Der Spagat gesellschaftlichen Engagements - Autismus im Alltag

in #autismus7 years ago

Ich bin, wie sich gestern herausstellte, gar nicht die einzige Asperger-Autistin, die sich das Helfen in Hilfsorganisationen als Hobby ausgewählt hat. Allerdings scheine ich das Glück zu haben, noch nicht genug aufgefallen zu sein, um mich davon verabschieden zu müssen. Oder doch?

Festzuhalten bleibt: sobald man die Diagnose bekanntgibt, sitzt man für immer und ewig auf dem Präsentierteller. Jeder kleine Fehler - und sei er gar nicht so sehr auf das eigene, sondern das Verhalten anderer, zurückzuführen - wird umfassend diskutiert, ggf. bei Nichtanwesenheit des Betroffenen. Der Rest der Gemeinschaft richtet seine eigenen Vorstellungen von Humor danach aus. Während der Autist das ganze emotional mitkriegt und sich Gedanken macht ... Gedanken macht ... Gedanken macht ... Gedanken macht, ob er das ansprechen soll, wie er es ansprechen soll, ob er es sinnvoll ansprechen kann - und ob das überhaupt hilft. (Hier bitte die "Gedanken macht"-Schleife fortsetzen. ;))

Ich bin jetzt, 4 Jahre, nachdem ich mir auch mal Gedanken gemacht habe (bis zu einem Punkt, der den Verantwortlichen einer Organisation so auf den Keks ging, daß man mich ausschloß), an dem Punkt, wo ich langsam anfange, mich im Ehrenamt etwas sicherer zu fühlen. Und dann sind eben diese Sachen passiert, die am letzten Wochenende passierten. Die (noch?) keine Konsequenzen für mich haben, weil es Leute gibt, die mich schützen. Was nicht heißt, daß die größere Masse der Leute, mit denen ich tatsächlich zu tun habe, sich mit mir leichttun!

Und deshalb bleibt es ein Spagat. Ein Spagat zwischen der eigenen Nervenstärke und der Nervenstärke und Geduld der anderen sowie deren Empathie. Der Autist denkt sich nämlich trotz der landläufigen Meinung, er könne andere Menschen nicht verstehen, viel bereitwilliger in die Köpfe anderer Menschen ein. Weil er verstehen will. Die "Normalos" nehmen einfach hin und übergehen ihn auch mal, wenn es ihnen paßt.

Ich würde gern positiveres erzählen. Vielleicht gibt es spezifische, evtl. individuelle, Stärken, die so ein Autist ins Ehrenamt mitbringen könnte. Aber ich bin nicht optimistisch genug dafür, generelle Stärken von Autisten mantraartig aufzuzählen. Weil ich glaube, daß man die Leute, die tatsächlich die Entscheidungen treffen, damit nicht erreicht. Es bleibt eine Einzelfallentscheidung, ob der Autist sich einbringen darf. Das Klima in Hilfsorganisationen ist - bei aller grundsätzlichen Menschenfreundlichkeit - intern auch mal rauh. Es könnte trotzdem mehr positive Einzelfallentscheidungen geben.

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Hallo @isarmoewe, verstehe nicht richtig, was passiert ist und wo das Problem liegt ... dumme Frage von mir? Wenn Du Lust hast, evtl. für "Normalos" erklären - ansonsten auch ok! Schönen Sonntag noch - so oder so!

Ich weiß nicht, ob ich es öffentlich genauer erklären kann, ohne Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Irgendwann wird mir mal jemand für diese Art der "Öffentlichkeitsarbeit" den Kopf abreißen, denke ich.
Ich hab an den Wochenenden vor einer Woche und vor zwei Wochen Aufgaben übernommen, für die ich eingeschränkt fit war, die keiner der der anderen machen wollte, und die ich dann nicht so richtig gut erledigt habe, obwohl ich ja eigentlich sogar dafür ausgebildet worden bin. Zusammen mit einem jungen Mann, von dem ich gestern erfahren hab, daß er nicht mehr beim Roten Kreuz ist. Ach, was heißt junger Mann, der könnte theoretisch mein Kind sein vom Alter her. Zitat der Kollegin: "der brauchte oft einen Aufpasser". Und ich dachte nur: noch so einer. Das mit dem Aufpasser denken sich bei mir einige sicher auch. Und irgendwie ist dieses "was kannst Du eigentlich?" zu einer zentralen Frage für mich selbst geworden. Ich beäuge mich kritischer als andere, aber ich werde auch kritischer beäugt.

Es ist halt nicht so wirklich einfach, unter dem Druck nicht paranoid zu werden und damit wirklich unerträglich für die anderen ...

Hilft 'ne Pause vom Ehrenamt oder ist das ein dummer Vorschlag?

Ich weiß nicht, ob ich mich dann noch hintrauen würde. Ein bißchen zurückgefahren hatte ich es die letzten Monate schon.

Ich hatte es dieses Jahr eh ein wenig heruntergefahren. Und vielleicht kommt tatsächlich noch mal eine gewisse Auszeit. Ob ich mich dann noch hintrau oder wie ich beim nächsten Vorfall reagiere, ist eine andere Frage ...

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