Buchvorstellung: "Goldstaub" von Rob de Roy / Book launch: "Golden Dust" by Rob de Roy

english below...

Rob Roy war ein wackerer Mann. Mit Anlehnung an seinen Namen hat der uns als @seo-boss bekannte Autor und Steemian ein Pseudonym gewählt, das Kühnheit zum Programm erhebt und keine Zaghaftigkeit zuläßt...

Ein Lyrikband. Triggerwarnung also für alle, die panisch auf Gedichte und Poesie reagieren ;-)) Als ich selbst solche veröffentlichte, habe ich extra darauf geachtet, ein Format zu wählen, das in einer Damenhandtasche weder zu viel Platz wegnimmt noch deutlich Gewicht mitbringt. "Goldstaub" dagegen kommt als amtlicher Wälzer im Paperback daher und verspricht mit 364 Seiten eine Menge schwerer Lektüre.

Noch etwas anderes vorab: in solchen Sammelbänden neigen viele Leser dazu, sich nicht von vorne nach hinten "durchzuarbeiten", sondern auf's Geratewohl und nach Lust und Laune vor und zurück zu springen. Das wäre hier eindeutig ein Fehler: alle Texte bauen aufeinander auf, sind teils ineinander verwoben, teils durch gleichfalls lyrische "Hinweise" miteinander in Verbindung gebracht.

Wortgewaltig, wagemutig und unerschrocken gereimt, eng an klassischen Versmaßen und voller Emotionen kommt da ein ge- und verdichtetes Epos mit vielen überraschenden Wendungen, Stellen voller Humor und mehr Stellen voller Verzweiflung, Wut und Sehnsucht daher. Durch einige Texte hier auf dem Steem war ich "vorgewarnt" - das war auch der Grund für den neugierigen Erwerb. Was ich bekommen habe, hat mich wirklich geflasht. Es ist mit einmaliger Lektüre nicht getan, manche Bedeutungen erschließen sich erst nach Wiederholungen oder mit Abstand. Schreibtechnisch ist das Werk ziemlich großes Kino und ich empfehle Lyrikfreunden unbedingt, sich darauf einzulassen.

Bei all meinem ehrlichen Lob bleibt mir allerdings die Frage: warum bringt man so etwas durch und durch Handfestes und Lesenswertes im Selbstverlag über Amazon heraus? Ich weiß, daß es jungen, unbekannten Autoren dort leicht gemacht wird, ihre Erstlinge günstig zu publizieren. Diese Leichtigkeit führt allerdings zu qualitativ nicht unbedingt überzeugender Ausführung, die bei entsprechender Begleitung durch professionelle Verlagsstrukturen deutlich an Format gewinnen würde. Schriftbild, Vermeidung ungünstiger Seitenumbrüche, ggf. Illustration und schlechthin ein marktübliches Impressum verhelfen einem Druckwerk zu ganz anderer Reputation und damit auch größerer Reichweite. Das ist nämlich auch ein Manko: viele meiner lyrikaffinen Bekannten lehnen Amazon ab und würden sich dort nicht nach neuen Büchern umschauen. Für mein Dafürhalten lohnt sich also immer die Suche nach einem geneigten Verlag, der sich für Autor und Werk einsetzt, das Marketing steuert und damit echten Markterfolg erst möglich macht...

Da dieser Einschub nichts an meiner grundsätzlchen Begeisterung ändert, bleibt mir die Hoffnung, daß es demnächst mehr zu lesen gibt von Rob de Roy. Und Euch entlasse ich mit dem Zitat einer meiner Lieblingsstellen in den Restsonntag:

Der Maler

Mit Pinselstrichen abstrahieren,
mit Farbgemischen komponieren,
durch Linienführung suggerieren,
so kann ein Maler uns verführen.

Er läßt uns naschen von seinem Baum.
Er läßt uns sehen seinen Traum:
Wo Ärmstes erstrahlt in größter Pracht,
die Tugend hat es reich gemacht.

Wo das Leben leuchtet wie ein Regenbogen.
Wo die nackten Körper ausgezogen.
Wo die Kriege beendet, die niemals begonnen.
Wo die Siege gefeiert, die niemals gewonnen.
Wo die Toten begraben, die niemals geboren.
Wo die Liebenden laben, trotzdem sie erfroren.
Wo die Freude noch funkelndes Wasser vergießt.
Wo dem Wasser der Freude ein Kleeblatt entsprießt.

Der Maler malt uns Farben an
und öffnet uns die Augen.
Was er so alles schaffen kann.
Hab Dank, Du lieber Malersmann.,
Du tust zu etwas taugen.

english version:

Rob Roy was a bold man. Taking his name as a reference, the author and steemian known to us as @seo-boss has chosen a pseudonym that elevates boldness to a programme and does not allow for timidity....

A book of poetry. Trigger warning, then, for all those who are panicked by poems and poetry ;-)) When I published such myself, I took extra care to choose a format that would neither take up too much space in a lady's handbag nor add significant weight. "Golden Dust", on the other hand, comes as an official tome in paperback and, at 364 pages, promises a lot of heavy reading.

Something else to start with: in such anthologies, many readers tend not to "work their way through" from front to back, but to jump back and forth at random and at whim. That would clearly be a mistake here: all the texts build on each other, are partly interwoven, partly linked to each other by equally lyrical "clues".

Wordy, daring and fearlessly rhymed, close to classical proportions and full of emotion, this is a condensed epic with many surprising twists and turns, passages full of humour and more passages full of despair, anger and longing. I was "forewarned" by some of the texts here on the Steem - that was also the reason for the curious purchase. What I got really flashed me. It is not done with a single reading, some meanings only reveal themselves after repetition or with distance. Writing-wise, the work is pretty great cinema and I definitely recommend poetry lovers to get into it.

With all my honest praise, however, I am left with the question: why self-publish something so thoroughly solid and worth reading via Amazon? I know that it is made easy for young, unknown authors to publish their first works there at a reasonable price. However, this ease leads to work that is not necessarily convincing in terms of quality, which would clearly gain in stature if it were accompanied by professional publishing structures. The typeface, avoidance of awkward page breaks, illustrations if necessary, and a standard imprint help a printed work to achieve a completely different reputation and thus a greater reach. That is also a shortcoming: many of my poetry-savvy acquaintances reject Amazon and would not look for new books there. In my opinion, it is always worth looking for a willing publisher who will stand up for the author and the work, manage the marketing and thus make real market success possible in the first place...

Since this insertion does not change my basic enthusiasm, I hope that there will be more to read from Rob de Roy in the near future. And I leave you without a quote from one of my favourite passages for the rest of Sunday: it seems impossible to translate a rhymed German poem into English correctly in terms of content and still in the correct form...