Politik 031 - Gedanken zum Privateigentum und dessen Zukunft

in #deutsch7 years ago (edited)

11. Juli 2017

Abschliessende Gedanken zum G-20 Gipfel [1], der letzte Woche in Hamburg stattgefunden hat, haben schon einige Analysten, Blogger, Journalisten und Politiker formuliert. Ich möchte nicht in deren Riege einsteigen, sondern nur auf ein Thema etwas näher eingehen, das mich seit einiger Zeit umtreibt. Der bekannte Börsenmakler, Fondsmanager und Betreiber der Plattorm cashkurs.com - Dirk Müller - hat in kompakter Form einiges über die wohl in Zukunft zu erwartenden Massnahmen gesprochen [2]. Dirk Müller erwartet als Folge der gewaltsamen Ausschreitungen in Hamburg von vergangener Woche, dass die nicht spezifische, innenpolitische Repression weiter vergrössert wird.

Was mich angesichts einiger Videos und Bilder von teilweise maskierten Menschen, die in Zerstörungswut Autos angezündet, Scheiben eingeschlagen, Polizisten verletzt und Geschäfte geplündert haben, am meisten schockiert hat, ist die Tatsache, dass praktisch nirgendwo das diskutiert wurde, was ich für Kern des Problems halte. Es handelt sich ausnahmslos um Fälle des Nichtachtens von Privateigentum. Jede Verletzung von Privateigentum kann als Diebstahl oder Raub ausgedrückt werden. Wer gegen einen anderen Menschen gewalttätig vorgeht, raubt mindestens temporär dessen Recht auf körperlicherliche Unversehrtheit. Wer andere (Unschuldige) zu etwas zu zwingen versucht, stiehlt deren Recht auf Selbstbestimmung. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass jeder Mensch alleiniger Eigentümer seiner selbst ist. Wenn man wirklich respektvoll miteinander umgehen will, muss man zwingend versuchen, nicht nur die groben Vergehen an privatem Eigentum zu vermeiden, sondern auch die kleinen, das ist für mich moralisch richtig. Es muss eine Kultur der Nichtduldung des Diebstahls vorhanden sein, was momentan nur wenig der Fall ist. Sehr oft wird Diebstahl als geeignetes Mittel zum Zweck verharmlost.

Das Problem liegt also zumindest meiner Ansicht nach nicht darin, dass der Staat zuwenig stark [3] wäre. Es liegt auch nicht an zu wenig vorhandenen Gesetzen. Auch liegt es nicht darin, dass die Leute, die genannte Straftaten begehen, zu wenig überwacht würden. Das werden sie sehr wohl, denn wie seit einiger Zeit immer wieder berichtet wird, ist die entsprechende Szene einigermassen kontrolliert, der Staat ist unter anderem auch in die Finanzierung der «Antifaschistischen Aktion e. V.» eingebunden.

Ähnliche Berichte gibt es auch für die Gegenseite, es wird vielfach vermutet, dass ein substantieller Anteil der national-sozialistischen Partei NPD über Beziehungen zum Verfassungsschutz verfügt. Zur Kontrolle der Dialektik aus These und Antithese im Bereich des Extremismus macht das durchaus Sinn. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass unkontrollierte Dynamiken im politischen Extremismus meist sehr unschöne Konsequenzen haben. Wer den Extremismus kontrolliert und klein halten will, darf ihn auf keinen Fall in substantiellem Masse finanziell unterstützen, was aktuell aber getan wird. Deswegen kann die Politik nur dann glaubwürdig sein, wenn sie diese finanzielle Unterstützung auf ein Minimum herunterfährt. Die Bestrafung extremistischer Straftäter bedarf schliesslich nicht der Einflussnahme der Politik, sie unterliegt der Justiz, die dazu verpflichtet ist, Urteile im Namen des Volkes zu sprechen.

In einer analytischen Betrachtung von Links- und Rechtsextremisten gibt es aus meiner Sicht viel zuviele Punkte, die die beiden Gruppen eint und nicht separiert, sie können sich untereinander noch so verfeindet präsentieren. Ich hänge in dieser Sache eher der libertären Ansicht an, dass sowohl die Sozialisten, als auch die Nationalsozialisten oder Rechtsextreme Elemente des «Kollektivismus» sind.

Wichtigstes Element des Kollektivismus ist das Höherstellen eines meist nur diffus definierten «Gemeinwohls» über das «individuelle Wohl des Einzelnen». Das Problem dabei ist, dass es kaum je einen Konsens über das Wesen und die Bestandteile des Gemeinwohls gibt und deswegen der Instrumentalisierung dieses Gemeinwohls insbesondere durch Autoritäten und Manipulatoren Tür und Tor geöffnet ist. Ich bin deswegen ein Anhänger des Individualismus und der individuellen Freiheit. Einem Lebensmodell, in dem jeder dazu schaut, dass er sein Leben weitestgehend im Griff hat, für sein Umfeld nach seinen Möglichkeiten ein Segen ist, sich produktiv betätigt und zusieht, seine Mitmenschen nicht zu schädigen. Ludwig von Mises hat in seinem Buch «Die Gemeinwirtschaft» [4] sehr anschaulich erklärt, dass Altruismus und Egoismus nie vollständig voneinander separierbar sind. Wer versucht, sein Leben in Ordnung zu halten, ist also dazu gezwungen, Verantwortung zu übernehmen und muss auch die Bedürfnisse, Rechte und Freiheiten seines Umfelds berücksichtigen. Dazu ist es für mich viel einfacher, meine Eigeninteressen zu formulieren und zu vertreten, als zu versuchen, mir zu überlegen, was für ein ganzes Volk oder eine Gesellschaft gut und richtig sein soll. Wer seine Eigeninteressen ehrlich formuliert, gibt auch einiges von sich preis, etwa wie es um seinen Arbeitsethos bestellt ist, ob er gerne selbst etwas tut oder lieber andere für sich arbeiten lässt oder glaubt, seine Arbeit müsse unabhängig von seiner Leistung finanziell fürstlich honoriert werden.

Sobald jetzt aber jemand kommt, Institutionen, Organisationen oder eine angebliche Autorität, um auf die individuelle Gestaltung des Lebens der Individuen und deren Interaktion mit dem persönlichen Umfeld Einfluss zu nehmen, kann man davon ausgehen, dass dadurch

  1. die individuelle Freiheit eingeschränkt wird,
  2. Konflikte geschürt werden, weil einige konform sein wollen und andere zum selben Verhalten zwingen
  3. durch von oben diktierte Umgangsformen der zwischenmenschliche Umgang schwieriger und weniger effizient wird.

Das grösste Problem der Demokratie aktuell liegt darin, dass die Lager rechts und links, von den Extremisten abgesehen, sich gegenseitig nicht besonders weh tun wollen oder sich sogar als grosse Mitte begreifen. Vieles, über das vor einigen Dekaden gestritten wurde, wurde eingeführt und von beiden Seiten akzeptiert. Es gibt auch Leute, die von einem Herrschaftskollektiv oder Einheitsparteien an der Macht sprechen, weil in vielen ehemaligen Konfliktgebieten nun der Konsens regiert. Was ist daran problematisch? Wenn jedes Lager Probleme sieht und diese mit einem Ausbau des Staatsapparates beantworten will, wird es zwar in den einzelnen Sachen immer noch Reibereien geben, nicht aber beim Ausbau des Staates.

Mir gefällt diesbezüglich die Analogie, die Mark Passio einmal geprägt hat [5], besonders gut. Die Linken wollen den «Mama-Staat», den Sozialstaat, der sich um alle gesellschaftlichen Belange kümmert. In dem ein bedingungsloses Grundeinkommen bezahlt wird, jeder ein wenig das tun kann, was er möchte und dabei trotzdem im Wohlstand leben kann. Allerdings muss auch dieser Lebensstil finanziert werden und sobald einige dafür mehr tun als andere und gleichzeitig kein Anreiz besteht, den Mehraufwand auf sich zu nehmen, wird die Produktivität der Leistungsfähigen auch abnehmen, mit dem Resultat des Absinkens des Wohlstandes. Die Rechten wollen den «Papa-Staat», den Ordnungsstaat, in dem mit harter Hand kontrolliert wird, ob sich die Menschen an die aufgezwungenen Gesetze und Vorschriften halten. Auch dieser Entwurf braucht einen grossen Staatsapparat und wird teuer werden.

Diese beiden Entwürfe sind die, die aktuell in der Politik und der Berichterstattung dominant sind. Nebeneinandergelegt mag der Konsens nicht allzugross sein, aber wenn nicht dauernd für individuelle Freiheit, Eigenverantwortung und pro eigenes Risiko für den eigenen Erfolg geworben wird, ist die Gefahr sehr gross, dass schlussendlich eine gesellschaftliche Ordnung entsteht, in der kaum mehr Platz für Freiheit ist. Um diese Sache noch weiter auf die Spitze zu treiben, vermittelt man den Menschen möglichst ständig eine Angst vor gesellschaftlichem Abstieg, vor der Ächtung, die ein Scheitern mit sich bringt oder vor Unordnung und Chaos, die durch das Freilassen von lebendigen Abläufen angeblich zwangsläufig entstehen. Ich betrachte also das Rechts-Links-Schema als eine sehr eng begrenzte, wenig taugliche Dialektik. Für mich ist die Dialektik Freiheit-Unfreiheit eine bessere. Das Rechts-Links-Schema passt in dieses längst hinein und muss mindestens meiner Ansicht nach eindeutig in den unfreiheitlichen Bereichen eingeordnet werden.

Da wie gesagt, beide dominanten Seiten für ein kostenintensives System stehen, werden sie, wenn es um die Finanzierung desselben geht, wenig Spass verstehen. Einen Teil des Streites um Geld machen Konflikte zwischen Rechts und Links aus, in denen die eine Seite der anderen vorwirft, zu viel Geld zu brauchen. Den weitaus grösseren Teil wird der nur selten erwähnte Konflikt zwischen den produktiven Bürgern und der Verwaltung sein, denn diese werden gezwungen, alle Ausgaben des Staates zu decken und gleichzeitig für die Schulden zu bürgen. Teilweise wird ihnen wenigstens gestattet, mittels Wahlen und Abstimmungen innerhalb der Rechts-Links-Dialektik gewisse Änderungen anzubringen, deren Wirkungstiefe aber meist auf ein kosmetisches Niveau begrenzt bleibt. Ich habe von wenig Spass hinsichtlich der Finanzierung des Staatshaushaltes geschrieben. In anderen Worten ausgedrückt heisst das, dass in ein grosser Staatsapparat mit grossem Geldhunger die Achtung und der Schutz des Privateigentums auf Dauer kaum hochgehalten werden kann. Mindestens ist die Gefahr sehr gross, dass die Achtung des Privateigentums erodiert. Die erwähnten Extremisten halte ich in dieser Sache für Erfüllungsgehilfen.

Für mich geht, sobald man beginnt, sich freiheitlich zu orientieren und man so oft wie möglich versucht, wirklich selbständig zu denken, noch einmal eine neue Welt auf. Mir geht es auch persönlich besser, seitdem ich einer Reihe von Konventionen und angeblichen Regeln den Rücken gekehrt habe und vermehrt eigene Wege gehe, auch intuitiv. Mein Verhältnis zu vielen Mitmenschen hat sich seither sogar gebessert. Einige mögen das für verdächtig halten oder mich für einen potentiellen Querulanten. Persönlich erlebe ich das etwas anders, denn ich erlebe mich selber viel bewusster und in höherem Masse dazu fähig, die Empfindungen der Menschen in meinem Umfeld zu verspüren.

Das gestiegene Bewusstsein hat mindestens bei mir unmittelbar dazu geführt, dass mein Pflichtbewusstsein und mein Wille, überall hohe Qualität abliefern zu wollen, gestiegen sind. Dies nicht aus der Position des Arbeitssklaven, der so rasch wie möglich im Hamsterrad rotiert, sondern aus der Position eines Erwachsenen, der wertschöpfend tätig sein will und dabei auf seine erlernten Fähigkeiten vertrauen kann. Wer bewusster lebt, zeigt ein höheres Mass an Selbstbeherrschung und weiss, welche Verpflichtungen er eingeht oder an welche Regeln er sich zu halten hat. Natürlich ist jemand, der in vielen Bereichen versucht eigenständig zu sein, kein Kandidat für Vorzeigekonformismus und vorauseilendes Abnicken. Aber ich sehe es bei mir so, dass ich mich viel besser an Vereinbarungen halten kann, wenn ich mich bewusst dafür entschieden habe.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gruppe_der_zwanzig_wichtigsten_Industrie-_und_Schwellenl%C3%A4nder
https://de.wikipedia.org/wiki/G20-Gipfel_in_Hamburg_2017
[2] Dirk Müller: Folgen von G-20 - Repressalien für Jedermann. Cashkurs.com YouTube Kanal, 10. Juli 2017
[3] «Die verstehen nur einen starken Staat». bazonline.ch, 10. Juli 2017
http://bazonline.ch/ausland/europa/die-verstehen-nur-einen-starken-staat/story/29942586
[4] «Die Gemeinwirtschaft», Ludwig von Mises, 1932
«IV. Teil: Der Sozialismus als sittliche Forderung», Abschnitt «I. Sozialismus und Ethik», Seiten 363-372 https://mises.org/library/die-gemeinwirtschaft
[5] Mark Passio Democrats Have Mommy Issues & Republicans Have Daddy Issues. Mark Passio, The Great Work YouTube Kanal, 27. August 2015


Mark Passio - Cosmic Abandonment. Mark Passio YouTube Kanal, 14. Januar 2014. Von 1:49:00 bis 1:53:00
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WOW very informative post sir.

Thank you for the comment.
But it is not written in English though.

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