Ewiger Kreislauf Mikroplastik
Plastikmüll ist eines unserer größten Umweltprobleme. Zwei bis fünf Prozent des weltweit produzierten Kunststoffs landen in den Ozeanen und demnach schwimmen insgesamt 140 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer. Viele kennen die Bilder sicher: eine flottierende Insel aus Plastikteilen die durch Strömungen zusammengetrieben wird. Die Fläche, die sie bilden würde ausreichen, um den Äquator einmal zu bedecken. Der bekannteste „schwimmende Müllteppich“ im Nordpazifik ist in etwa so groß wie Zentraleuropa. Sowohl der Pazifische Ozean als auch das Mittelmeer sind betroffen und drohen teilweise im Plastikmüll zu ersticken. [2][3]
Die Frage aus medizinischer Sicht stellt sich: ist der Kunststoffmüll neben den Folgen für die Umwelt auch für die menschliche Gesundheit gefährlich?
Das Problem mit dem Mikroplastik
Das Problem: Die meisten Plastikteile brauchen zum Abbau durch Salzwasser und UV-Licht oft mehr als 1000 Jahre. Mikroplastik wird schon zeitnah freigesetzt und gelangt so schnell in die Nahrungskette. Die kleinen Teilchen werden von Fischen aufgenommen und können deren Schleimhäute und Verdauungstrakt verletzen bzw. verstopfen und die Atmungsorgane belegen, was zum Tod der Tiere führen kann.
Die Partikel finden sich in Fischen, Meeresfrüchten und selbst im Tafelsalz und vielen kleinen Organismen im Meer. Von da gelangt es auch in unseren Bauch. Ein Teil des vom Menschen aufgenommenen Mikroplastiks stammt auch aus Verpackungen und Kunststoffbehältern. [2][3]
Definitionsgemäß versteht man unter Mikroplastik verschieden geformte Kunststoffpartikel mit einer Größe von 0,1 Mikrometern bis unter fünf Millimeter. Zum Vergleich: 100 Mikrometer, also das 1000-fache von 0,1 Mikrometer, entsprechen in etwa der Dicke eines Blatt Papiers.
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen primären und sekundären Mikropartikeln aus Kunststoff.
Primäre Mikropartikel, sogenannte Pellets oder Granulate, werden absichtlich erzeugt und beispielsweise Kosmetika zugesetzt (z.B. für Duschgels, Handwaschseifen, Zahnpasta etc.). Hier dienen sie zur mechanischen Reinigung der Haut bzw. der Zähne.
Sekundäre Mikropartikel entstehen unbeabsichtigt aus gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen aus Kunststoff durch Alterungs- und Zerfallsprozesse: Verpackungen, Tüten, Flaschen, auch Teile von Netzen und Tauen aus Fischerei und Schifffahrt oder auch beim Waschen von Kleidung aus Kunstfasern gelangt Mikroplastik ins Abwasser. Die sekundären Mikropartikel kommen weitaus häufiger vor und machen einen größeren Teil der Umweltverschmutzung aus, als die primären. [2][3]
Krank durch Mikroplastik?
Eine weltweit viel beachtete Studio hat kürzlich nachgewiesen, dass sich Mikroplastik im menschlichen Darm wiederfindet. Im Durchschnitt wurden 20 Mikroplastikteilchen pro zehn Gramm Stuhl gefunden. Die Ergebnisse wurden Mitte Oktober bei einem Gastroenterologen-Kongress in Wien vorgestellt. Die Analyse der Ernährungsgewohnheiten zeigt, dass die meisten Probanden regelmäßig aus Plastikflaschen tranken. Es gibt im Prinzip keine Plastikflasche, in der sich nicht freies Mikroplastik befindet. Viele aßen aber auch regelmäßig Meeresfische.
Insgesamt wurden neun unterschiedliche Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer gefunden, am häufigsten Polypropylen und Polyethylenterephthalat. Ein Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und der Belastung mit Mikroplastik konnten die Forscher aufgrund der kleinen Probandenzahl (8 Personen) nicht herstellen.
Die Wiener Studie steht erst am Anfang und man wird auch erst einmal bewerten müssen, ob die vorgefundene Plastikmenge nun viel oder wenig ist. Ob Mikroplastik im Darm krank macht, wissen wir noch nicht genau. Bei Menschen die keine manifeste Magen-Darm-Krankheit haben, scheint die Belastung relativ unproblematisch zu sein. Anderseits aber befürchten Gastroenterologen, dass eine ernsthafte Gefahr von Mikroplastik ausgehen könnte, wenn entzündliche Erkrankungen des Dünn- oder Dickdarms vorliegen, hier können die Entzündungsreaktionen verstärkt werden. Offen bleibt auch die Frage, ob und wie das Mikroplastik vom Darm in den Körper gelangt und welche Folgen es für die Gesundheit hat. Es gibt bereits Befunde, wonach Mikroplastik im Blut, in der Lymphflüssigkeit und in der Leber nachgewiesen wurde.
Zurzeit bestehen als noch sehr viele unbeantwortete Fragen und es wurden bereits Studien in Auftrag gegeben, die die Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über den Darm und mögliche gesundheitliche Auswirkungen beinhalten. Die medizinische „Plastikforschung” wird also in den nächsten Jahren boomen.
Vor nicht allzu lange Zeit verblüffte vor allem ein Ergebnis die Fachwelt: Der Abrieb von Autoreifen ist der größte Verursacher von Mikroplastik. [1]
Maßnahmen
Der jüngste Beschluss der EU-Kommission zum Verbot von Plastikartikeln wie Strohhalme, Geschirr, Besteck und Einwegbecher sowie Verpackungen, war schon einmal ein Anfang. Wenn es im Frühjahr 2019 in Kraft tritt, wird es etwa 3 Jahre dauern bis es diese Produkte nicht mehr gibt.
Im Bereich des Einsatzes von Mikroplastik in Kosmetikprodukten gibt es bereits einige Hersteller die freiwillig auf die Zugabe verzichten. Hersteller, die das EU-Umweltzeichen „Rinse-off”-Kosmetikprodukte (Produkte, die ab- bzw. ausgespült werden) tragen, verzichten auf Mikroplastik in ihren Produkten. Granulate aus Milch, Sand oder Nussschalen werden hier als Ersatz verwendet.
Für das sekundäre Mikroplastik aus Umweltverschmutzung gibt es innerhalb der EU zahlreiche Projekte und Gesetzesinitiativen, die sich mit der marinen Verschmutzung auseinandersetzen und sie vermindern wollen, wodurch dann auch die Entstehung von Mikroplastik vermindert wird. [1][3]
Reduce, Reuse, Recylce
Plastik wird immer mehr zum massiven Umweltproblem, weshalb wir uns allein deshalb darum kümmern müssen, es zu reduzieren! Knapp 30 000 Tonnen Mikroplastik gelangen pro Jahr in die Meere, der tägliche Plastikeintrag in die Donau beträgt allein in Österreich bis zu 145 Kilogramm. Nur um es zu verdeutlichen: 450 Jahre braucht eine Plastikflasche bis sie sich im Meer zersetzt hat, eine Plastiktüte 20 Jahre.
Weltweit gibt es daher Initiativen, um die Mikroplastikverschmutzung zu verringern, beispielsweise Programme, um Kunststoffverpackungen möglichst vollständig zu recyclen. Bio-Kunststoffe, obwohl teurer in der Herstellung, kommen vermehrt zum Einsatz. Leider aber löst nichts davon das Mikroplastikproblem nachhaltig. [2][3]
Precycling ist die bessere Herangehensweise: Das bedeutet, viel, viel weniger Kunststoffe verwenden (reduce), denn was nicht gebraucht wird, muss nicht produziert und auch nicht entsorgt werden. Und wenn es schon Kunststoff sein muss, dann so oft wie möglich verwenden (reuse).
Das heißt: Zum Einkaufen einfach die eigene Tasche mitnehmen, möglichst nicht in Plastik verpackte Waren kaufen und Wasser am besten aus der Leitung trinken. Wenn Plastik, dann unbedingt mehrfach verwenden und RICHTIG ENTSORGEN. Wer beim Essen ganz sicher gehen will, meidet stark belastete Nahrungsquellen wie Schalen- und Krustentiere sowie Fische, die mit Eingeweiden gegessen werden. [4]
Quellen:
[1]https://app.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/expertenrat/diehm/expertenrat-prof-dr-curt-diehm-wie-schaedlich-ist-mikroplastik-fuer-die-gesundheit/23273214.html?ticket=ST-2640821-sHrKc5YeWBGvKVQAK0uv-ap4
[2]https://www.greenpeace.org/austria/Global/austria/dokumente/Factsheets/Kosmetik_GP_Mikroplastik_Antworten.pdf
[3]https://www.ages.at/themen/rueckstaende-kontaminanten/mikroplastik/
[4]https://en.wikipedia.org/wiki/Precycling
Alle Fotos von Unsplash
Sehr gelungener Artikel!
Mikroplastik ist mir ein sehr vertrauter Begriff. Seit über drei Jahren meiden wir beinahe alle Gegenstände aus Plastik und stellen viele Alltagsgüter selbst her, um diesen zu umgehen. Mittlerweile leben wir fast komplett plastik-und abfallfrei und ich würde jeder Zeit wieder diesen Schritt wählen.
Es ist wichtig die Menschen bezüglich dieser Problematik zu sensibilisieren und darauf aufmerksam zu machen, dass es kurz vor knapp ist! Wenn wir so weiter machen, haben wir in ein paar Jahren mehr Plastik in den Meeren als Fische...-.-
Beste Grüße aus Norwegen
Sarah
Wow, echt cool! Da sieht man, dass es auch ganz ohne Probleme ohne dem ganzen Plastik etc. geht.
Ja ich finde auch, dass es wichtig ist, dass man darauf aufmerksam macht, damit jeder einen kleinen Beitrag dazu leisten kann.
Liebe Grüße aus Österreich!
Sehr interessanter Artikel. Dabei gibt es viele Alternativen zum herkömmlichen Plastik.
Ganz lieben Gruß
Danke! Stimmt da hast du Recht.
Liebe Grüße zurück!
Hallo Marina, danke Dir für den hochinteressanten Bericht über Plastikmüll, ist echt eine Katastrophe. Liebe Grüße Alexa
Cooler Artikel, hatte das Thema (von einer anderen Problematik ausgehend) kürzlich auch schon mal. "Precycling" scheint mir die beste Lösung zu sein.
Danke dir!
Ja ist mir in letzter Zeit auch schon öfter untergekommen.
Find ich auch! Und darauf aufmerksam machen, dass eigentlich alle davon betroffen sind und mit "Precycling" ganz einfach einen positiven Beitrag leisten können.
Ich finde man sollte bei jeden Plastiksackerl, bei jedem Strohhalm und jedm Plastikbecher direkt beim Kauf gefragt werden: "why use something for 15min if its going to last for thousands of years"
Wär oft sehr sinnvoll!
Plastic - a material designed to last forever - for products designed to last minutes.
Toller Artikel!
Das Mikroplastik im Darm ist sicher nicht nur bei entzündlichen Darmerkrankungen ein Problem, sondern auch bei SBS-Patienten.
Danke!
Stimmt guter Einwand, da hast du Recht.
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