RE: Warum Arbeit meist nicht glücklich macht
Hey,
lange nichts gelesen von Dir. Du hast in deinem treffenden Beitrag so in etwa meine Situation wiedergegeben.
Ich arbeite seit ein paar Jahren in einem großen Medienunternehmen mit irgendwas um die 2.000 Mitarbeitern an unserem Standpunkt. Zwar ist das Arbeitsumfeld nicht toxisch, aber zufrieden bin ich dennoch nicht. Die Bezahlung ist alles andere als angemessen und, wie Du schon geschrieben hast, ist man irgendwo der Sklave der Vorgesetzten bzw. des Systems. Zwar verstehe ich mich mit meinen Kollegen super und gehe auch mal mit den Chefs ein Bierchen trinken, aber das direkte Umfeld ist eben nicht alles. Die anfallende Arbeit muss erledigt werden und es ist so gut wie unmöglich, sich selbst zu verwirklichen.
Da ich, bevor ich diese Stelle angetreten habe, immer mein eigener Chef war, weiß ich um die Vorzüge der Selbstständigkeit. Man musste sich zwar auch täglich aufraffen, um seine Sachen geregelt zu kriegen, wenn der Kontostand passen sollte aber hatte dabei Freiheiten und konnte sich alles nach eigenem Ermessen einteilen. Leider war meine Selbstständigkeit zum Ende hin nicht mehr so lukrativ wie erhofft.
Als ich dann geheiratet hatte, entschloss ich mich dazu, ein Leben als Angestellter zu führen. So weiß ich, wieviel Geld am Ende des Monats reinkommt und kann meine kleine Familie ernähren, ohne mir Gedanken über temporäre finanzielle Engpässe machen zu müssen. Glücklich bin ich damit trotzdem nicht. Aus diesem Grund bin ich neben dem Job noch an ein paar Projekten dran, die das Trauerspiel des Angestellten hoffentlich schon vor Renteneintritt beenden.
Was ich nämlich gar nicht einsehe, ist, bis an die 70 zu arbeiten, um dann, hoffentlich noch nicht gesundheitlich am Ende, mit einer kleinen Rente eventuell noch ein paar Jährchen zu haben, die ich frei bin.
Es kann so viel Unvorhergesehenes passieren im Leben. Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkein, im Rentenalter noch viele gesunde gemeinsame Jahre mit meiner Frau und ggf. meinem Kind/meinen Kindern erleben zu dürfen?
Dieses Risiko gehe ich definitiv nicht ein. Klar werde ich meinem Alltagstrott die nächsten Jahre noch nicht entkommen, aber in spätestens 12 Jahren - dann bin ich 50 - möchte ich frei sein. Und das werde ich! Entweder mit den finanziellen Mitteln oder, wenn alle Stricke reißen, minimalistisch in einem Wohnwagen in der Natur. Die Zukunft wird es zeigen.
Lieben Dank für deinen Artikel. Es tat richtig gut, sich das mal von der Seele zu schreiben ;)
Ja, im Sommer gibt es meist etwas weniger. Das gibt sich wohl, wenn es wieder häufiger dunkel draußen ist ;)
Freut mich auch, dass ich da bei Dir einen Punkt getroffen habe. Ich kann ihn eben auch sehr gut nachvollziehen, weil ich in einer Phase meines Lebens selbstständig war und damit auch sehr gut mein Studium finanzieren konnte. Am Ende hat man eben dann doch eine unselbstständige Tätigkeit aufgenommen, da diese ja nicht nur Nachteile hat. Der Vorteil ist halt die halbwegs solide Planbarkeit am Ende des Monats.
Trotzdem kreist eben bei mir auch immer wieder die Gedanken sehr stark darum, dass es eigentlich früher auch kein so schlechtes Leben war. Gerade das man wesentlich mehr gestalten kann als ein normaler Angestellter bedrückt mich doch immer wieder. Der Vorteil den wir heute alle haben ist, dass es heute wesentlich einfacher ist etwas "nebenher" zu machen als vor 50 Jahren.
Von daher kann ich Dich nur darin bestärken auch immer etwas nebenher am Laufen zu haben. Denn gerade die Aussicht darauf, dass man am Ende vielleicht nicht bis zum bitteren Ende arbeiten muss, sondern wesentlich eher aussteigen kann, ist für mich einer der Motivationen hier zu schreiben. Am Ende interessiert mich nicht, dass man viel Geld auf dem Konto hat. Wichtig ist nur eben, dass man ein Leben führen kann, dass man sich wünscht. Solange dann der Trend in diese Richtung intakt ist, ist alles gut. Leider verlieren viele im Laufe der Zeit die Fähigkeit zu wissen, was sie überhaupt wollen und schon hängt man plötzlich im Hamsterrad wieder drin.
Auch Dir danke für deine ausführliche Antwort. Ich finde es auf jeden Fall immer interessant auch die Meinungen anderer zu hören und freue ich sehr, dass ich mit meinen Einstellungen gar nicht so alleine bin ;)