Geschichte im Allgemeinen, und Europäische im Speziellen 5

in #deutsch7 years ago

Das Gottesgnadentum

„In nomine sanctae et individuae trinitate. Heinricus divina favente clementia Romanorum imperator augustus“ – Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Heinrich, durch Gottes wohlwollende Güte, erhabener Kaiser der Römer.
(Juni 1022)

Man sollte nicht meinen, das Gottesgnadentum wäre etwas gewesen, was bestimmten Personen bloß eine Berechtigung zum Regieren verschaffen hätte sollen. Nein, Gottesgnadentum geht in seiner Bedeutung und in seinem Anspruch weit darüber hinaus.
Das Urbild des alten Gottesgnadentums des Mittelalters bildet das Alttestamentarische Priesterkönigtum wie es in Salomon oder David zum Vorschein kommt. Gut zu erkennen ist das gesagte, am Beispiel der römisch-deutschen Kaiserkrone.

(Quelle: Humboldt-Gesellschaft)
Zu sehen: die Reichskrone, 10. und 11. Jahrhundert. Im Bild zu sehen ist Christus auf dem Thron, flankiert von Erzengeln. Über ihm die Inschrift auf Latein: „Per me reges regnant.“- Durch mich herrschen die Könige.

Von den Tagen Konstantins an galt der Kaiser, als "vicarius Christi" – als Stellvertreter Christi auf Erden (gemeint ist Konstantin der Große, um 280- 337). Dem Gegenüber verstanden sich die Päpste bis ins 13. Jahrhundert als "vicarius Petri" – als Stellvertreter des Hl. Petrus!
Man sollte sich von dem Gedanken befreien, neuzeitliche Herrscher würden dieses Bild ebenso wiederspiegeln. Das tun sie nämlich nicht! Für den neuzeitlichen Herrscher war nämlich das Herrscherideal der Antike vor Konstantin maßgebend, und weniger das biblisch- christliche. Der Unterschied liegt im Anspruch. Der mittelalterliche Herrscher hatte bis ins Hochmittelalter hinein den Anspruch quasi „im Auftrag Gottes“ zu herrschen. Mit den Investiturstreitereien im 11. und 12. Jahrhundert zerbrach dieser religiöse Anspruch größtenteils. Den Todesstoß bekam das Gottesgnadentum im 13.Jahrhundert als sich die Päpste anschickten, für rund ein 3/4 Jahrhundert die Herren Europas zu geben.
Daher auch der spätere Verfall der Monarchie in einen Absolutismus. Bei ihnen blieb nur die Titulatur erhalten, ohne dass sie einen besonderen Anspruch untermauert hätten. Von nun an begannen die Herrscher, ihre Herrschaftsbefugnisse immer mehr aus rein weltlichen Quellen zu legitimieren. Daher auch die Verehrung Roms und seiner Kaiser!

Sehr schön wird ersichtlich was gemeint ist, wenn man die Auffassung von Staat im Mittelalter mit der Auffassung von Staat in der Neuzeit vergleicht. Das Mittelalter kennt, ursprünglich, keine innere Trennung von Staat und Kirche.
Als die antike Welt implodierte, war es die Kirche die die Menschen rettete, den andere Autoritäten gab es schlicht nicht mehr! Da es auch kein Recht mehr gab, denn, Staaten gab es auch nicht mehr, musste ein anderer Bezugspunkt gefunden werden, welcher so viel Anziehungskraft besaß, dass er die Menschen zu binden verstand. Und das war ausschließlich die Religion. Daher auch die enge Verbindung von Staat und Kirche, obwohl den Zeitgenossen sehr wohl klar war, dass es zwei Paar Schuhe sind.
Das steht im klaren Gegensatz zur Neuzeit. Politisches Handeln im Mittelalter ist immer auf die christliche Religion bezogen. Was der Herrscher tut, tut er nicht aus Machtvollkommenheit, weil es ihm gerade so einfällt oder weil er seine Einkünfte steigern will sondern weil er sich als oberster Vertreter seines Staates fühlt. Einzig Gott verpflichtet. Aber auch seinen Gesetzen unterworfen. Daher ist auch die christliche Moral der Maßstab seines Handelns. Absolute Gewalt steht ihm nicht zu!

Grundlegend zu diesem Thema sind die Schriften des Hl. Augustinus, die Zwei- Gewalten- Lehre von Papst Gelasius I. und das Vorbild der alttestamentarischen Könige wie David und Salomon.
Nur so ist verständlich warum jede Herrschaft in dieser Zeit die Aura des Heiligen umgibt. Und warum Herrscher nicht einfach nur Herrscher sind, sondern weit mehr.
Erst das Hochmittelalter wird mit der Trennung von Kirche und Staat beginnen. Denn, wie heißt es schon im Alten Testament; „Alles hat seine Zeit“.
Als „libertas ecclesiae“, als Freiheit der Kirche und Investiturstreit ist diese Bewegung in die Geschichte eingegangen.

MfG
Parzifal1

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