eine magische Nacht voll Sternschnuppen in den Bergen Irans

in #de-travelfeed6 years ago

Wir hatten geplant, die knapp 500km bis Mahan in zwei Tage aufzuteilen. Mohsen hatte zum Abschied noch ein Bonbon für uns: er kenne da in einem Bergdorf eine Familie, die vermiete Zimmer. Ob er dort anrufen solle? Warum nicht? Wir wollten sowieso nicht die Hauptstraße fahren, da das im Iran immer „Autobahn geradeaus“ bedeutet.

So kurvten wir bald auf schönen Straßen Richtung Berge und verließen am späten Nachmittag den Asphalt, um auf einer spektakulär schönen Schotterstraße einen kleinen Bergpass zu nehmen. Die Steine glühten goldrot im weichen Licht und wir flogen schneller über die Steine, als wir sonst über Asphalt gleiten. Fahrspaß pur!

Das Bergdorf lag 15km abseits der Straße in einer Sackgasse. Nur Lehmbauten inmitten von rotgolden glühenden Felsen. Wir hatten keine Adresse, sondern nur eine vage Wegbeschreibung. Die brauchten wir aber gar nicht, denn sobald wir mit unseren Einzylindern vorsichtig ins Dorf rollten, strömten alle Kinder zusammen und wiesen uns den Weg zur Unterkunft. Dort wurden wir schon erwartet und durften unsere Motorräder neben dem Dorfteich parken, in dem, auch durch ein unterirdisches Qanat System, kristallklares Bergwasser sprudelte.

Unsere Unterkunft war ein Zimmer in einem Lehmhaus. Das Feuer in unserem Zimmer brannte schon, kaum hatten wir die Stiefel ausgezogen, wurde uns Tee gereicht. Dazu gab es zwei Schalen mit Pulver. Ein Pulver war braun, eins gelb. Niemand im Dorf sprach Englisch und so bekamen wir mit unseren mittlerweile gelernten drei Brocken Farsi heraus, dass es ein süßes Pulver sei, welches man zu Tee löffelt, es aber nicht in Wasser auflöst, sondern im Mund. Aha!

Jan mochte das gelbe Pulver, ich das braune. Was es ist, wissen wir immer noch nicht. Ich schätze, es handelt sich um Mehl mit Puderzucker und bei der braunen Variante vielleicht geröstetes Mehl mit Kardamom und bei der gelben Variante Weißmehl mit Safran und gemahlenen Blütenblättern? Egal was, Hauptsache: lecker!

Im Dorf gab es ein Badhaus für alle: zwei Toiletten, eine Dusche, fließend Wasser und ein Boiler. Mussten wir auf Toilette, schlappten wir also am Dorfteich vorbei zum Badhaus vor der winzigen Moschee. Allein der Klogang wurde so schon zum besonderen Erlebnis! Das fließende Wasser im Haus gab es aus einem Wasserkanal, der vom Dorfteich aus in die Häuser geleitet wurde. Direkt vor unserem Zimmer floss das Wasser vorbei.

Nach dem leckeren Abendessen rollten wir unsere Schlafmatten vor der Feuerstelle aus und lagen beim Knistern des Feuers einfach nur da und genossen unser Glück. Das sind die Erlebnisse und Unterkünfte, die wir lieben! Doch beim Einschlafen wussten wir noch nicht, welch magische Nacht es sein würde…

Der Wecker klingelte um 0:30 und wir zogen uns an, um auf das runde Lehmdach des Hauses zu klettern. Die Geminiden, ein Sternschnuppenschwarm, prasselte in dieser Nacht auf die Erde. Und wir waren in den Bergen auf 2100m, fernab jeglicher Lichtverschmutzung und legten unsere Köpfe in den Nacken, um nach Sternschnuppen Ausschau zu halten. Es dauerte keine Minute, da rauschte die erste riesengroß an uns vorbei. WOW! Jeder von uns wünschte sich etwas. Zack! Die nächste Sternschnuppe. Schnell noch ein zweiter Wunsch. Husch! Die dritte Sternschnuppe! Da hatte ich noch einen Wunsch für jemand anderes übrig. Und dann kamen wir mit dem Zählen nicht mehr hinterher. Da wir beide wunschlos glücklich sind, standen wir einfach nur da und genossen das Himmelsschauspiel. Nach 30 Minuten war uns eiskalt, sodass wir wieder vom Dach herunterkletterten. 32 Sternschnuppen haben wir in der halben Stunde gezählt – und das waren auch nur die, die wir gesehen haben! Was für ein Zauber, mitten in den Bergen den Sternschnuppenregen zu sehen, eine magische Nacht vor unserer Feuerstelle im Lehmzimmer… (Foto gibt's kein echtes, wir haben das Fotografieren gelassen und uns auf den Moment konzentriert)

Wir krochen erst wieder so richtig unter unseren Plüschdecken hervor, als das Feuer wieder richtig wärmend brannte. Zum Frühstück gab es Topinamburknollen, heiße Milch, Eipfanne mit Tomate und „scharf“, Datteln und undefinierbares kandiertes Gemüse oder Obst. Auf dem Weg von Badhaus wurden wir von der Dorfgemeinschaft abgefangen. Einer wollte zwei grüne Kabelbinder haben. Ein anderer wollte wissen, wo unsere Familie sei. Was wir arbeiten. Woher wir kommen. Wohin wir fahren. Auch ohne Internetempfang und google Translate gelangen Gespräche, denen sogar der Taubstumme des Dorfes folgen konnte, denn wir malten und schrieben alle zusammen in den Staub.

Unser Gastgeber wollte mit uns in die Berge laufen, sein Nachbar uns zum Tee einladen, die Frau schälte schon Auberginen fürs Mittagessen für uns – und wir, wir hatten keine Zeit. Wir waren darüber sehr unglücklich, denn genau das ist das, was uns niemals passieren sollte! Wunderbare Erlebnisse nicht zu erleben, weil wir weiter müssen. Doch wir hatten eine mehrtägige Tour in die Wüste Lut gebucht und mussten an diesem Tag noch bis Mahan fahren. Mit etwas gebrochenen Herzen packten wir unsere Sachen und sattelten auf.

Bevor wir fuhren, bereitete unser Gastgeber noch eine Zeremonie für uns, mit der er unseren Weg segnete und uns für die Weiterreise Glück wünschte. Dazu stellte er ein Glas Wasser auf ein Tablett und legte den Koran daneben. Er sprach etwas, dann mussten wir unter dem Tablett hindurch laufen und jeder den Koran küssen und an die Stirn halten. Dann schüttete er das Wasser aus dem Glas in den Hof und wir fuhren los mit dem Gefühl, durch unsere Abreise wirklich etwas verpasst zu haben.

Was Ihr noch verpasst habt, ist das Rallyevideo unserer spontanen Teilnahme an einer Wüstenrallye vor fast drei Wochen:

Übrigens: Nach Tagen der Organisation steht nun fest: die Motorräder bleiben bis wir Mitte März zurück in den Iran kommen auf Qeshm, einer Insel und Freihandelszone im Persischen Golf. Wir fliegen am letzten Tag unseres Iran-Visums von der Insel aus nach Dubai, wo Jan auf mich wartet, während ich schnell in die Mongolei fliege, einen Container voll Jurten auf den Weg bringen. Dann fliegen wir wie geplant ab Dubai zu Kittymobil nach Bulgarien und sind bis Mitte März in Europa unterwegs. Den Heimaturlaub zur goldenen Hochzeit von Jans Eltern finanzieren wir durch eine Reihe von Multivisionsshows unserer EISREISE in Friedrichshafen, Luzern, München, Schwäbisch Gmünd, Kelkheim im Taunus, Dockweiler in der Eifel, auf dem Ellenbogen in der Rhön, Braunschweig und in Berlin. Mitte März kommen wir dann zurück auf die Insel Qeshm und reisen mit den bis dahin gut erholten Motorrädern weiter durch den Iran.
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Hi ihr Beiden, danke für den wunderschönen Bericht und die tollen Bilder. Abenteuer und Leben pur. Egal wo ihr seid, habt ein schönes Weihnachtsfest und frohe Festtage. Alles Liebe Alexa

Liebe Alexa, Danke für Deine Weihnachtswünsche! Dir auch, fern in der Heimat! Vielleicht melden wir uns hier vor Heilig Abend nochmal, das Internet ist aber suboptimal, mal sehen, ob ich die Geduld aufbringe :-)
Schöne Feiertage jetzt schonmal!
Silke

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