Postmortem – Inflation

in #postmortem4 years ago

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Da ich in den nächsten Tagen auf „Reise“ gehe, kann ich nun auch bereits mein Ausgabenbudget für dieses Jahr abschließen. Wer hier bereits ein wenig mitliest, weiß ja, dass ich eine recht intensive Buchführung betreibe um einen Überblick über meine Kosten zu haben. Dies finde ich selbst immer sehr wichtig, da man so leichter Geldlöcher identifizieren und stopfen kann. Zum anderen will man eben ja auch wissen, wie der eigene Fortschritt im letzten Jahr gewesen ist.

Denn was viele Menschen nie verstehen werden... die Nummern auf den Konten spielt absolut gar keine Rolle. Ansonsten hätte es Ende der 1920er ja zig Berichte geben müssen über den riesigen Zugewinn an neuen Millionären! Am Ende zählt immer nur das, was man selbst für das Geld auch bekommt.

Naiv könnte man natürlich nun immer sein Geld am Jahresende in Brot beim Bäcker umrechnen und sehen, wie es sich dabei im Zugewinn verhält. Ein solcher Warenkorb ist sehr einfach zu gestalten, am Ende aber eben doch recht anfällig für Preisschwankungen jeder Art. Nicht ohne Grund hat der Staat einen komplexeren Warenkorb, um die aktuelle Inflation zu bestimmen.

Als Zielvorgabe werden 2% angestrebt, was aber nach meinem Wissenstand ein recht willkürrlicher Wert ist. Das eigentliche Ziel ist eben eine „Preisstabilität“ und da man diese nie ganz genau erreichen kann, braucht man halt irgend einen Richtwert. Gerade dieser war in den letzten Jahren allerdings sehr niedrig und ist angeblich im letzten Jahren dann doch wieder etwas angestiegen.

Dies macht sich auch bei mir im Geldbeutel bemerkbar. Man sollte fairerweise sagen, dass ich keine statistische Normierung betreibe. Gehe ich oft im Jahr im Restaurant essen, dann steigen natürlich auch die Kosten an. Scheinbar brauche ich es dann um zu „leben“, weil ich irgend einen seelischen Ausgleich mit Freunden brauche, die mir die Welt dann antut. :D

Entsprechend sind meine Werte immer mit vorsicht zu genießen. Da zumindest objektiv ich nicht besonders oft essen war, bin ich selbst ein wenig erstaunt. Fast 4,5% beträgt meine persönliche Inflation im letzten Jahr, was schon eine heftige Abweichung vom statistischen Bundesamt ist. Besonders krass ist dabei, dass der größte Anstieg vor allem im Bereich der Einkäufe zu verzeichnen ist. Alleine 5,2% entfallen hier drauf.

Man sollte hier noch anmerken, dass ich eben eine Diabetes-Diagnose bekommen habe und dabei natürlich ein wenig meine Ernährung angepasst habe. Die günstigere Variante einer starken Kohlehydraternährung ist weniger geworden und ich kaufe dafür mehr Grünzeug ein, aber eben auch Fleisch. Interessanterweise schlägt dabei nicht das Fleisch ins Budget, sondern eben das Gemüse. Dies überraschte mich dann doch ein wenig. Genaueres kann ich nicht sagen, da ich nur diese beiden Posten aus Interesse separat führe.

Aber auch die allgemeinen Güterpreise sind ähnlich stark angezogen. Entsprechend kommt natürlich ein wenig Zweifel auf, ob der Warenkorb des statistisches Bundesamtes nicht vielleicht doch ein wenig falsch ist und am Ende eben doch wesentlich höhere Inflation existieren als es allgemein propangiert wird.

Der zweite heftig angestiege Posten sind Treibstoffe, die um sagenhafte 11% angestiegen sind. Auch hier musste ich nochmals stark schlucken, da meine Strecken relativ statisch sind und dies somit eher über den Preis zu erklären ist. Grob überschlagen, hat die Teuerung durchaus hin. Angst macht einem da eher, wenn nun über CO2-Abgaben diskutiert wird. Ich finde das Thema wichtig und trage das auch gerne mit ... aber wenn ich es bereits schmerzhaft finde, wird es Teile der Gesellschaft geben, die dann kurz vor dem Bürgerkrieg stehen würden...
Erfreuliches gibt es bei fast allen anderen Posten, die nahezu konstant geblieben sind. Trotzdem gibt es auch da eben einige Anstiege, wo man zumindest überrascht ist. Die paar Cent beim Schwimmbad machen eben doch mal eben 6% mehr aus, was wesentlich höher ist. Erfreuliches gibt es nur beim Technikbudget. Zwar gab es Neuanschaffungen, die aber allesamt weit unter dem angesetzten Budget waren und insgesamt im letzten Jahr sehr verhalten waren. Nur darüber erhalte ich überhaupt noch eine „so niedrige“ persönliche Inflation.

Auch Miete, Urlaub und Versicherungen blieben insgesamt bei mir stabil und tragen nicht zu einer Verteuerung des Lebens bei. Wenigstens das!

Unterm Strich bin ich von der Teuerung im letzten Jahr überrascht, kann mich allerdings trotzdem zu den Gewinnern zählen. Wie bereits bei den Dividenden angesprochen, stiegen diese bei mir bereinigt von Zukäufen um immerhin 7,3% an, so dass ich im Schnitt die persönliche Inflation schlagen würde.

Allerdings ist dies natürlich auch eine Milchmädchenrechnung, da die Dividende momentan nich kostendeckend ist und somit eine Erhöhung der Preise sich stärker in den Geldwert brennt als eine Erhöhung der Dividende. Würde ich dies umrechnen, würde ich mit einem Minus raus gehen.

Aber da begibt man sich eben auch sehr schnell auf sehr spekulatives Terrain. Man muss dies sportlich nehmen. Ca. 14% der Deutschen legen überhaupt in Aktien an, der größte Teil vertraut immer noch auf die stille Enteignung und wird daher voll von der Inflation getroffen. Somit gewinne ich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung und meine Kaufkraft sollte das nicht zum Nachteil sein.

Das mag ein wenig wie Hohn wirken, aber viele sind schlichtweg nicht einmal bereit finanzielle Bildung anzustreben. Höre ich, dass man damit nicht belastet werden will, sondern man lieber leben will... ich bin ein offener Geist. Jeder sollte das Recht dazu haben, allerdings hält sich mein Mitgefühl dann arg in Grenzen. Wer immer noch nichts tut ... wacht endlich auf und bildet Euch weiter! Das meine ich aus vollster Überzeigung!

Gerade die Tradingkosten sind im letzten Jahr rekordverdächtig tief. Mit den ersten 0€-Tradern gibt es nun wirklich keinen Grund mehr, warum auch kleinere Vermögen sich nicht beteiligen sollten. Wer auch hierzu nicht mehr in der Lage ist, sollte auf die Straße gehen und für seine Recht einstehen und nicht vor RTL2-Dokusoaps versauern...

Übrigens hat Inflation einen wesentlich schlechteren Ruf als sein tatsächlicher Nutzen es ist. Denn viele Menschen sehen darin nur ein Übel. Dabei senkt Inflation eben auch immer Schulden, denn auch diese werden von ihr erfasst. Je höher die Inflation, umso leichter wird es diese abzutragen. Dies erfüllt einen nicht unwichtigen gesellschaftlichen Nutzen. Denn ansonsten würde jeder Kredit langfristig auf folgende Generationen voll durchschlagen.

Dadurch das diese langsam jedes Jahr immer ein wenig an Wert verlieren, können wir Infrastruktur für die Zukunft aufbauen und bezahlen einen Teil der Schuld über die Gesellschaft verteilt jedes Jahr an den Kassen. Wer keine Schulden hat wie ich, knirscht da verärgert mit den Zähnen. Gerade aber Schuldner klagen oftmals am Lautesten über die Inflation und das ist nicht ganz fair.

Inflation ist an den Stammtischen ja immer ein sehr heißes und emotionales Thema. Ich hoffe ich habe mit meinem Jahresrückblick ein wenig Einblick darüber geben können, dass wir vermutlich eine höhere Inflation haben als uns suggeriert wird, wenn wir lediglich „leben“ wollen. Noch heftiger betrifft es vor allem jene, die Bauen wollen. Hier zeigt sich eine Inflationsrate jenseits der zweistelligen Bereiche, was wirklicher Wahnsinn ist.
Eine besonders gute Prognose gebe ich für die nächsten Jahre übrigens nicht. Auch hier rechne ich mit einem weiteren Anstieg der Preise zum täglichen Leben. Gerade wer aktuell keine Schulden hat UND am unteren Ende der Einkommenskala ist, wird nur wenig Spaß im aktuellen Umfeld haben. Es ist traurig zu sehen, dass hierrüber keine gesellschaftliche Diskussion geführt wird oder nur platte populistische Themen zu Tage kommen.

Wie sieht es bei Euch aus? Ist jemand in der Lage seine persönliche Inflation zu benennen? Bin immer wieder gespannt dies mit anderen Warenkörben zu vergleichen, da es vielleicht eben doch recht starke regionale Verzerrungen gibt.

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Die Inflation ist nur dann hilfreich wenn man einen Job hat der jährlich mehr Lohn abwirft, wenn denn der Arbeitnehmer in einen tarifgebundenen Betrieb arbeitet. Ich hab die Inflation mit Baumaterialien verglichen. Ein Sack mörtel kostete z.b. vor 5 Jahren 5€ jetzt 7,50€ das ist eine Inflation von 10% ?

Ich bin der Meinung das nur für Gewerbetreibende die Inflation nützlich ist, nicht für gehaltsempfänger?

So eine Bilanz kann schon erschreckend sein

Alles richtig gemacht, weiter viel Erfolg...

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Leider keine Ahnung, ich führe über meine Ausgaben nicht Buch. Hatte es früher ein paar Mal probiert, war mir aber dann immer zu aufwendig und ich habe es aufgegeben. Zum Glück bleibt am Monatsende immer was übrig, um zu sparen bzw. zu investieren. Aber nur, weil ich den Verlockungen der Konsumgesellschaft recht gut widerstehen kann.

Leider keine Ahnung, ich führe über meine Ausgaben nicht Buch.

Das macht eben leider den Vergleich oft immer sehr schwer, da nur wenige Leute wirklich Auskunft dazu geben können. Ich kenne lediglich noch eine andere Person im echten Leben bei der man solche Informationen bekommt und mit der eigenen als Referenz abgleichen kann. Leider habe ich da für das Jahr noch keine Aussage bekommen :)

Hatte es früher ein paar Mal probiert, war mir aber dann immer zu aufwendig und ich habe es aufgegeben.

Ich hatte ja schon ein paar Artikel dazu. Tatsächlich hilft es oft einfach nur Budgets zu machen und einmal im Jahr einen Sanity-Check machen, ob man wirklich noch drin ist. Lediglich Tanken und Lebensmittel erfasse ich wirklich genau. Im Gegensatz zum Haushaltsbuch aber nur die absoluten Summen. Wieviel ich ihn Waschen und wieviel Klopapier steckt, könnte ich nicht sagen. Einige schwäbische Hausfrauen sollen da detaillierter sein, aber dann kostet es eben Zeit.

Fleisch kann ich gut erfassen, da ich dieses zumeist separat bei einem Schlachter einkaufe und daher recht gut abgrenzen kann. Aus Interesse habe ich Grünzeug auch mal rausgerechnet, weil es mich interessierte. Zugegeben... auch das ist bereits sehr grenzwertig vom Aufwand her.

Zum Glück bleibt am Monatsende immer was übrig, um zu sparen bzw. zu investieren. Aber nur, weil ich den Verlockungen der Konsumgesellschaft recht gut widerstehen kann.

Top! Das ist die Hauptsache! Bisher habe ich überall wo ich zu hören bekomme, dass das Geld ständig knapp ist, schier hahnebüchende Ausgaben für Konsumgüter aller Art gesehen. Das fängt schon damit an, dass ich angeguckt werde, wenn ich sage, dass ich 2-3x die Woche schwimmen gehe. Das könne man sich gar nicht leisten. Wenn ich dann höre, dass man jedes Mal ein Menü Pommes mit Wurst für 9€ reinpfeift, wird auch klar, warum es dann das Budget sprengt. Auf die Frage, warum man sich das nicht lieber danach daheim dann mit der ganzen Familie macht, hörte ich nur: Man muss sich ja auch mal was leisten!

Da verdrehe ich dann nur noch die Augen. Von daher Hochachtung vor jedem (unabhängig vom Einkommen), der seinen Konsum im Griff behält und sich Gedanken dazu macht, was er wirklich braucht und möchte. Das ist keine Frage der Finanzen, sondern am Ende der eigenen Lebensqualität! :)

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Ich würde es nicht so eng greifen. Wie Du am Ende die Inflation schlägst, spielt ja keine Rolle. Vermutlich wird es zumeist Lohnarbeit sein, aber man kann es ja auch eben mit Gewerbe oder eben Kapitalerträge machen.

Schlägst Du die Inflation nicht, wie momentan eben 85% der Bevölkerung, kommt es zu dem interessanten Effekt, da dann durch die Inflation auch jenen beginnen die Schuldlast der Vergangenheit dadurch zu senken, dass sie die Inflation quasi mittragen.

D.h. lasse ich das Geld auf dem Konto liegen und vergammeln, würde ich deinen Kredit mit abbezahlen durch die Teuerung der Güter. Immerhin verzichte ich dann ja auf den Anspruch auf Güter. Ein solcher Effekt entlastet künftige Generationen stärker. Zumindest was Schulden angeht. Die höheren Kosten tragen künftige Generationen natürlich am Ende auch mit.

Was Baupreise angeht, habe ich ja bereits angesprochen, dass dieser meiner Beobachtung nach überpropertional gestiegen ist. Ich würde sogar eher 15-18% ansetzen, statt 10%. Gerade wenn Arbeitslohn einfließt, sogar noch wesentlich heftiger.

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