Von Ängsten am Aktienmarkt

in #boerse6 years ago

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Wenn man ein wenig etwas über die Psyche des Menschen lernen will, sollte man sich etwas Zeit nehmen und an die Börse gehen. Denn dort hat man ein wirklich ausgezeichnetes Biotop vorliegen und kann vieles über Menschen und ihre Ängste lernen.

Besonders ausgeprägt ist dabei die Angst von jenen, die noch gar nicht an der Börse unterwegs sind und stets Sorge vor Verlust haben. Steigen die Kurse, stehen sie ängstlich an der Seite. Ein Hoch jagt das nächste und es ist ja inzwischen viel zu spät um wirklich noch einzusteigen. Klar, es ist verständlich, dass jeder von uns ein schlechtes Gefühl bekommen würde, wenn er gerade auf einem Hochpunkt etwas kauft und kurze Zeit danach, dann ein Bärenmarkt eingeleitet wird. Und natürlich würde man auch dabei Verluste hinnehmen müssen und sich nicht gut dabei fühlen.

Doch der aktuelle Bullenmarkt hält seit Grund 8 Jahren an und wer bis jetzt das Spiel von der Seite her beobachtet, hat bereits eine ganze Menge Verlust erlitten, weil er nicht investiert ist. Aber nach 8 Jahren ist man statistisch überfällig und der Crash in den nächsten Jahren ja quasi vorprogrammiert. So schafft man sich natürlich von Jahr zu Jahr ein Argument dafür, dass man weiter das ganze von der Seite her betrachtet.

Kommt es dann plötzlich doch zu einer Korrektur, beginnt plötzlich etwas ganz merkwürdiges. Die gleichen Leute, die bisher Angst hatten eine gute Chance zu verpassen, lassen sich von der Panik anstecken und gehen auch nach größeren Korrekturen nicht in den Markt. Man weiß ja schließlich nicht, ob man bereits das Bodensegment erreicht hat oder es vielleicht eben auch noch weiter abwärts geht. Also wartet man weiter und irgendwann befindet man sich wieder in Mitten des Bullenmarktes und ist viel zu spät unterwegs.

Gerade Einsteiger sind von diesem Spiel sehr oft wie gefesselt und laufen daher falschen Annahmen hinterher. Da ist der Frischling, der wie gespannt auf den Chart schaut und sagt:“Wie kann ich den jetzt sehen, ob der Kurs nach unten oder oben geht!“ Die Antwort darauf mag banal sein... man wartet es ab und der Kurs geht entweder nach oben oder nach unten... Seitwärtsbewegungen sind eher selten ;)

Die böse Antwort ist, dass niemand in die Zukunft sehen kann. Viele Menschen vergessen einfach, dass es sich eben an der Börse um echte Unternehmen handelt und nicht irgendwelchen abstrakten Planspielen. Auch wenn alles in Zahlen ausgedrückt wird, stecken dahinter doch reale Ereignisse. Vielleicht lief bei Herrn Müller die Acquise eben nicht gut. Vielleicht traf ein Designer eine schwerwiegende Entscheidung, die sich in ein paar Jahren rächen wird, weil die Kunden sich angewidert abwenden.

Man sollte dabei allerdings auch einen Aspekt nicht vergessen! Nämlich, dass an der Börse auch immer die Zukunft gehandelt wird. Der Kurs preist immer auch die Hoffnungen, Ängst und Sorgen der Marktteilnehmer mit ein. Diese sind üblicherweise irrational und somit sind auch all jene verdammt, die versuchen mit statistischen Mitteln die Zukunft vorher zu sagen. Natürlich kann man Chancen berechnen und sagen, dass etwas mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagen kann. Aber auch das ist eben kein Garant und würde der Mensch danach leben, würde auch niemand mehr Lotto spielen.

Weise ich Leute in den Aktienhandel ein, empfehle ich sehr oft Sparpläne und versuche bei ihnen folgenden Gedanken zu verankern: Steigen die Kurse, dann freust Du Dich über einen Gewinn. Fallen die Kurse, dann freust Du Dich über günstigere Kaufpreise. Sparpläne sind dabei super, weil sie eine Heilung gegen die oben genannten Ängst sind. Sie sind passiv und zwingen der Teilnehmer nicht ständig nach einem Bodensegment ausschaut zu halten. Der Plan wird einfach stumpf ausgeführt und immer zu einem bestimmten Zeitpunkt gekauft.

Sie können sich somit vollends auf ihren Voyeurismus konzentrieren und die Kurse bei der Bewegung beobachten. Und dabei zumeist eben auch lernen, dass diese statistisch gesehen eher dazu neigen nach oben gehen, anstatt nach unten. Ab einen bestimmten Punkt werden die meisten dann aktivierer und kommen bei einer Korrektur daher und fragen nach, ob man es für einen guten Kaufzeitpunkt hält.

Natürlich ist jede Korrektur ein guter Zeitpunkt für einen Nachkauf. Aber die Frage, ob ein richtiger Zeitpunkt vorliegt, wird man erst in der Zukunft sehen. Und je weiter dieser Zeitpunkt in der Zukunft liegt, umso wahrscheinlicher wird, dass es kein schlechter Zeitpunkt ist. Statistisch... natürlich gibt es auch immer Ausnahmen. Aber niemand kann in die Zukunft sehen!

Statt also sich den täglichen Börsennachrichten hinzugeben und den Analysten beim Orakeln der Kurse vor den Charts anzusehen, sollten die meisten Einsteiger sich eher auf Fundamentalanalysen stützen. Schaut Euch die Produkte an, die diese Unternehmen anbieten. Glaubt ihr an diese und denkt, dass sie eine solide Arbeit machen. Gibt es eventuell Mitbewerber, die ähnlich gute Arbeit abliefern? Wenn nein, wieso ist das eine Unternehmen den anderen überlegen und wie leicht verliert man den Vorteil wieder?

Glaubt man an einen Gewinn in dem Geschäft? Was sagt die Vergangenheit aus? Vielleicht ist das Unternehmen ja bereits seit vielen Jahren sehr erfolgreich und es gibt wenig Zweifel daran, dass dies nun nicht kurzfristig ändern wird. Das sind die Fragen, die man sich als Neuinvestor stellen sollte. Das Chart-Kino vor den Tickern ist nichts anderes als ein Porno. Wer gefallen daran findet, kann dies verkonsumieren, aber man sollte nicht bis zur Ermüdung davor sitzen und den Rest der Welt ausblenden.

Natürlich sagt es sich immer sehr einfach, dass man antizyklisch handeln soll. Und selbst jemand der bereits seit Jahren an den Märkten unterwegs ist, wird bestätigen können, dass natürlich eine heftige Korrektur auch negative Gefühle aufkommen lässt. Ja, mitunter habe ich auch mal heftige Selbstzweifel daran, dass man wirklich auf das richtige Pferd gesetzt hat. Aber mit Emotionen ist man schlecht beraten. Man erträgt sie eben doch besser, wenn man weiß, warum man auf ein Unternehmen setzt. Und dann wird es auch einfacher bei fallenden Märkten auch einmal den Mut zu fassen und rein zu gehen.

Bei zuvielen Leuten steckt bei der Börse immer auch der Gedanke des Zockens mit drin. Man kauft sich ein, die Kurse steigen, man verkauft. Die Kurse fallen, man kauft ein und das Spiel beginnt von Neuem. Dies klappt nicht! Und natürlich verzweifeln viele daran, wenn sie versuchen es trotzdem zu spielen. Lasst es bleiben und denkt nicht wie ein Händler, der spekulative Gewinne einstreichen will, sondern wie ein Investor, der sich etwas aufbauen will.

Auf diese Weise werdet ihr nicht nur eher Gewinne machen, sondern als Anleger auch ein wesentlich zufriedeneres und streßfreieres Leben führen. Es ist aber entlarvend, wenn gerade jene die die Börse für reine Zockerei halten, gerade mit spekulativen Geschäften ihr Geld verlieren, nur um sich dann in ihren Ängsten und Befürchtungen bestätigen zu lassen.

Investieren ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine Kopfsache. Es lohnt sich daher meiner Meinung nach immer auch ein wenig seine eigenen Charakter ein wenig zu erkunden und selbstreflektiert mit Ängsten und Sorgen umzugehen.

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Man sollte aber auch wissen, was einem in der Zukunft erwartet.
Momentan ist der SPX bei 2755 und die implied volatility bei 20%.
Die Märkte preisen also einen 20 prozentigen up oder downmove in den nächsten 365 Tagen ein (1 standard deviation). In 68% der Fälle wird sich der Markt innerhalb dieser Schwankungsbreite bewegen. Das ist die Mathematik. Die Realität zeigt aber, dass sich der Markt in 82% der Fälle in dieser Schwankungsbreite bewegt. Fear is overpriced, wie die Amis sagen.
Mit diesem Wissen kann man wesentlich entspannter an die Sache herangehen. Leider gibt es kaum einen Anlageberater, der diese Dinge weiß. Auch die Analysten, die irgenwelche Kursziele voraussagen haben davon meist keine Ahnung und liegen entsprechend oft daneben.

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