 von 10

in #deutsch6 years ago


Was bisher geschah:
Der Weg zur schwarzen Pyramide ist lang und tückisch. Nach ein wenig Unkraut jäten, widmen sich die Abenteurer nun vollends der kompletten Gaunerentlaubung ...

Bhrieg wurde unruhig. Schon seit drei Tagen keinerlei Anzeichen seines Beutetrupps. Nervös zitterte er mit seinem Bein auf seinem „Thronfelsen“? sitzend und grübelte. Es konnte doch nicht so schwer sein an der Südgrenze ein paar mickrige Reisende auszurauben. Oder sie hatten sich mal wieder zu einem eigenen Raubzug entschieden. Vielleicht hätte er doch mitgehen sollen, statt sich mit den Resten des Beerenweins zu betrinken. Jetzt klärte sich der schwere Kopf und Bhrieg wurde zunehmend wütender. Juik an seiner rechten Seite spürte die Unruhe die seinen Anführer erfasste und schnalzte mit der Zunge.

»Eh, Meista. Seid iha sehr saua wegen Gennaad?«
Juik war nicht der hellste, doch seine Muskeln sprachen für ihn wenn es nötig wurde. Und das war oft der Fall wenn man als geflüchteter Arenakämpfer gesucht wurde. Bhrieg nahm ihn damals in seinen Haufen auf, weil er gesehen hatte wie Juik einen ausgewachsenen Säbler erschlug. Normalerweise konnte Juik keinem ein Leid zufügen, doch Bhrieg gegenüber empfand er eine bedingungslose Hingabe für seine Rettung. Der Banditenanführer nahm seine massive Holzkeule und knallte sie Juik an den schiefen Schädel.

»Nein, du Idiot. Ich warte auf die nackte Königstochter, die gleich in unsere Höhle kommt und für mich tanzen wird.«
Der Hüne rieb seinen Hinterkopf als würde er eine Fliege verscheuchen, dann fingen seine Augen an zu glänzen als sich die Wörter in seinem Schädel langsam ihren Weg bahnten.
»Die Königstochta kommt. Nackich. HiHiHi.«
Bhrieg verdrehte die Augen und sackte zusammen.
»Nein, die Königstochter kommt nicht, Juik, nicht.«
»Aba Meista, du hast gesagt dass die Königstochta kommt, ich habs da genau gehöat.«, sagte er völlig irritiert und zeigte auf seine Ohren.
»Ich bezweifele das du wirklich überhaupt da bist«, murmelte Bhrieg vor sich hin.

Es hatte keinen Sinn seine rechte Hand über Sarkasmus aufzuklären und stand auf um in der Höhle umher zu wandern. Sein Leibwächter betrachtete ihn ratlos. Bhrieg rieb seinen pochenden Kopf. Er musste etwas unternehmen und zwar bald.

»Los, komm mit«, sagte er barsch und winkte Juik zu sich als er hinausstürmte.
Draußen trieb er seinen Haufen zusammen. Dreckige und verwahrloste Gestalten versammelten sich um ihn, hungrig und in Kampfeslust. Sie alle waren mehr oder weniger muskulös und wer keine Muskeln hatte, besaß flinke Finger.
Rostige Schwerter schabten über den Boden und jemand puhlte sich mit einem schartigen Falchion den Dreck unter den Fingernägeln hervor.
»Was wird’n das, Bhrieg?«, rief der puhlende und schnippte den Dreck durch die feuchte Luft. »Woll’n wir immer noch auf den Versager Gennard wart’?n oder was hat unser vielgerühmter Anführer vor?«
»Pass auf was du sagst Bron, sonst stopfe ich dir die vorlaute Fresse mit meiner Faust. Klar?«
»Klar wie Kristall«, höhnte Bron.
»Wir ziehen los.«
»Wohin denn?«, fragte Bron bei einem weiteren Schnipser.
»Stellt keine Fragen, holt eure Waffen. Wir brechen auf.«

Der Banditenanführer ging in die Höhle zurück um seine zweite Keule zu holen. Man weiß ja nie was für Gesindel sich so rumtreibt, dachte er sich hämisch grinsend. Er war die ewigen Widerreden Brons leid. Nur seine scharfen Augen waren der Grund warum er noch nicht im Sumpf gelandet war. Während den Vorbereitungen blies eine leichte Brise durch das Banditenlager und wirbelte lose Blätter umher. Im Nu wuchs die Brise zu einer kleinen Windhose heran, ungeachtet von den beschäftigten Räubern. Die Windhose wanderte im Lager umher und sammelte zuerst nur die Blätter, dann kleinere Zweige und bald trug sie mehrere große Äste mit sich. Ein Surren machte den hastigen Banditen klar, das hier etwas nicht stimmte und einer nach dem anderen blickte erstaunt auf das Getöse das auf sie zukam.
Bhrieg kam aus der Höhle und fing an zu brüllen: »Ihr verdammten, faulen...«
»Meista, was is das?«, fragte Juik.
Die Windhose stand auf der Stelle und der Wind zerzauste ihnen die Haare.
»Was glotzt ihr denn so blöd? Habt ihr noch nie eine Windhose gesehen?«
»Auf jeden Fall keine die einfach so da steht«, sagte Bron misstrauisch.

Als wenn ein Stichwort gefallen wäre, erhöhte der Wirbel seine Drehgeschwindigkeit und raste auf einen Banditen zu. Ein großer und schwerer Ast prallte ihm in die Beine und den Magen gleichzeitig und schleuderte ihn meterweit durch die Luft. Noch bevor er aufschlug, hatte sie sich schon in Richtung des nächsten aufgemacht. Bron liess seinen Falchion fallen und wandte sich um als er ein dumpfes Geräusch wahrnahm und etwas warmes seinen Nacken herunter lief.

»Oh, verdammt.«
Dann kippte er um. Sein Falchion steckte tief in seinem Schädel.
»Was zum Abgrund ist das?«, schrie Bhrieg.
Ein Pfeil sirrte an seinem Ohr vorbei und er ging in Deckung.
»Juik, komm sofort hierher.«
Ein zweiter Pfeil schoss heran und traf Juik von hinten in die Schulter.
»Meista, mich hatta was gestoch’n.«
»Du Idiot, komm her oder willst du sterben?«
Juik war nur noch wenige Meter entfernt. Die Windhose erwischte gerade ihr drittes Opfer das mit Stöhnen und Ächzen zusammenbrach.

Bhrieg versuchte hinter seiner Deckung hervor zu spähen und ihre Gegner zu entdecken. Mit schmalen Augenschlitzen suchte er das Gestrüpp ab und sah einen dunklen Fleck bevor ein Wurfbeil einen flüchtenden Banditen niederstreckte. Sein Haufen wurde ausgelöscht und Bhrieg war vollkommen machtlos dagegen. Wie kämpft man mit einer Windhose? Sie wirbelte vor der Höhle herum und er kam nicht an ihr vorbei.
»Meista, da.«, sagte Juik und zeigte auf eine Stelle im Gestrüpp.
Dort tauchten ein Nordmann, ein Krieger und ein Zwerg auf und sahen sich im Lager um. In dem Moment löste sich die Windhose einfach auf.

»So, du dreckiges Bandit’nschwein, jetz’ geb’ ich dir zurück«, rief Ramloc und mit einem wilden Gebrüll stürzte er sich auf die letzten zwei des Haufens. Der Zwergenwut hatte dieser nicht besonders viel entgegen zu setzen und Bhrieg biss auf sich auf die Unterlippe als der Zwerg seinen Gegnern den Bauch aufschlitzte. Die Gedärme quollen blutrot hervor und Ramloc lachte spöttisch.
»Das haste davon ein’n Zwerg von hint’n ‘ne Keule überzuzieh’n.«
Ramloc spuckte neben den Sterbenden und köpfte ihn.
»Hast Glück das ich so’n Mensch’nfreund bin«, sprachs und drehte sich weg.
Leichten Schrittes gesellte er sich zu Magnus und Grayden als Shana ebenfalls zu ihnen kam. Erleichtert stützte Ramloc sich auf den Knauf seiner Axt und sah sehr zufrieden aus.
»Es fehlen zwei«, stellte Grayden nüchtern fest. »Wenn sie hier sind, haben die sich bestimmt in der Höhle da drüben versteckt.«
»Dann seh’n wir doch mal nach ob die Ratt’n das brenn’nde Wirtshaus schon verlass’n hab’n.«
Mit diesen Worten drehten sich die Abenteurer zum Höhleneingang und gingen vorsichtig darauf zu. Bhrieg fing an zu schwitzen.

»Wer zum Abgrund seid ihr, das ihr einfache Reisende überfallt?«, rief er laut.
Die Gruppe stoppte und Magnus legte den Kopf schief.
»Einfache Reisende? Das soll doch wohl ein Witz sein?«, empörte sich der Nordmann mit rotem Kopf. »Kommt raus und stellt euch.«
»Ihr feig’s Pack«, vollendete Ramloc.
»Bleibt ruhig«, sagte Grayden. »Sehen wir erstmal mit wem wir es noch zu tun kriegen. Wenn es stimmt was Gennard gesagt hat, dann sind nur noch dieser Bhrieg und ein gewisser Juik übrig?
»Und die werd’ ich mir richtig zur Brust nehm’n«, sagte Ramloc zornig.
»Hey, mich haben die auch überfallen«, warf Magnus ein.
»Aber nicht so verprüg’lt. Und niemand verprüg’lt Ramloc Stahlschlag ungestraft.«
»Wer seid ihr?«, wiederholte Bhrieg.
»Wir sind eure „Beute“ Bhrieg!«, rief Grayden.
Der Fremde kannte seinen Namen. Gennard. Gennard musste sie verraten haben. Das war die einzige Erklärung, die der Banditenanführer hatte und er knirschte mit den Zähnen. Mit dem Versteckspiel war nun Schluss entschied er und erhob sich langsam. Juik machte es ihm nach.
»Ihr habt Gennard getötet, ja? Geschieht der kleinen Ratte recht. Los, kommt her und holt euch was ihr haben wollt«, rief er übermütig und streckte seine Arme zur Seite aus.
Juik stand unsicher hinter ihm und er setzte eine bedrohliche Miene auf um möglichst einschüchternd zu wirken.
»Ja, kommt und kämft«, sagte er und winkte dabei er mit einer nagelverstärkten Keule.

Ramloc wollte losstürmen und schrie: »Ich hab’ die Schnauze gestrich’n voll von solch’n Mistkerlen. Euch ramm’ ich meine Axt in´n Schäd´l.«
Er war ausser sich vor Zorn. Grayden hielt ihn zurück.
»Ich steh’ hier bestimmt nich’ rum um Löcher inne Luft zu starr’n.«
»Sollst du auch nicht. Warte einfach einen Moment.«
Shana spann den Bogen und sagte: »Ein Pfeil beendet unser Problem.« Und liess los.
Juik hatte, in einem komplexen Denkprozess, die Situation richtig eingeschätzt und stellte sich schützend vor Bhrieg. Das bedeutete sein Ende. Der Pfeil schwirrte heran und drang zwischen seinen Schulterblätter ein und zertrennte das Rückgrat des Hünen. Das Leben floss aus Juik und er glitt zu Boden, gestützt von Bhriegs Armen.
»Juik, du Idiot.«
Doch der hörte ihn schon nicht mehr.
»Ihr habt Juik umgebracht. Er hat euch nichts getan, ihr verdammten Schweine.«
Er zog die zweite Keule und sprang über Juiks Leiche auf Grayden zu.

Bhrieg schrie als er zu einem Schlag ausholte. Grayden aktivierte seinen Schild noch rechtzeitig genug und wehrte den wuchtigen Schlag ab. Und schon kam von der anderen Seite die zweite Keule herangesaust und zielte auf seinen Oberarm. Grayden zog den Arm zurück und die Keule streifte ihn nur und prallte am Schulterschutz ab. Der Schildmeister versuchte in Kampfstellung zu gehen, doch war das nicht mehr nötig, der erwartete Hieb blieb aus. Bhrieg taumelte blutend zurück. Er hielt sich die rechte Seite aus der ein Schwall Blut spritzte. Ramloc stand mit breiten Beinen neben Grayden und Blut tropfte von dem Axtblatt.
»Dreckiger Erdfresser«, fluchte Bhrieg.

Er sank auf ein Knie, starrte erst den Zwerg und dann Grayden an. Dann schloss er die Augen und mit einem angestrengten Keuchen raffte er sich auf. In einem schwachen Versuch holte er zu einem letztem Schlag aus, der kraftlos ausgeführt wurde. Ramloc wich aus und der Hieb fuhr durch die Luft. Bhrieg wurde von der Wucht mitgerissen, so schwach wie er war und fiel in den Staub. Seine rotgeäderten Augen sahen Ramloc an, dann senkte sich Dunkelheit über ihn. Keiner sagte etwas. Dimitrion trat hinter Magnus aus dem Gestrüpp.

»Es ist niemand mehr hier«, sagte er mit beherrschter Stimme.
»Gut«, antwortete Grayden.
»Und was machen wir mit Gennard?«, fragte Shana leise.
Sie wusste, das sie ihn nicht leben lassen konnten. Sich zum Richter aufzuspielen fiel ihr dennoch im Traum nicht ein. Grayden jedoch hatte wenig Bedenken und sein Urteil war schon längst gefallen. An Kriegstribunale gewohnt, verfügte er über die notwendige Distanz um Gennard seinem Schicksal zu überreichen.

Auge um Auge.

Dimitrion zerrte den strampelnden Banditen hinter sich her und warf ihn in den Kreis , den die Abenteurer gebildet hatten. Ängstlich schaute Gennard auf und sah eine Kröte zu Füßen der Frau sitzen. Grayden stand einfach da und hielt seine Hände überkreuzt am Knauf seines Schwertes, dessen Spitze auf den Boden zeigte. Es war unheimlich ruhig in dem ehemaligen Banditenlager und kein Lüftchen regte sich.

»Gennard, du wirst von mir und meinen Zeugen angeklagt am Mord von Dame Obregana beteiligt und ihre Tochter Neriah in den Wahnsinn und Selbstmord getrieben zu haben. Dazu der Angriff auf mich und meine Gefährten, der beinahe das Leben des Zwergs Ramloc Stahlschlag gekostet hat. Ich bin sicher das du noch weitere Verbrechen begangen hast, die kann ich dir allerdings nicht nachweisen. Doch die mir bekannten Taten reichen aus dich zu richten. Hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?«
»Ich bin..ein...ein...ein Opfer...ja.. ein Opfer der Umstände gewesen...es war...«, stotterte Gennard vor sich hin, vergeblich um Gnade heischend.
»Möchte vielleicht einer der Zeugen etwas zu Gunsten des Angeklagten vortragen?«, fragte Grayden seine Gefährten.
»Nur, das es nich´ schnell genug geht«, sagte Ramloc grummelnd.
»Da niemand zu deinen Gunsten spricht, empfange nun dein Schicksal, Gennard«, sagte Grayden. »Das Urteil lautet: Tod durch Enthauptung.«
»Nein, bitte...Ihr könnt doch nicht...«, stammelte der Verurteilte.
Gennard verstummte. Nun musste er Buße tun für seine Taten und ihm wurde klar, dass er heute sterben würde und widersprach nicht mehr.

Ja, er hatte mehrere Menschen getötet. Er hatte geplündert und geschändet. Tränen liefen ihm über die Wange und hinterliessen eine helle Spur in seinem verschmutztem Gesicht und er schaute zu Boden, damit sie keiner sehen konnte. Wäre er doch nur nicht eingeschlafen. Doch es war zu spät, der Mondorden besaß das verbriefte Recht Urteile zu verkünden und zu vollstrecken. Grayden stand inzwischen links von ihm und im Augenwinkel sah Gennard wie sich die schwarze Schwertspitze hob. Nach zwei Atemzügen fuhr das Schwert herab und der letzte Bandit war tot. Grayden wischte das Blut ab und sprach ein Gebet für Gennards Seele. Shana hatte weggesehen als Grayden ausholte und hob Mörme auf ihre Schulter.

»Sollten wir nicht in der Höhle nachschauen ob wir etwas nützliches finden?«
»Das wäre Leichenfledderei, Magnus«, sagte Grayden vorwurfsvoll
»Nicht bei uns im Norden.«
»Bei uns auch nich’«, sagte Ramloc mit ruhigem Gewissen. »Die hab’n uns schließlich angegriff’n, da steht uns ´ne Entschädigung zu.«
»Dann geht. Wir reiten inzwischen zu dem Felsriss und treffen uns dort.«
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, kehrten die beiden um und durchsuchten die Habseligkeiten des Banditenhaufens. Auf dem Weg zum Riss reichte Shana ihrem Geliebten einen Wasserschlauch.
»Danke«, sagte er als er den Schlauch nach großen Schlucken an Dimitrion weiterreichte.
Der Riss empfing sie mit einem kühlen Wind und Shana bekam eine Gänsehaut. Schwach schien das Licht hinein, doch ein großer Teil blieb im Dunkel verborgen. Langsam ritt Grayden voraus, Shana folgte ihm und Dimitrion blieb etwas zurück.
»Seitdem wir in Sonnental losgezogen sind, sind wir schon in verzwickte Situationen rein geraten«, sagte Shana vor sich hin.
Ihr Geliebter antwortete nicht sofort, sondern schaute angestrengt auf den Weg der vor ihnen lag.
»Bisher, denke ich, haben wir uns gut geschlagen.«
»Das Unglück dauernd jemanden zu verlieren, selbst wenn er nicht zu uns gehört, erdrückt mich Grayden. Und ich habe Angst.«
Ihr Blick war angefüllt davon und Zweifel.

»Du hast das Zyklopenmädchen geheilt und wer kann schon von sich behaupten eine Begegnung mit einem Zyklopen überstanden zu haben. Du hast Baghrants bei dem Wirtshaus vor Sokakugen gestreichelt und eine Freundschaft mit der Rikshasa geschlossen. Was noch zwei Dinge sind die nur wenige Menschen hier auf Khayren erfahren dürfen. Die meisten sind verängstigt, verarmt, einfache Bauern, Soldaten, Handwerker oder Händler. Was wir haben Shana, ist nur wenigen vergönnt. Sicher ist es manchmal nicht leicht, das will ich nicht abstreiten, doch wir haben gute Freunde die uns beistehen. Und Gennard am Leben zu lassen, hätte bedeutet, dass er anderswo wieder jemanden tötet oder ein junges Mädchen schändet. Ich konnte das nicht verantworten. Auch wenn ich nicht mehr zum Orden gehöre, kann ich nicht so einfach die Grundsätze weg schmeißen nach denen ich mein ganzes Leben gelebt habe. Sie geben uns eine Struktur, die ein würdiges Dasein erst ermöglichen. Ein Richter hätte ebenso gehandelt.«
Die Renegatin war von Angst und Zweifel erfüllt, in Graydens Augen jedoch las sie Mut, Stärke und Zuversicht.
Sie musste lächeln als sie an Alana dachte und holte ihr Geschenk unter dem Mantel hervor. Sogleich fühlte sie sich ruhiger und gefasster.

»Vielleicht habe ich mich in letzter Zeit zu sehr auf die schlechten Dinge konzentriert und darüber vergessen wie schön unser Zusammensein und die Reisen mit unseren Freunden sind.«
Grayden war erleichtert und beugte sich herüber um sie zu küssen.

»Ha, siehste Kies´l? Sobald wir die zwei allein lass’n, fang’n sie an rumzumach’n.«
Ramloc und Magnus waren schnell mit ihrer Entschädigungssuche fertig gewesen. Sie hatten nicht viel nützliches finden können. Lediglich einen vollen Weinschlauch und ein paar Taler.
»Und, war eure Fledderei erfolgreich?«
Ramloc machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Ich dagegen fand mehrere Wurfmesser und Wurfsterne. Hier für dich, Shana.«
Magnus ritt zu ihr und gab ihr einen Umschlag aus Leder. Sie sah hinein und bemerkte an den Spitzen eine rötliche Verfärbung aufwiesen.
»Die Sterne sind vergiftet. Hast du sie angerührt?«
»Nein Nein. Keine Sorge, ich hab sie in der Mitte angefasst und gleich in den Lederlumpen gewickelt«, beruhigte sie der Nordmann.
»Gut. Wenn ich richtig liege, ist das Aschengift.«
Magnus schnalzte bewundernd.
»Wie kommen solche Kerle zu solch einem teurem Gift?«
»Wer weiß? Wahrscheinlich hatten sie bei einem ihrer Raubzüge einfach nur Glück«, antwortete sie.

Behutsam wickelte sie die Sterne wieder ein und verstaute sie in einer Satteltasche.
Sie waren erst ein dutzend Meter in den Riss geritten. Er war ungefähr zehn Meter breit und verjüngte sich nach oben zur Ebene. Nach weiteren zwanzig Metern öffnete sich der Riss über ihnen und etwas mehr Licht schien herein. Dennoch mussten sie vorsichtig sein, der Boden war an vielen Stellen mit Löchern übersät, die zwar flach waren aber sie würden tief genug sein um den Feren bei einem Fehltritt die Beine zu brechen. Und überall lagen scharfe Steinsplitter herum, die von den Steinschlägen abgebrochen waren. Auf dem Weg mussten sie immer wieder um größere Brocken herum reiten und erwarteten bei jedem einen Hinterhalt. Manche Felsen liessen ihnen gerade genug Platz um sich am Rand des Weges hindurch zu quetschen. Mit der Zeit stieg der Riss in der Höhe an und wurde enger, Wurzelwerk hing vertrocknet aus den Wänden und an vielen Stellen waren sie mit gelblichen Pilzen bewachsen, die Sporen in die Luft bliesen, wenn einer der Gefährten ihnen zu nahe kam. Shana riet ihnen zur Vorsicht und sie zogen die Kleidung über Mund und Nase um keine Sporen einzuatmen.

Sie kamen trotz allem gut voran und die oberen Kanten des Risses kamen immer näher. Inzwischen war es dunkel geworden und Grayden konnte nicht mehr viel von ihrem Weg erkennen. Deshalb übernahmen Dimitrion und Ramloc die Führung. Nach kurzer Zeit, als die Sterne anfingen zu leuchten und als Karanthar am klaren Nachthimmel aufstieg, kamen sie auf eine Art Plattform am Ende des Weges, von dem eine flache Rampe weiter auf die Hochebene führte.
»Lasst uns hier rasten«, schlug Grayden vor.
»Warum? Wir sind doch gleich da?«, fragte Magnus verwundert.
»Weil es sicherer ist die Ebene am Tag zu betreten. Wir wissen nicht was uns dort erwartet, es könnten Patrouillen unterwegs sein oder Raubtiere. Erholen wir uns und dann sehen wir morgen weiter«, antwortete der Schildmeister und stieg ab.

Die Ebene war fünfzig Meter über ihnen in der Dunkelheit erkennbar und manchmal flogen seltsam geformte Schatten darüber hinweg. Doch auf der Plattform wurden sie durch einen Felsüberhang einigermaßen geschützt. Trotzdem veranlasste Grayden kein Feuer zu machen und nur die Lapis Khalsari zu benutzen. Aus der Hochebene hörten sie in der Nacht gedämpfte Geräusche von ledrigen Schwingen und das Gebrüll mächtiger Tiere zu ihnen herunter hallen.
Sie saßen eng beisammen und alle fragten sich, was sie dort oben zu finden vermochten. Sie ölten ihre Waffen ein und wetzten sie leise. Länger als es üblich war, kümmerten sie sich um die Ausrüstung. Wenn ihnen jetzt einfiel etwas vergessen zu haben, wäre es zu spät. Doch Grayden bestand darauf, das jeder wusste wie viel Proviant sie noch hatten. Ein Seil hatten sie in der Ruine verloren und die Wasservorräte würden höchstens noch für zwei weitere Tage reichen. Ebenso der Vorrat an gepökelten Fleisch. Sie mussten einen Tag für die Aufstockung nutzen. Da fiel Grayden ein, dass sie sich um Wasser keine Gedanken machen bräuchten und nahm den Stein des Rakshasas aus einer Tasche. Matt leuchtete dieser in seiner Hand. Damit würden sie Wasser finden.
Um das Fleisch haltbar zu machen würde sich Ramloc kümmern, der immer einen großzügigen Vorrat an kostbarem Salz dabei hatte. Der Schildmeister war erleichtert, zwei Sorgen weniger. Die Rampe erwies sich am nächsten Tag als fest und stabil. Zum Ende hin bog sie in einer steilen Kurve nach oben. Kurz vorher spähte Dimitrion über das Ende hinweg und kam schon nach wenigen Minuten zurück.
»Alles frei. Keine Gefahr so weit. Die Rampe führt auf eine breite Grasfläche die nach zwanzig Metern in hohe Sträucher übergeht. Es ist ziemlich ruhig aber sehr warm, wie im Kargen Land, nur feuchter und schwerer. Und Shana?«
»Ja?«
»Hast du noch Salbe gegen Mückenstiche?«

Fortsetzung folgt in Episode 45: Der Weg über das Knochenplateau 5 von 10 ...

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