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RE: Sei kein Egon. Eine Flüchtlingsgeschichte in zwei Zeitsprüngen.

in #blog7 years ago

Gut und vor allem sehr suggestiv geschrieben.

Ich mag eigentlich den Egon. Und Hand aufs Herz, wer möchte seine eigenen Kinder nach Marxloh & Co. in die Schule geben oder dort wohnen müssen.

Nicht böse sein, aber Ehrlichkeit und weniger Heuchelei hat noch niemanden geschadet.

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Danke für Dein feedback!

Wie eingangs beschrieben, ist der Beitrag von 2015. Seither haben sich viele meiner Ansichten verändert. Oder sagen wir 'erweitert'. Ich würde den selben Text nicht noch einmal so polemisch schreiben. Das, was wir gemeinhin als Rechtsruck in der öffentlichen Wahrnehmung beschreiben, ist aus meiner Sicht nur eine Versteifung von Meinungen und Überzeugungen. Diese haben – der menschlichen Wahrnehmung von Öffentlichkeit entsprechend – meist den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. Wie uns die Realität allerdings zeigt, sind wir als Individuum gar nicht in der Lage einen so komplexen Sachverhalt (wie z.B. die s.g. Flüchtlingskrise) in aller Tiefe und Vielschichtigkeit zu erfassen. Moralisch hinreichende Urteile sind also nur als Annäherung gehaltvoll.

Aus meiner Sicht würde man in der Debatte wesentlich konstruktiver Verfahren, wenn man Geisteshaltungen (wie die von Egon) als das begreift, was sie eigentlich sind. Ausdrücke von Angst. Wenn eine Frau in ihren 60ern in Dresden auf die Straße geht, um 'wir sind das Volk' zu skandieren, macht sie nichts anderes als mit einem veralteten Werkzeug ihren Ängsten mit Mut zu begegnen. Das halte ich zunächst für sinnvoll. Gegen ein geplantes Flüchtlingsheim zu protestieren ist im übrigen nichts anderes.

Allerdings muss ich gleichzeitig auch sagen, dass mir zunehmend um die strukturelle Herausforderung hinter diesem gesellschaftlichen Phänomen geht. Noch begreifen wir die Welt und alle Moralitäten in ihr zentralisiert. Wir tun nur zu gerne so, als wären es unsere Ansichten und Überzeugungen, die allgemeine Gültigkeit besitzen und eigentlich doch jeder raffen müsste. Dem ist allerdings nicht so. Und wir sind gerade erst dabei zuentdecken, was hinter dem geflügelten Wort 'Leben und leben lassen' eigentlich steckt.

Um zum Kern zurück zu kehren. Ich würde auch nicht freiwillig nach Duisburg Marxloh ziehen. Ich bin aber auch mit einer nie dagewesenen Form von Freiheit gesegnet. Ich würde auch niemals von jemandem Verlangen, er oder sie solle sich bedingungslos für Flüchtlinge einsetzen. Aber, um als Menschheit voran zu kommen, sehe ich es als notwendig an, unser eigenes Denken und Handeln stets auch mit einem kritischen Auge zu betrachten und uns unserer Prozesshaftigkeit bewusst zu werden. Das schafft man nicht, in dem man sich – fast wie als selbstzweck – an der guten alten Zeit festhält.

PS.: Wie könnte ich Dir dafür böse sein? ;)

Dass das Thema Migration ein vielschichtiges ist, geschenkt. Natürlich sind Chatrooms oder auch solche Foren nicht unbedingt geeignet, um solche Themen einigermaßen erschöpfend zu diskutieren. Vielfach scheitert es ja bereits bei der sauberen Definition. Nur, dass die Individuen nicht in der Lage sein sollen, bei Interesse und gutem Willen diesen Sachverhalt zu erfassen, möchte ich doch widersprechen.
Grob gesprochen lassen sich die derzeitigen Migrationsströme auf folgende Faktoren zurückzuführen:
a) Bevölkerungsexplosion in den Herkunftsländern
b) Bürgerkriege - meist hervorgerufen durch geopolitische Interessen (siehe dazu u.a. auch Kelly Greenhill: Weapons of Mass Migration
c) Schlechte Lebensgrundlage: vielfach hervorgerufen durch unfaire Handelsverträge mit dem Westen im Zusammenspiel mit den korrupten Eliten in den dortigen Ländern. Man denke hier etwa an die EU.
d) Pullfaktoren durch total offene Grenzen und die bereits in der Diaspora lebenden Landsleute.

Zum Punkt a habe ich mir hier auf Steemit erlaubt, einen Gedankensplitter beizusteuern.
https://steemit.com/deutsch/@soulman66/der-einwanderungsschluessel-der-nicht-mehr-schliesst

PS. "an der guten alten Zeit festhält" Was die Umvolkung betrifft: Hier hätte ich schon gerne die Zustände vor 30 Jahren wieder.

Diese Zustände werden nicht wieder kommen. Ich bin derzeitig viel zu verhangen mit dem Gedanken an eine dezentrale Weltordnung (Eine Ordnung ohne Ideologie), als dass ich dazu eine sinnvolle Analyse abgeben könnte. Vielen Dank für den Gedankensplitter!

Ja leider! Was eine dezentrale Weltordnung anbelangt, müsste man erstmals Arbeit aufwenden, um diese zu definieren.

Wahrscheinlich steckt hinter deinem Wunsch ein friedliches Zusammenleben. Denke bzw. bin überzeugt davon, dass ein erster Schritt wäre, wenn z.B. der Westen sich nicht überall einmischen würde und sein Konzept der "Demokratie" anderen Ländern aufzuzwingen versucht. Von dem abgesehen, handelt es ich hier ohnehin nur um einen Vorwand, um an Rohstoffe, Märkte und/oder strategischen Stellen zu kommen.

Dass man sehr gute Resultate erzielen kann, wenn man in Ruhe gelassen wird, zeigt z.B. Ruanda. Nach dem Bürgerkrieg, der in einem Völkermord an den Tutsis ausartete, wurde bemerkenswerte Aufbauarbeit, sowohl im Zwischenmenschlichen als auch im materiellen Sinne, geleistet. Das gelang, indem sie sich auf ihre eigene Tradition und ihrer Art der Konfliktbewältigung besannen.

Kurzum, sehe in der Souveränität & Kooperation die Eckpfeiler für eine friedliche & prosperierende Zukunft. Kein Wunder, dass Afrika hier eher nach China als in die USA oder zu ihren alten Kolonialherren schauen.

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