Zeitinsolvenz : Zeit ist die Währung die Dir niemand zurück zahlt

in #adhs7 years ago

Moderne Zeiten ?

Adobe Spark (24).jpg

Zeit ist kostbar. Verschwende Sie nicht. Denn letztlich zahlt Dir Zeit niemand zurück.

In einem der letzten Blogbeiträge habe ich mich mit dem Thema Zeit-Armut bzw. dem multidimensionalen Armutsbegriff beschäftigt. Danach ist man nicht nur arm, wenn man kein Geld hat. Sondern immer mehr Menschen geben ihre Zeit und damit auch ein Übermaß an Energie her, damit sie überhaupt ein Minimum an eigenem Einkommen haben. Das sind immer grössere Bevölkerungsgruppen. Natürlich die alleinerziehenden Mütter und Väter. Aber auch Berufsgruppen, bei denen man es nicht erwarten würde. Gastwirte. Ärzte mit eigener Praxis, Einzelhandel.

Und natürlich sehr viele freiberuflich tätige Menschen. Häufig auch Künstler, die für weniger als einen Hungerlohn unterwegs sind. Jeden Gig und jede Möglichkeit nutzen, aber dennoch nicht auf einen grünen Zweig kommen. Aber Sozialhilfe würden sie niemals annehmen.

Zeit-Insolvenz verschleppt

Diese Menschen nehmen häufig einen Zeit- und Energie-Kredit auf bzw. überziehen ihr Energie-Konto. In der vagen Hoffnung, dass es doch noch klappen könnte. Jetzt aufgeben und den Traum nicht leben können bzw. dürfen ? Unvorstellbar.

Ich habe vor einigen Jahren eine sehr gute Jazzerin mehrfach in der Klinik gehabt. In Konzerten in dem Quartett eine ganz Große. Dann zerbrach die Ehe wegen einem Chorflittchen bei irgeneinem Bigband-Konzert. Und damit das Quartett und die Zukunft. Sie hatte schon in den Jahren ordentlich für ihren Mann ihren Dispo überzogen. Nicht nur geldmässig. Sondern auch zeitmässig. Alles zurückgestellt. Auf Kinder verzichtet und für die Musik gelebt. Aber eben auch keine Beiträge für die Künstlerkasse oder gar Rentenversicherung. Die Musik gibt ja soviel zurück... Das stimmt sicher. Aber diese Währung ermöglicht es nicht bei Netto ein Minimum von Lebensmitteln einzukaufen oder die Stromrechnung zu bezahlen.

Als die Ehe und der Musik-Traum zerbrach unter erbärmlichen Bedingungen. Für 2 h war sie dann im Rampenlicht. Tage, Wochen und Monate danach allein, zerbrochen, arm.
Gut, sie hatte dann freie Zeit in ihrer 1 -Zimmer - Wohnung. Dennoch war der Kredit, den sie ihrem Mann gegeben hatte, nicht zurückzahlbar. In den Scheidungskriegen verlor sie das letzte bisschen Selbstrespekt. Weil ihr Mann und der Rechtsanwalt in nackten Zahlen vorrechnete, dass sie ja bei x-Konzerten im Jahr zig Euro verdienen könnte. Hypothetisch. Aber rechenbar für den Richter. Das Zeit- und Energiekonto wurde nicht berücksichtigt. Und mit dem Sterben der letzten Jazz-Clubs starben auch die Chancen für eine Rettung. Wo sollte sie denn spielen ? Wie denn ? Wann ? Selbst wenn sie aus dem Tief herausgekommen wäre, die Zeiten hatten sich längst verändert. So wie jetzt nicht mehr Buch-Druck in einzelnen Lettern gesetzt wird, hatte die Zeit sie überholt. Während sie immer mehr Zeit und Energie in die Selbstrettung investierte

Sie hat immer weiter gemacht. Weiter und weiter. Jeden Auftrag angenommen. Auf Betriebsfeiern der Beratungs- und Finanzfirmen im Hintergrund im Buffettraum gespielt. "Sie dürfen sich selber gerne auch bedienen", so grosszügig der CEO. Sie war schon bedient. Aber sie war auf das Geld angewiesen.

Dann versagte der Körper. In ihrem Fall ihre Fähigkeit zu spielen. Neurologisch gesehen. Nennt sich medizinisch dann "Ansatz-Dystonie". Aber eigentlich eher psychosomatisch. Der Körper blockte. Er trotzte. Er bäumte sich gegen sie auf. Rebellierte. Aber sie machte weiter. Sie hatte gelernt, zu funktionieren.

Dabei war sie schon Jahre, Jahrzehnte in der Schuldenfalle. Die Schuldenuhr der Energie und Zeit tickte immer schneller. Bis sie nirgendwo mehr einen Kredit bekam. Und auch ihr Körper wollte nicht mehr weitere Dispo-Kredite annehmen.

Und letztlich muss man sagen : Wieder ein Fall von Insolvenzverschleppung.

Wege aus der Zeit-Falle = Selbstwirksamkeit stärken

Ich poste einen Beitrag dazu. Natürlich wird er als minnow kaum gesehen. Was kann denn jeder kleine einzelne Fisch auch dagegen tun ? Steemit funktioniert ja auch leichter, wenn ich die Regeln der Großen bevolge. Upvotebots, Votes von den Reichen. Content und Inhalte gehen leichter unter.... Und es lohnt sich doch. Wenn 4 oder 5 Leute die Beiträge lesen und insgesamt sich ein Mensch anders verhält, ändert sich was. Vielleicht nicht dauerhaft, aber es bewegt sich was in eine andere Richtung.

Es geht mir jetzt auch nicht um das Jammern. Es geht mir um die Beteiligung. Jeder EINZELNE von uns muss erkennen, dass er ein Teil dieser "neuen Armut" ist. Aussteigen und Rebellion ? Sicher nicht.

So wie wir nach und nach durch die modernen Management-Methoden in diesen Zeit-Schulden-Wahnsinn getrieben werden, so müssen wir wiral da wieder aussteigen. Nur mit einem Trojaner bzw. einem Gegenentwurf, dass sich nach und nach in die Systeme einschleicht, wird sich was ändern.

Aber das gelingt nur, wenn man bei sich selber 5 oder 10 min mehr Zeit und Energie investiert. Für sich. Für seine Familie. Oder auch mal für andere Menschen, denen es nicht gut geht.

Anteil nimmt und Aufmerksamkeit teilt. Das ist hier eine der ganz ganz grossen Stärken. Man erhält eine Verbindung (der virtuellen Art), eine Rückmeldung. Ein Zugehörigkeitsgefühl. Das ist einer der Wege zu mehr Selbstwirksamkeit. Für sich selber wirksam werden.

Veränderung kann nur da ansetzen, wo man selber einen Einfluss hat. Also bei sich selbst.

Habt Ihr für Euch wirksame Wege aus der Zeit-Insolvenz-Falle gefunden ? Wo nehmt ihr Euch 5 oder mehr Minuten am Tag für Euch selbst ?

Foto Pixabay

Sort:  

Sehr wichtiges Thema, was vielen Menschen wahrscheinlich gar nicht klar ist. Da ich selbstständig bin, weiß ich wie wichtig die Zeit ist und vor allem auch zu entscheiden welche Dinge wichtig sind (einen weiter bringen) und welche vielleicht hinten anstehen können, einfach effizient arbeiten. Zeit für sich und seine Lieben - Gesundheit, Glück etc. - ist letztendlich das höchste Gut.

cool this article, i already liked her. greetings successful community steem

Bin zur Zeit insgesamt nachdenklich unterwegs.
Ok mit ADHS ist mein Kopf eh voll mit Gedanken weil meine Sicht und Denkweise auf das Grosse ganze ausgerichtet ist.
Mag sein das meine "Denke" bzgl des Artikel einen Touch zu philosophisch ist da sich bei mir der Gedanke hält das unser Steinzeit Hirn sich nicht gleichbleibend zu allen anderen Entwicklungen mit entwickelt hat und das sich das immer mehr bemerkbar macht.
Das Streben nach Macht was einst für die Erhaltung des Individuums notwendig war ist zu einem Instrument geworden welches sich gedreht hat,gegen uns.
Das stereotypische Rudelverhalten welches Erfolg,Besitztümern hinterherjagt geht auf Kosten innerer Werte/Einstellungen allerdings besinnen sich viele nicht darauf,jagen weiter und wundern sich das sie immer unzufrieden sind.Ich verteufel niemanden der sich durch seine Arbeit eine Basis geschaffen hat um sich damit seine Wünsche zu erfüllen,dem Wert und Bemühungen dafür bewusst sind.
Geld gehört in unserem Leben dazu allerdings bitte nicht auf Kosten anderer,als Instrument um Macht zu demonstrieren,wo es auf biegen und brechen um die Vermehrung geht.
Letztlich kommt dies einer Entwertung gleich,bei Hunderttausenden,Millionen oder noch mehr auf dem Konto ist ein einzelner Euro kaum mehr was wert.

Na unser Steinzeit-Hirn mag ADHS in der Altsteinzeit der Jäger und Sammler ja nun stärker von Vorteil gewesen sein als in einer 40 Millionen Stadt wie Tokio im 21. Jahrhundert , aber auch im 21. Jahrhundert sind ADHS-Gene und ADHS zumindest so weit und in Grenzen mit evolutionären Selektionsvorteilen behaftet, dass ADHS auch die nächsten paar Jahrhunderte nicht aussterben wird. Ein sich rapide ändernde Welt birgt Chancen für Betroffene mit ADHS , Digitalisierung, Globalisierung, das bietet bei all den Nachteilen für Betroffene mit ADHS auch Vorteile und das immer Neues such, Neues lernen wollen kommt ADHS entgegen ... ich denke, dass in der Geschichte verstärkt dann die Stunde der Betroffenen mit ADHS war, wenn sich große Dynamiken und Verwerfungen ergeben haben (bei all den Kollateralschäden auch bei Betroffenen mit ADHS )... kurzum: Unser Steinzeit-Hirn wird man auch in hunderten Jahren noch gebrauchen können... Charisma , Kreativität , Gerchtigkeitssinn , offener Horizont , Begeisterungsfähigkeit , Querdenken , Power und Force und hoher Energie-Pegel und last but not least Sex-Appeal sowohl bei Männern mit ADHS als auch bei Frauen mit ADHS (auch auf Normalos) , wenn keine Komorbiditäten wie Depression , schwierige Sozialisation etc. etc. vorliegen (was leider ganz oft der Fall ist um bei höherem Schweregrad umso öfter), kann man diese Eigenschaften zumindest bei leicht- bis mittelgradigem ADHS auch in ferner Zukunft noch gebrauchen , auch der in Deutschland führende Genetiker zu ADHS , Prof. Klaus-Peter Lesch von der Uni-Psychiatrie Würzburg sieht das so in einem Interview mit dem "problematischen" ADHS-Gegner Jörg Blech im Spiegel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-99311928.html

Klaus-Peter Lesch hat übrigens selbst 3 Söhne mit Diagnose ADHS und ist persönlich dem erweiterten ADHS-Spektrum zuzurechnen...

Es ging mir nicht primär um ADHS.
Hatte das vornweg geschrieben um nicht missverstanden zu werden weil meine Sicht generell weiter gefasst ist.

Schon anderswo geschrieben, aber passt genau so gut hier rein:
http://www.karriere.de/karriere/nicht-jeder-mensch-ist-fuer-arbeit-geboren-163984/ der renommierte Arbeitspsychologe Tim Hagemann beschreibt hier anschaulich die kulturell bedingten Einstellungen zur Arbeit und den Stellenwert der Arbeit, daher der Link als Empfehlung. Die Generation Y ist ja heute omnipräsent und die Erkenntnis, dass man nur dieses eine Leben hat und dieses möglicherweise nicht für Beruf und Karriere opfern möchte, rollt als Tsunami-Welle durch die Gruppe der 20-40 Jährigen und zwar weltweit von Europa, USA bis nach Japan, Taiwan, China und sogar zur hippen urbanen Klasse in Indien, Indonesien etc. Diese Entwicklung gab es bisher nie in der Geschichte und die Folgen dürften weitreichend sein. "Enjoying life and travelling the world" , das hat doch auch was.
Wenn ich z.B. reisen will, dann braucht es bei mir nicht die maximal spießige Kreuzfahrt für 6000 Euro zu zweit oder die Luxus-Fernreise nach Indien. Reisen geht der Anti-Spießer mit dem Rucksack, und das ist prinzipiell im höheren Alter genau so möglich. Das protzige Einfamilienhaus mit Garten, SUV in der Garage, Marken-Schrankwand und Perserteppich plus Bücherregal (letzteres ausschließlich zur Repräsentation), das ist nicht das, was wirklich wichtig ist. Wer sich von gesellschaftlichen Normen und Ansehens-Faktoren leiten und fremdbestimmen lässt, der hat nichts kapiert. Und genau diese Normen hinterfragen, das macht die Generation Y. Die argentinische Ex-Freundin meines Bruders aus Neuseeland hat gefühlt schon auf der halben Welt gelebt und ist aktuell Volleyball-Trainerin in Dänemark. Die Finanzplanung beinhaltet abgelaufene Lebensmittel aus der Mülltonne vom Supermarkt - das ist ein Extrembeispiel... ...aber so jemand mit diesem Extrembeispiel ist reicher als der angeblich so "glückliche" Typ mit Einfamilienhaus, SUV und Perserteppiche im repräsentativen Wohnzimmer... Und wenn dann kommt, dass man sich als "Chiller" niemals Familie finanzieren wird können... auch das stimmt so nicht wirklich. Mein Vater ist in 60er und 70ern mit 2 Schwestern zu fünft in ner ca. 70 Quadratmeter-Wohnung aufgewachsen. Die Schwestern mussten sich ein Zimmer teilen (heute undenkbar). Das war für heutige Verhältnisse bittere Armut... alle 3 Kinder sind trotzdem was sehr Ordentliches geworden. Die Lifestyle-Kleinfamilie des 21. Jahrhunderts hat ja die Befürchtung, dass ohne Sprachreise nach Cornwall, Reitunterricht etc. die Kinder zwangsläufig als Junkie unter der Brücke landen. Verzicht stärkt bei Kindern vielmehr den Charakter. Auch die Finanzierung von Familie ist als "Chiller" möglich. Wenn dann noch kommt, da müsse man erst mal ne Frau finden, die das mitmacht... geht sehr wohl, wenn man sich nicht auf das Prinzessinne-aus-gutem-Hause-Millieu beschränkt. Auch in dem Kontext lässt sich der Michel von Normen und Ansehens-Faktoren fremdbestimmen, ohne die zu hinterfragen
Mein für mich persönlich leider als Zug abgefahrenes Idol ist der digitale Nomade... Ich habe in Spanien in einer Hostel so einen digitalen Nomaden getroffen. Der braucht nur Notebook und Internet zum Geld verdienen. Der lebt seinen Traum. Ich war damals neidisch auf den.
Auf jeden Fall: Man sollte sein Leben so leben, wie man glücklich wird und nicht wie andere Personen oder die Gesellschaft es von einem erwarten.

Irgendwie denke ich gerade an "Numb" von Linkin Park (wenn der Chester Bennington mal bloß kein ADHS hatte...): "...be less like you and be more like me..." :

Congratulations @martinwinkler! You have completed some achievement on Steemit and have been rewarded with new badge(s) :

Award for the number of posts published
Award for the number of comments received

Click on any badge to view your own Board of Honor on SteemitBoard.
For more information about SteemitBoard, click here

If you no longer want to receive notifications, reply to this comment with the word STOP

By upvoting this notification, you can help all Steemit users. Learn how here!

Nicht umsonst wird heute etwas mehr Wert auf Energie-Management als auf Zeitmanagement gelegt. Da geht es um die Prioritäten bzw. auch um das Entscheiden, was ich leisten kann und was nicht. Je mehr Selbstständigkeit man hat, desto grösser aber auch die Gefahr der Selbstausbeutung.

Coin Marketplace

STEEM 0.18
TRX 0.16
JST 0.030
BTC 63018.04
ETH 2471.67
USDT 1.00
SBD 2.68