Die feindliche Übernahme des UFO-Narrativs

in #ufo6 years ago

Seltsames geht seit einiger Zeit in der amerikanischen UFO-Szene vor sich: Haben sich kritische Forscher jahrzehntelang durch das Dickicht aus Zeugenaussagen und Dokumenten gewühlt und diese auf belegbare und glaubwürdige Elemente abgeklopft, warten neuerdings immer mehr „Whistleblower“ mit haarsträubenden Geschichten auf, die zwar konsistent und detailliert erscheinen, sich aber jeder Überprüfung entziehen. Die jetzt entbrannte Debatte zwischen Gläubigen und Kritikern droht die altehrwürdige MUFON und mit ihr die gesamte Ufologie zu zerreißen. Dabei deutet vieles auf eine ausgeklügelte PSYOP hin, mit der der ernsthaften Forschung endgültig der Garaus gemacht werden soll.

Ich war noch keine vier Stunden in Kalifornien, da hatte ich bereits in einem selbstfahrenden Tesla-Taxi gesessen und eine Verhaftung miterlebt. Während ich vor einem Hotel in Palm Springs auf meine Mitfahrgelegenheit zum Joshua Tree Retreat Center wartete, kamen zwei Polizisten auf mich zu und erkundigten sich nach meinem Namen. Nachdem sie meine Unschuld erkannt hatten, verschwanden sie im Hotel und kamen fünf Minuten später mit einem nur eine Hose (und Handschellen) tragenden Herrn wieder heraus. Es versprach ein turbulentes Wochenende zu werden.

Eigentlich hatte ich die letzten Tage meiner Nordamerika-Rundreise entspannt mit einem Kumpel am Pazifikstrand verbringen wollen. Zwar wusste ich, dass zur selben Zeit ganz in der Nähe die größte UFO-Konferenz der Welt in ihre fünfte Runde gehen würde – die alljährlich in der kalifornischen Wüste östlich von Los Angeles stattfindende „Contact in the Desert“ –, doch ich hatte eigentlich genug erlebt, skurrile Konferenzen und spannende Begegnungen inbegriffen. Erst als ich einen Blick auf die Rednerliste warf und einige Freunde schon ihre Koffer packten, wurde ich hellhörig. Denn dort fand ich praktisch alle großen Namen der Szene versammelt: Steven „Disclosure Project“ Greer, der UFO-Historiker Richard Dolan, EvD und sein Kompagnon Giorgio „Aliens!“ Tsoukalos hatten sich ebenso angekündigt wie der Exopolitics-Begründer Michael Salla, Altmeister Whitley Strieber, Linda Moulton Howe von Earthfiles.com, Michael Tellinger und Graham Hancock. Mit David Wilcock, Corey Goode und Laura Eisenhower war auch die Fraktion der Zeit- und Marsreisenden vertreten; für den erkrankten (und mittlerweile verstorbenen) Jim Marrs sprang mit Peter Levenda eine nicht weniger bedeutende Koryphäe ein. Selbst der hochbetagte Jacques Vallée hatte sich auf den Weg gemacht – der Forscher, nach dem Steven Spielberg die Figur des französischen Wissenschaftlers in „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ konzipiert haben soll. Zusammen mit vielen weiteren namhaften Referenten würden sie vier Tage lang auf fünf Bühnen über Präastronautik, geheime Weltraumprogramme, interdimensionale Entitäten, Zeitreisen, Kornkreise, Bigfoot und andere Mysterien sprechen.

Es war jedoch insbesondere die Aussicht, das merkwürdige Nebeneinander nüchterner und bei aller Alternativität doch wissenschaftlich arbeitender Forscher auf der einen Seite und – wie soll ich mich ausdrücken – bejubelter Verfasser abenteuerlicher Narrative auf der anderen live miterleben zu können, die mich zum Ticketkauf motivierte. In den letzten Jahren waren immer mehr vermeintliche Whistleblower aufgetaucht, die etwa behaupteten, in der Zeit zurückgeschickt worden zu sein oder in ultrageheimen Projekten Seit’ an Seit’ mit Extraterrestrischen gearbeitet zu haben – gerne auf dem Mars oder jenseits unseres Sonnensystems. Oft sind die verblüffend detaillierten Schilderungen in das allgemeinere Szenario eines angeblichen geheimen Weltraumprogramms eingebettet, das eine hoch entwickelte „breakaway civilization“ – eine „Splitter“- bzw. „Abspaltungszivilisation“, die von der Erde stammt und hinter den Kulissen im Weltraum aufgebaut wurde – betreiben soll. Interessanterweise finden diese Geschichten nicht nur bei UFO-Enthusiasten, sondern auch unter gestandenen Forschern zunehmend Anklang – obwohl die „Whistleblower“ handfeste Belege für ihre Behauptungen stets schuldig bleiben. Besondere Brisanz gewinnt das Geschehen vor dem Hintergrund, dass andere Forscher wie der Historiker Richard Dolan, die sich der Wahrheit hinter dem UFO-Phänomen ausschließlich über dokumentierte Quellen und vorsichtige Schlussfolgerungen nähern, die Existenz eines geheimen Weltraumprogramms und einer Abspaltungszivilisation tatsächlich für wahrscheinlich halten – ohne das wilde Beiwerk der „Whistleblower“ allerdings, denen sie mehr als kritisch gegenüberstehen. Einer der Letztgenannten, der „intuitive Empath“ Corey Goode, und dessen Mentor David Wilcock waren als Höhepunkte der Contact-Konferenz angekündigt. Gemeinsam würden sie in der Wüste über die praktisch schon besiegte Kabale sprechen, die Wahrheit über die Vorgänge in der Antarktis enthüllen und uns im Namen der „Blauen Avianer“ darin unterweisen, liebevoller zueinander zu sein und die Menschheit in das neue Zeitalter zu führen. Bei solcher Gewichtigkeit verwundert es nicht, dass das Gespann ausschließlich auf der deutlich größeren Hauptbühne, mehrfach und jeweils zur besten Sendezeit auftrat. Für Richard Dolan blieb da nur ein Termin im kleineren Saal – um acht Uhr in der Früh.

Corey Goode & David Wilcock: Das neue Dream-Team der UFO-Szene
Goode ist, wie es der deutsche Exopolitik-Chef Robert Fleischer ausdrückte, der „aufsteigende Stern im Olymp der neuen UFO-Götter“. Schon als Sechsjähriger sei er für ein militärisches Geheimprojekt rekrutiert und später aufgrund seiner Empathie dazu auserkoren worden, die Kommunikation mit verschiedenen nichtirdischen Spezies zu vermitteln. Als er nach zwanzig ereignisreichen Dienstjahren in zahllosen Geheimprogrammen ausschied, sei er allerdings einer Gehirnwäsche und obendrein einer „Zeit- und Altersregression“ unterzogen worden – sprich, in der Zeit zurückgereist –, sodass er leider keinerlei Beweise für seinen Verbleib während der fraglichen Zeit vorlegen könne. Er habe die zwanzig Jahre eben noch einmal durchlebt, im zweiten Durchgang aber ein ganz unspektakuläres Leben geführt. Als er sich vor einigen Jahren zu „erinnern“ begann, bot ihm zunächst das Internetforum des von Bill Ryan geführten Project Avalon die Plattform, seine „Insiderinformationen“ bekanntzumachen. Insbesondere stehe er mit den „Blauen Avianern“ in Kontakt, die wie die „Allianz der Kugelwesen“ (engl.: „Sphere Being Alliance“), der sie angehören, der Menschheit wohlgesonnen seien. In ihrem Talkformat „Cosmic Disclosure“ enthüllen Wilcock und Goode seit 2015 die Einzelheiten über das galaktische Kampfgetümmel, in dem die Allianz der – andernfalls chancenlosen – Menschheit helfend zur Seite springt und nicht nur die „Kabale“ für uns niederringt, sondern auch spirituelle Hilfe zur Anhebung unseres Bewusstseinsniveaus gibt. Die von Gaia TV (vormals Gaiam TV, eine Art Netflix für Spirituelle) ausgestrahlte Show hat „seither so viele verschiedene Geschichten fabriziert, dass es Mühe macht, den Überblick zu behalten. Inzwischen geht die ‚Cosmic Disclosure‘-Show bereits in die siebte Staffel, ohne dass Goode je wegen Geheimnisverrat verhaftet worden wäre“, fasst Fleischer zusammen.1

Michael Salla zitierte Goode 2015 mit der Nachricht, dass „bis zu 100 kugelförmige Raumschiffe in unser Sonnensystem gelangt seien. […] Diese Sphere Alliance würde die Menschheit darin unterstützen, sich von der Kontrolle zu befreien, die von mächtigen Organisationen der Elite auf dem ganzen Planeten ausgeübt wird.“ Als verantwortungsvoller Rechercheur und Autor machte sich Salla natürlich auch Gedanken über die Glaubwürdigkeit solcher Aussagen:

„Wie glaubwürdig ist Goode nun? Wilcock zufolge passen seine Aussagen mit den Informationen mehrerer anderer Insider-Quellen bezüglich (eines oder mehrerer) geheimer Raumfahrtprogramme bzw. außerirdischer Lebensformen zusammen. Auch beim Abgleich mit meiner eigenen Datensammlung […] konnte ich keine Ungereimtheiten feststellen.“2

Andere Forscher wie Richard Dolan wollten sich dieser neuen Form der Plausibilitätsprüfung wildester Behauptungen nicht so recht anschließen. „Michael hat in der Frage der Beweisführung eine andere Einstellung als ich“, erläuterte er in einer spontanen Livediskussion3 mit Bill Ryan, mit der sie einen Monat nach der Konferenz eine längst überfällige öffentliche Diskussion der skurrilen Vorgänge in der UFO-Szene lostraten.

„Ich möchte zunächst sagen, dass ich Michael persönlich mag. […] Aber er argumentiert so: Coreys Aussagen werden durch Leute wie William Tompkins4, Andrew Basiago oder Randy Cramer gestützt. Ich würde dem entgegenhalten, dass das keine wirkliche Bestätigung ist. […] Wenn der Hintergrund keiner dieser Personen bestätigt werden kann und sich auch keine ihrer Geschichten durch irgendetwas tatsächlich Bestätigtes unabhängig untermauern lässt, können sie nicht als Beweis gewertet werden.“

Um zu ergründen, wie Goode eigentlich ins Rampenlicht geraten war, lud ich meinen Kumpel Chris zum Frühstück ein, der zur fraglichen Zeit Moderator beim Avalon-Forum war. Goode sei ihm, so erinnerte er sich, häufig durch großspurige und wenig glaubhafte Behauptungen aufgefallen. So will er bereits im Alter von sieben Jahren regelmäßig außerkörperliche Erfahrungen gemacht und auch die Kunst der Fernwahrnehmung schon im Kindesalter – quasi im Vorbeigehen – ohne große Anstrengungen gemeistert haben. Ohne Hemmungen habe Goode von seinen angeblichen spirituellen Fähigkeiten und Erfahrungen gesprochen, war die Beweise aber stets schuldig geblieben.

Zudem habe er bereits vorhandene Versatzstücke übernommen und ausgebaut; die Geschichte seiner angeblichen Verjüngung etwa habe er von jemand anders adaptiert. Besonders aufschlussreich sei seine Verwicklung in die MILAB-Gruppe innerhalb des Forums gewesen. Über private Nachrichten habe er Kontakt mit vielen MILABs aufgenommen, um ihnen professionelle psychologische Hilfe anzubieten. Seine „anmaßenden und grob fahrlässigen“ Aktivitäten seien erst aufgeflogen, als sich eine der Betroffenen an Bill Ryan wandte, da Goode ihre persönliche Geschichte in völlig verzerrter Form öffentlich wiedergegeben hatte. Auf meine Frage, welche Motive Goode wohl angetrieben hätten, äußerte sich Chris vorsichtig und betonte, dass er da nur spekulieren könne; von Anfang an habe er jedoch ein starkes Verlangen wahrgenommen, sich durch abenteuerliche Behauptungen anzubiedern und zu profilieren. Auch hätten die Webmaster schnell durchschaut, dass er mit Sicherheit kein IT-Experte war, wie er eines Tages zu behaupten begann. Chris’ Schilderung deckt sich weitgehend mit Bill Ryans ursprünglich internem und mittlerweile öffentlich gemachten Forumsbeitrag „Die Wahrheit über Corey Goode“5, der zahlreiche weitere Details enthält. Über seine finanzielle Situation habe er z.B. rundweg gelogen; interessant ist auch der Screenshot eines Skype-Gesprächs zwischen einer dritten Person und Goode, in dem Letzterem herausrutscht, er würde auf jemandes Gehaltsliste stehen und einen „Vorgesetzten“ haben.

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https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/die-feindliche-uebernahme-des-ufo-narrativs?context=category&category=17

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