Windtürme im Iran: Klimaanlage ohne Strom

in #deutsch5 years ago

Unser erstes Ziel nach Isfahan war Kashan, 250km südlich von Teheran und somit Richtung Norden. Falsche Richtung im Winter? Nicht ganz, denn Kashan liegt fast 700m tiefer als Isfahan und dadurch fuhren wir fast in den Frühling.

Wir bezogen Unterkunft im Puppenmuseum, oder besser gesagt: über dem Puppenmuseum, welches sich bis zu 2 Etagen unter uns unter der Erde befand. In Kashan wird es im Sommer extrem heiß und so werden dort die Häuser in den Erdboden gegraben und nur wenige Räume eines Gebäudes befinden sich über der Erdoberfläche.

Genau diese Häuser sind das Besondere an Kashan, einem alten Handelsort für Perserteppiche. Der Teppichhandel hat in der Vergangenheit die Stadt reich gemacht und bis heute gibt es die 200-300 Jahre alten Häuser dieser Händler zu bestaunen, welche mehr Palästen als Wohnhäusern gleichen. Jedes Haus ist anders und auf seine eigene Art wunderschön! Nur ein Bauschema haben alle Häuser gemeinsam: Innenhöfe haben große Wasserbecken, es wird in die Tiefe gebaut und Windtürme sorgen für ein trockenes und kühles Klima in den Räumen.

In einem Haus konnte man sich in das Fundament eines Windturmes stellen, welches früher als „Kühlschrank“ genutzt wurde. Im Inneren eines Windturmes befinden sich vier senkechte Kanäle. Bläst nun der Wind in einen Kanal hinein, strömt Luft in die Basis des Turmes. Durch einen windabgewandten Kanal strömt die Luft dann wieder nach oben, wodurch ein Unterdruck entsteht und kühle Luft aus dem Keller des Gebäudes oder von einer im Keller befindlichen, belüfteten Wasseroberfläche (Zisterne, Brunnen oder Wasserkanal) angesogen wird. So wird bei Wind das Haus angenehm kühl gehalten.

Weht kein Wind und das Haus heizt sich durch Sonneneinstrahlung auf, wirken die Windtürme trotzdem, denn die warme Innenluft kann durch die Windtürme aufsteigen und durch dadurch entstehenden Unterdruck genauso die kühle Luft aus dem Untergrund ansaugen. Das funktioniert nachts besonders gut und ermöglicht auch im Sommer einen kühlen Schlaf. Weht nachts Wind, ist der Effekt noch intensiver.

Als ich im Windturm stand, konnte ich den leichten Luftstrom deutlich fühlen. Ein ganz einfaches und höchst effektives System, welches bis heute in vielen iranischen Städten genutzt wird, um die heißen Sommer auch ohne stromfressende Klimaanlage angenehm zu überstehen. Im Winter kann man die Öffnungen übrigens verschließen, damit die Wärme im Haus bleibt. Clever, oder?

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Geniale Technik! 👌
Danke fürs Erklären und die schönen Bilder :)

Danke! Bei den Fotos habe ich geschummelt. 2 davon sind analoge Fotos von 1996, die digitalisiert wurden. :-)

Hallo @travelove, toller Bericht über die Kühlung in den Windtürmen, auch die Fotos sind super. Liebe Grüße Alexa

Im Winter bringt man mit der Technik sogar Wasser in sogenannten "Eishäusern" zum Gefrieren.

Das ist ja echt interessant danke für die nette Antwort. Alexa

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