Verlottert, verkommen, verunziert und angliziert

in #deutsch6 years ago (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

In zerrissenen Hosen Kaffee zum Davonlaufen (coffee to go) auf der Straße schlürfend schnell mal mit dem Handy den facility manager (vulgo: Hausmeister) anrufen.
Hat die Verkommenheit der Sitten und der Bildung bei uns endgültig Einzug gehalten?

Man braucht kein Sprachpurist zu sein, um sich an den immer mehr um sich greifenden Anglizismen zu stören. Deutschland ist das Land der Deutschen (Darum heißt es schließlich ja so.) und seine Landessprache ist Deutsch. Es ist von unschätzbarem Vorteil, Fremdsprachen zu beherrschen. Man sollte ihre Anwendung aber auf Orte und Situationen beschränken, in denen sie wirklich hilfreich und sinnvoll ist.
Werden bestehende deutsche Begriffe durch ausländische ersetzt, werden weite Teile der Bevölkerung vom Verständnis ausgeschlossen. Nicht jede/r beherrscht die Fremdsprache; und nur wenige tun dies wirklich gut – gerade von denjenigen, die sich so gerne der fremd und interessant klingenden Worte bedienen. Viele von ihnen wären mit einer in einer Fremdsprache geführten Diskussion mittleren Anspruchs bereits heillos überfordert.
Ein Hausmeister bleibt ein Hausmeister und wird durch die Bezeichnung „facility manager“ noch lange nicht zur Führungskraft der Wirtschaft. Wenn ein Hausmeister damit Probleme hat, hilft wohl bei der Bekämpfung von Selbstwertproblemen eher der Gang zum Psychiater als die Flucht in die Fremdsprache. Und schmeckt ein „coffee“ etwa besser als ein „Kaffee“?
Wirklich grotesk wirkt es, wenn ausländisch anmutende Begriffe frei erfunden und in der vermuteten Herkunftsregion überhaupt nicht verstanden werden. Das „Handy“ ist solch ein Fall. Kein Anglophoner kann sich darunter etwas vorstellen. Er nennt das fragliche Objekt „mobile phone“. Ebenso verhält es sich mit dem „Friseur“, den es in frankophonen Ländern auch nicht gibt. Er heißt dort „coiffeur“.

Der „coffee to go“ stellt nicht nur eine sprachliche Verirrung dar, sondern steht auch für die verkommene Sitte, auf der Straße zu essen und zu trinken (Ausnahme: Straßenlokale).
Sich in durchlöcherten Hosen der Öffentlichkeit zu präsentieren, zeugt nicht nur von abartig schlechtem Geschmack, sondern geht einher mit der Verhöhnung von Menschen, die aus Not dazu gezwungen sind. Der erste Eindruck entscheidet in der Regel darüber, ob ihm noch ein zweiter folgt. Das hat mit Oberflächlichkeit nichts zu tun. Schließlich ist das Auftreten einer Person der erste und zunächst einzige Anhaltspunkt für die Umgebung, um eine Vorstellung von dem Gegenüber zu gewinnen. Dem folgt die Entscheidung, ob man sie vertiefen möchte. Ein verkommenes Erscheinungsbild beinhaltet immer auch eine Mißachtung der anderen. Die Träger durchlöcherter Hosen fallen daher sehr zu Recht durch jedes Raster.

Einer verkommenen Erscheinung wird selten mit Respekt begegnet werden. Auch in Anbetracht der hier umherstreunenden Investoren sollte dies bedacht werden.

https://www.rheinpfalz.de/lokal/speyer/artikel/am-rande-grosse-zweifel/
https://www.abendblatt.de/kultur-live/article107399038/Kaffee-zum-Davonlaufen.html
0_original.jpg

Sort:  

Liebe Isabella,
Du hast wieder mal ins Schwarze getroffen. Die Umkehr von Anstand zu Sittenverfall in nahezu allen Lebensbereichen ist deutlich für jene zu erkennen, die auch einen gelebten Vergleich ziehen können. Die Beeinflussung durch die Medien, die in nur wenigen Händen liegen, haben alle Register gezogen, dies auch in nahezu allen Lebensbereichen durchzusetzen.
Bei manch einer "modischen" Frisur, muß ich unweigerlich an eine verlorene Wette denken.

Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:
durch Nachdenken, das ist der edelste,
durch Nachahmen, das ist der einfachste,
durch Erfahrung, das ist der bitterste.
Konfuzius

Besten Dank, wienermelange. Perfekt ergänzt.
Zwänge man die Leute, so zu erscheinen, würden sie sich durch alle Instanzen klagen. Freiwillig aber verunzieren sie sich derart.

Ja, so ist es.

Demnächst wird es wohl auch einen "coffe to run" geben. Die Anglizismen waren allerdings schon vor 20 Jahren eine linguistische Seuche. Und schon damals wurden sie ausgerechnet von jenen am meisten angewandt, die es nicht schafften einen einfachen englischen Satz zu bilden.

Aber auch Anglizismen scheinen ein Ablaufdatum zu haben. Beispielsweise findet sich in vielen Büchern aus den 20er und 30er Jahren das Wort "ausgepowert". Dieses Wort kenne ich im Sprachgebrauch ausschließlich von Jahrgängen 1925 und älter, aber es steht witzigerweise heute noch im Duden.

AudioNovo Englisch I, II und III - Englisch lernen für Anfänger und Fortgeschrittene (Audio-Sprachkurs)

Leute kaufen kaputte jeans zum neupreis. Würden die auch ein neues auto kaufen mit kratzern und rostflecken? Echt irre.

zwar stimme ich in vielen teilen mit deinen aussagen überein, denke aber dass auch mal leute über uns so gedacht haben. nicht dass es mir leicht fiele die jogginghose zu ertragen, insbesondere am flughafen oder bei mir zu hause. vor nicht allzulanger zeit war es andererseits noch tabu am sonntag ohne anzug und hut auf die strasse zu gehen und sei es nur zum mit waldi gassi zu gehen. die diskussion ist im grunde so alt wie die menschheit.

was ich aus der wechselperspektive jedoch gelernt habe, ist anderen die freiheiten zuzugestehen, die ich mir selbst vorbehalte. dazu gehören mitunter garderobe und wortwahl. man kann es im übrigen ja nicht jedem recht machen. ich empfehle hierzu reinhard meys achtel lorbeerblatt
https://open.spotify.com/track/7KChVtdacQdV2GmPoVMSAa?si=oVyhuFXORj-473uhM7-poA

Coin Marketplace

STEEM 0.28
TRX 0.13
JST 0.032
BTC 60625.76
ETH 2898.84
USDT 1.00
SBD 3.62