Was ist Intelligenz ? Wer ist intelligent ?steemCreated with Sketch.

in #deutsch8 years ago (edited)

Verwechseln wir Intelligenz manchmal mit Bildung oder ist Intelligenz das Talent etwas sehr schnell zu erlernen ? 

Ist dann wiederum jemand, dem es sehr schwer fällt mathematische Aufgaben schwer zu erlernen gleich dumm ,aber derjenige welcher diese Aufgaben schnell erlernen kann aber es nicht erlernen kann ein Porträt eines Gesichts erkennbar zu zeichnen trotzdem Intelligent ?

Wird das beherrschen mancher Talente schneller bevorzugt als Intelligenz definiert ? 

Als selbstständiger Handwerker treffe ich auf Menschen aus den unterschiedlichsten Gruppen.

Ein befreundeter Tischler, der vor seiner Selbstständigkeit Physik studierte und dieses Studium mit summa cum laude beendete und die Stellenangebote einiger Universitäten ausschlug um sich als Tischler selbstständig zu machen würde wohl jeder als Intelligent bezeichnen. Vor allem wenn man dann noch erfährt das er sich für ca. 30000,- Euro eine gebrauchte Fräsanlage gekauft hat, bei der die entsprechende Software für das betreiben der Anlage fehlte, welche sonst fast eine Millionen Euro gekostet hätte. Er es aber innerhalb von sechs Monaten neben seiner Beruflichen Tätigkeit schaffte, sich aus Büchern die Fähigkeit anzueignen das erforderliche Softwareprogramm auch selbst zu schreiben. 

Wenn ihr diesen Tischler ohne dieses Wissen in seiner Firma antreffen würdet und sehen würdet das er aber Schwierigkeiten damit hat in seiner Halle einen halbwegs geordneten Ablauf zu strukturieren würdet ihr ihn auch wegen seiner sehr einfachen Wortwahl und seines Erscheinungsbildes einschl. seiner fehlenden Fähigkeit rechts und links zu bestimmen nicht für sehr intelligent halten.

Das seine Wortwahl gewollt so einfach ist, um besser verstanden zu werden konnte ich erst gestern wieder erleben, als wir zusammen auf einer Baustelle eines Hochschullehrers einen Termin hatten und sich dieser besagte Lehrer versuchte mit einer Ansammlung von Fremdwörtern in seinen Sätzen als überlegen und ihn als dumm darzustellen. Leider bin ich nicht in der Lage die Antwort meines Bekannten wiederzugeben, da ich sie genau wie der Kunde mit seinem dann sehr verdutzten Gesicht nicht einmal richtig verstanden habe. Aber es war mir nicht möglich mein Lachen zu verkneifen.

Wie entleert man einen hochgestellten Wasserbehälter ?

Der Architekt : Fertigt eine Zeichnung für ein Entwässerungssystem

Der Physiker : Plant eine Entwässerung durch einen Schlauch mit Sogeffekt.

Der Politiker : Debattiert über die Zuständigkeit der Ausführung

Der Beamte : Sucht vergebens nach einem passenden Formular für die Angelegenheit

Der Lehrer : Fragt seine Kollegen und Schüler nach einer Lösung

Der Chemiker : Wirft den Plan ein das Wasser verdampfen zu lassen

In der Zwischenzeit hat die Putzfrau den Eimer vom Tisch genommen und ihn ausgekippt.


Manchmal habe ich das Gefühl, das gebildete Menschen einen komplizierten Lösungsweg bevorzugen um zu beweisen das es auch anders geht.

Aber wer ist denn jetzt intelligent ?

Aus meiner Betrachtung würde ich sagen, das der am wenigsten dumme Mensch derjenige ist, der seine Dummheit begriffen hat. Oder anders ausgedrückt. 

Bevor wir nicht begreifen wie dumm wir alle sind, würde ich den Begriff der Intelligenz eher meiden und niemanden verurteilen weil ihm ein bestimmtes Talent fehlt. Vielleicht hat er ein Talent, welches wir noch nicht erkannt haben, er mit diesem Talent aber nicht die Erde zerstören würde. In diesem Sinne wäre dann jedes Tier intelligenter als der Mensch, auch wenn es nicht schreiben oder rechnen kann. Aber sind wir intelligent wenn wir unsere Lebensgrundlage zerstören nur weil wir schreiben können ?

Seid ihr schlau genug um diesen Post zu verstehen oder habe ich mich dumm ausgedrückt ?



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Bravo! Ein richtiger Genuss und ich hab' einige Mal amüsiert "touché" gemurmelt ;-)

Ich würde sagen, "wahre Intelligenz" im Unterschied zu blosser "kognitiver Rechenleistung" ist die Fähigkeit sich selbst zu ertappen und sich bei seinen Vorurteilen zu erwischen, die einem das Lernen vesperren und bereit zu sein, sein "Wissen" wie seine "intelektuellen Fähigkeiten" konsequent als theoretisch falsifizierbar bzw. fehleranfällig betrachtet.

Gegenfrage: Wier erkennt man wahre Dummheit? Beratungsresistenz?

Eigentlich hast Du die Gegenfrage ja schon beantwortet. Unfähigkeit zur Selbstkritik.

Schöner Post! Ich bin auch mit einem Tischler sehr gut befreundet und finde es immer wieder erfrischend mit ihm Gespräche zu führen, weil er (vielleicht bedingt durch diesen Beruf?) ungewohnt schlichte, pragmatische Ansätze zu Themen fährt, die ich immer wieder zu den intelligentesten Dingen zählen kann, die mir so begegnen. Die meisten anderen Leute, die ich bisher kannte, waren eher Akademiker. Der Tischler denkt mehr so von A nach B um zu C zu kommen. Die Akademiker, die ich kannte, neigen eher dazu anhand aller anderen Buchstaben (die dann auch erstmal für sich definiert werden müssen) eine Gesamthypothese aufzustellen, und dann Querverstrebungen, bis man C dann mal erreichen kann. Irgendwie ist ja das letztere dann nicht falsch, weil es auch zum Ziel führt. Aber wenn tatsächlich C das Ziel ist, ist der effizientere Weg doch der intelligentere. Ich schätze aber, dass für die letztere Herangehensweise C im Kontext zum Gesamtbild eher das Ziel ist, statt einfach nur C — womit dies dann diesem Motiv nach intelligenter wäre. Im Endeffekt ist Intelligenz meiner Meinung nach also hauptsächlich eine Kontextfrage.

So wie mit dem Beispiel, dass wir unseren Lebensraum zerstören: Ich würde sagen ja, ich wäre dumm — aber aus der subjektiven Perspektive heraus, dass ich Wert drauf lege, dass wir unseren Lebensraum erhalten. Wenn nun allerdings ein Individuum überhaupt keinen Wert drauf legt, seinen Lebensraum zu erhalten, oder sich diese grundsätzliche Frage nicht mal stellt, dann ist es eigentlich auch wieder für ihn innerhalb seines Rahmens ein intelligentes Verhaltensmuster, auch so zu agieren — dumm wäre es nach Parametern zu agieren, auf die er keinerlei Wert legt. Dann gäbe es noch die dritte Perspektive, der Mensch als Teil seiner Umwelt, die voraussetzt, dass es ihm ja ein gegebener Trieb sein müsste, seinen Lebensraum zu erhalten: wenn er dem zuwider handelt, könnte man sagen, dass er dumm wäre, aber wäre dann nicht auch die Natur dumm, weil er ja dann als ein Teil von ihr agiert und bewertet wird?

Ich finde, die dumm/intelligent Frage wird oft zu schwarz/weiß gehandhabt und stimme dir zu, dass es keinen Sinn macht, jemanden zu "verurteilen weil ihm ein bestimmtes Talent fehlt". Ich glaube, jeder ist irgendwie sowohl dumm als auch intelligent auf verschiedene Arten. Und diese Schubladen sollten uns nicht dran hindern, von einander zu lernen. Man kann sowohl von Dummheit als auch von Intelligenz lernen. Also ist die "wahre" Intelligenz vielleicht eher die grundsätzliche Fähigkeit zu lernen, eine gewisse Adaptionsfähigkeit. Demnach neigt unsere Gesellschaft so wie sie gerade ist zu großer Dummheit, weil gewisse Meinungen anhand von Berufsgruppen (wie Handwerker) oft heruntergewertet werden und viele nicht offen dafür sind, auch von solchen Menschen zu lernen.

Huch, das wurde jetzt länger als beabsichtigt. Danke für's Anregen! :)

Du würdest dich wahrscheinlich wundern wie viele Akademiker als Handwerker Arbeiten. Im Bereich Bauwesen kenne ich sehr viele.

Nö, warum? Muss sich ja nicht gegenseitig ausschließen, nur weil ich selbst keine kenne :)

Vor allem der Punkt, dass Tiere als intelligenter betrachtet werden könnten, wenn wir nur den Erhalt der eigenen Lebensumwelt als Bemessungsgrundlage heranziehen, trifft vieles meiner eigenen Philosophie. Danke!

Sehr schöner Text! Danke!
Mich würde jetzt noch interessieren wie die Tischlerarbeiten des Physikers aussehen. Die Ausbildung eines Physikers ist ja doch theoretisch geprägt und als Tischler braucht man wohl mehr handwerkliches Geschick und auch die praktische Ausbildung.

Er liefert wirklich erstklassige Arbeit ab

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