Natur & Kultur pur: Armenien

in #deutsch6 years ago

Ihr habt länger nichts von uns gehört. Das liegt zum einen daran, dass wir lange kein „brauchbares“ WiFi hatten und zum anderen daran, dass wir wenig Zivilisation um uns hatten. Wir waren einfach „draußen“. Draußen in der Natur, in den Bergen, an Seen und unterm Sternenhimmel.

Zuletzt haben wir Euch aus Goris berichtet, wo wir ein Zimmer mit gutem Internet hatten, damit ich arbeiten konnte. Und wo Jan noch ein Video geschnitten hat, was unser Pferdetrekking in Georgien und den ersten Teil unseres Aufenthaltes in Armenien zeigt:

Von Goris aus haben wir einen Spätnachmittagsausflug zu einer Hängebrücke gemacht, die über eine Schlucht zu einem Höhlendorf führt. Was uns keiner gesagt hat: zu der Brücke geht es 420 Treppenstufen die Steilwand hinunter – und auch wieder hinauf!

Die Brücke selbst wurde von einem lokalen Unternehmer erbaut, der damit den Tourismus in der Region stärken möchte. Die 165m lange Brücke wurde 2012 gebaut und sieht aus, als hätte man ausrangierte Gitterboxen recycled. Wahrscheinlich ist das auch so. Löcher im Boden werden, ganz pragmatisch, mit Zeltheringen geflickt. Was wir auch nicht wussten: als Frau muss man auf der Hängebrücke laut kreischen, sich am schwankenden „Geländer“ festhalten, hysterisch lachen und viele Selfies dabei machen. Habe ich völlig falsch gemacht. Ich bin einfach rüber gelaufen, Jan hinterher.

Auf der anderen Seite der Schlucht gelangt man über die Brücke in ein nun verlassenes Höhlendorf namens (Achtung, Zungenbrecher!) Chndsoresk, welches die letzten Bewohner in den 1980er Jahren verlassen haben. Während des Krieges um Bergkarabach wurde das Dorf kurzzeitig wiederbelebt, als die Höhlenhäuser als Zufluchtsort bei Beschuss dienten.

Die meisten der wenigen Besucher gaben sich mit den ersten Höhlen zufrieden, wir liefen über die kleinen Trampelpfade bis zu einer von 3 Kirchlein, die entlang der Schlucht auf 3km Länge für die Höhlenbewohner errichtet wurde. Dabei sahen wir auch, wie die Hängebrücke auf dieser Seite der Schlucht befestigt ist: einfach ein Stahlseil durch Fenster und Tür einer Wohnung gefädelt, fertig! Dass es sich dabei um bröseliges Tuffgestein handelt, hat keiner bedacht. Der erste große Riss in der Wand ist schon sehr deutlich zu sehen. Fahrt also schnell hin, bevor die Wand der Höhlenwohnung nachgibt!

Im Oktober wollen wir ja in den Iran reisen. Weil es zur Grenze aber zwei mögliche Routen gibt, die uns beide ans Herz gelegt wurden, beschlossen wir, einfach eine Acht zu fahren, alle Routenoptionen auszuprobieren und dann im Oktober die schönste Variante nochmal zu fahren. Die einzige Stadt zwischen Goris und dem Iran ist Kapan, welche von Goldminen lebt. Auch Kupfer, Zink und Silber werden dort abgebaut. Um die Metalle aus dem Erz zu gewinnen, wird unter anderem mit Quecksilber gearbeitet. Die quecksilberhaltigen Abwässer und Schlämme werden dann einfach in Seen geleitet, welche zwar verlockend türkisblau leuchten, aber nichts anderes als Giftbrühe sind. Und weil auch das Grundwasser mit Schwermetallen verseucht ist, sollte man rund um Kapan nicht wirklich Obst und Gemüse essen. Wir haben es trotzdem gewagt, dort zu Mittag einzukehren.

Wir fuhren über einen 2500m hohen Pass, auf dem ein Schäfer saß und über den sich schwer beladene LKW im Schneckentempo quälten. Während wir die Aussicht genossen, knatterten zwei iranische Motorradfahrer herauf. Ohne eine gemeinsame Sprache freuten wir uns an dem Treffen und begutachteten unsere Motorräder. Dass ich wie sie mein Motorrad nur mit Kickstarter starten kann, war eine für sie sicher unerwartete Erkenntnis. Wir fanden die von „Mama“ aus LKW Plane genähte iranische Gepäcklösung interessant und weil der „Waldschrat“ der beiden schnell zur Grenze weiter wollte, war unser Treffen nur kurz, aber sehr intensiv.

In Meghri, dem Grenzdorf, hatten wir ein Zimmer in Sichtweite der Grenze, welches wir aber zunächst nur von außen sahen, denn zuerst mussten wir Tee trinken. Und frische Feigen aus dem Garten essen. Und frisch gekochte Feigenmarmelade mit Lawaschbrot probieren. Und Feigenkompott essen. Und noch mehr Tee trinken. Die Gastfreundschaft in Armenien ist ein Vorgeschmack dessen, was uns im Iran erwartet!

Ein paar Tage zuvor hatten wir zufällig einen Deutschen getroffen, der sich als freier Journalist des Motorrad-Magazins „Motorrad & Reisen“ vorstellte und hinter einem Tourguide auf Mietmotorrad unterwegs war. Der nette Autor kam jedoch aus einer völlig anderen Welt als wir und fand es völlig außergewöhnlich, mit dem Motorrad „so weit“ zu fahren und dann auch noch ohne Guide unterwegs zu sein! Lustigerweise gesellten sich dann spontan noch ein deutsch-italienisches Pärchen an den Tisch des Restaurants an der Hauptstraße, die per Anhalter unterwegs waren. Der Tourguide sprach gut Englisch und empfahl uns eine Straße von der Grenze zurück nach Kapan.

Diese Straße führt in unzähligen Kurven und Kehren durch eine wunderschöne Gebirgslandschaft, in der wir auf 100km vielleicht 5 andere Fahrzeuge sahen. Warum dort niemand fährt, ist uns bis heute unverständlich, denn der Straßenzustand ist dort sogar besser als auf der viel bereisten Transitstrecke Richtung Iran! Ein Grund könnte sein, dass diese Route knapp 20km länger ist und der „Reisende von heute“ keine Zeit mehr hat. Wir trafen an einer Tankstelle in Kapan einen Polen, der gerade aus Turkmenistan kam und meinte, Armenien sei ein kleines Land, er sei nun schon 2 Tage da, es gäbe ja nichts zu sehen und er fahre jetzt noch nach Eriwan. Es war 15 Uhr und Eriwan 297km entfernt…

Wir waren schon 2 Wochen im Land und hatten noch so viel vor! Um die letzte Route noch kennen zu lernen, verließen wir den Asphalt und befuhren eine Straße, die früher asphaltiert war, es aber heute nicht mehr ist. Nach einem äußerst kreativen Routenvorschlag von Jans GPS über Wege, die vor 10 Jahren vielleicht noch passierbar waren, fanden wir einen schönen Übernachtungsplatz an einer Quelle inmitten von Brombeeren.

Wir schlugen unser Zelt mit Blick auf die Berge auf und fraßen Brombeeren. Nein, wir aßen nicht, wir fraßen wirklich, so viel wuchs um die Quelle und unser Zelt herum! Und weil der Platz so schön war, beschlossen wir spontan, noch eine zweite Nacht im Brombeerparadies zu bleiben und die Natur (und Brombeeren) zu genießen.

Bevor wir uns am dritten Tag auf den Weg machten, nutzten wir das Quellwasser für eine Dusche aus unserem Wassersack. Welch ein Luxus, in der weichen Morgensonne unter einer Eiche zu stehen, auf die Berge zu schauen und sich dabei unter warmem Wasser die Haare zu shampoonieren!

Die Strecke führte weiter nach Tatev, dem Ort mit dem von Touristenmassen überfallenen Kloster. Doch schon von Weitem sahen wir: der Busparkplatz war leer, der Innenhof der Klosters verwaist, keiner da. Wo sind die alle hin? „1. September!“ war die lapidare Antwort, als wir eine Frau nach dem Grund fragten. Wir erfuhren, dass der 1.9. grundsätzlich immer Schulanfang sei. Egal, auf welchen Wochentag er fällt. Und da wird gefeiert und kein Kloster besucht!

Im nächsten Ort wollten wir nur eine Flasche Wasser kaufen, mussten aber zum Tee bleiben. Kein Wunder, dass wir so langsam unterwegs sind! Wir fanden einen wunderschönen Übernachtungsplatz oberhalb eines Stausees mit Blick in die Berge und da wir fernab jeder Stadt waren, war der Sternenhimmel gigantisch schön und klar über uns! Auch hier hält langsam der Herbst Einzug und so kuschelten wir uns auf 2077m bei 7°C in Schlafsäcken unter die Daunendecke.

Auf dem Selimpass steht eine Karawanserei als Relikt aus der Zeit der Seidenstraße und wartet darauf, entdeckt zu werden. Außer einem Obstverkäufer war zunächst niemand da, sodass wir das bestens erhaltene Gebäude auf 2400m ganz für uns hatten. Bald fuhr ein holländischer Kleinwagen vor, aus dem ein Rentnerehepaar stieg. Die beiden hatten ein Zelt dabei und waren in den 1960er Jahren mit einem Volvo schon ein Jahr bis Südostasien unterwegs. Klasse! Dazu geselle sich ein Iveco Van mit deutschem Kennzeichen und deutschem Bewohner, der gerade aus Kasachstan kam. Und sonst kam über eine Stunde niemand. Alle Sehenswürdigkeiten in Armenien sind übrigens kostenlos und bis auf Tatev so schön entspannt!

Der Tag war, verglichen mit den vorherigen Tagen, mit Besichtigungen gefüllt: zuerst die Karawanserei, dann ein Friedhof in Noratus, auf dem seit dem 9. Jahrhundert Kreuzsteine, sogenannte „Chatschkare“ aufgestellt wurden – und noch werden! Diese früher kunstvoll von berühmten Steinmetzen gefertigten Grabsteine werden heute jedoch meist in Formen aus Beton gegossen. Die handwerkliche Herstellung der Chatschkare durch Steinmetze steht übrigens auf der Liste der immateriellen UNESCO Weltkulturerbe, deren Erkundung wir uns als Reisemotto gesetzt haben.

Als wir im Dörfchen im Laden erfolglos nach Milch fragten, kam der rote Iveco um die Ecke und wir verabredeten uns zum gemeinsamen Kochen und Übernachten auf einer Landzunge des Sewan Sees. Als wir dort ankamen, stand dort schon ein VW Bus aus Wiesbaden und Einheimische grillten an einem großen Lagerfeuer am Strand. Jan wurde sofort zu Vodka verpflichtet, ich kam dazu und als die Leute fertig gegrillt hatten und einpackten, bekamen wir alle Reste geschenkt: ein großes Stück Käse, kiloweise Brot, Gemüse, frische Kräuter, Salat und ein Rest Fleisch. Viel zu viel!

Wir vier Deutschen „Vanlifer“ schnippelten daraus ein opulentes Abendessen und verbrachten einen sehr, sehr schönen Abend in Manuels Iveco. Es tat so gut, nach so langer Zeit mit Langzeitreisenden zu erzählen, die es völlig normal finden, einen VW Bus einer Wohnung vorzuziehen, weil sie selbst nichts anderes machen. Am nächsten Morgen versuchten wir wieder, die geschenkten Vorräte aufzuessen, scheiterten aber wieder und teilten die übrigen Kilos Gemüse unter uns auf, denn Manuel fuhr weiter Richtung Georgien und wir Richtung Eriwan.

Überall um den Sewan See herum wächst Sanddorn, den wir auch schon im russischen Kaukasus wachsen gesehen haben. Nun war er reif und die Beeren leuchteten knallorange in der Landschaft. Da das Pflücken mühsam ist (wegen der langen Dornen) und es am Straßenrand eimerweise Beeren im Angebot gab, hielten wir an einem dieser Straßenverkaufsstände. Doch wir durften unsere Riesenportion Sanddorn nicht bezahlen, der alte Mann wollte kein Geld und schickte uns freundlich, aber bestimmt mit unserer Tüte voll Sanddorn fort, ohne Geld anzunehmen. Als ich mich umdrehte, um zurück zu winken, saß er da und knabberte selig lächelnd die Beeren von einem Sanddorn Zweig ab. Die Menschen hier sind so nett, so gastfreundlich, so offen für Fremde! Was gerade in Deutschland geschieht, ist das krasse Gegenteil. Ich dachte ja, Fremdenfeindlichkeit hat mit mangelnder Bildung zu tun, aber ein armenischer Beerensammler hat mit Sicherheit weniger Bildung genossen als ein sächsischer Nazi. Dummheit hat also nicht immer etwas mit Bildung zu tun!

Weil wir ja schon 4 Nächte in Eriwan verbracht hatten, fuhren wir zu einem 40km entfernt auf dem Dorf liegenden Campingplatz, welcher von Holländern betrieben und von Overlandern geliebt wird. Normalerweise gebe ich grundsätzlich kein Geld für Campingplätze aus, denn um das Zelt aufzubauen, muss man in der Natur nichts zahlen. Und eine Dusche haben wir auch selbst an Bord. Doch dort ist es ausnahmsweise jeden Cent wert: Toiletten, Dusche, Küche und Garten nach holländischem Standard, dazu ein Swimmingpool und jede Menge nette Gäste. Die ersten beiden Abende verbrachten wir mit Dänen, Holländern, Schweizern und Armeniern, tauschten Tipps und Reisegeschichten und veranstalteten zusammen einen Grillabend nach europäischer Manier, der die beiden armenischen Gäste begeistert hat: „Gleiche Zutaten, gleicher Grill, aber ganz anders zubereitet!“ Nach der zweiten Nacht reisten alle ab, sodass Jan und ich den ganzen Luxus für uns alleine hatten. Und auch die ganzen Essensreste für uns alleine hatten. In Armenien mussten wir bis jetzt eigentlich nur 1x selbst einkaufen, so sehr wurden wir immer mit Lebensmitteln reich beschenkt!

An einem Tag sind wir mit einem deutsch-schweizer Pärchen nach Eriwan rein gefahren. Wir brauchten Visa, Bargeld, mobiles Internet, Milchpulver, ein Ladekabel und anderen „Großstadtkleinkram“. Was man halt so erledigen muss, wenn man 2 Wochen „draußen“ war. Die Schweizerin und ihr Freund waren mit einem VW Bus hier und sie erkannte mich von unserem Erklärbär-Kittymobilvideo auf YouTube und sie fragte, wo Kittymobil sei. Mir ging das Herz auf, denn in den letzten Tagen unter VW Bussen habe ich Kittymobil schon manchmal vermisst. Die beiden mit ihrem T5 Synchro sind auf dem Weg in den Iran und gegen den einfach ausgebauten Bulli wirkte der übertrieben große MAN neueren Baujahrs eines Schweizer Pärchens völlig deplatziert. Aber jeder, wie er mag. Wozu man zu zweit einen ganzen LKW braucht, wird sich uns nie erschließen, wir wissen ja noch nicht mal, womit wir alle unsere Schränke im Kittymobil füllen sollen! In Eriwan war ich alleine auf der Suche nach einem Kabel, während Jan in einem Cafe saß. Ich lief durch einen Park und da saßen… die zwei Deutschen Tramper, mit denen wir Anfang Juni in Rumänien in Vama Veche am Strand gecampt hatten! So klein ist die Welt!

Nach 4 Nächten Urlaub in Holland brachen wir auf gen Norden, denn es zeichnete sich ab, dass wir in der nächsten Woche allerhand Freunde in Tiflis treffen würden. Da Jans Hinterreifen sowieso nur noch ein Slick ist, wird es eh Zeit, die im Juli reservierten Reifen zu wechseln und den ersten Ölwechsel zu machen. Als wir am Sewan See vorbei fuhren, war es Mittag und wir hielten an einem Restaurant, an dem alle hielten. Alle. Wirklich alle. Auch Touristen aus Zschopau, die fragten, ob wir denn wüssten, dass bei Ihnen auch Motorräder gebaut wurden. Sehen wir sooooo jung aus? Das Restaurant war nicht ohne Grund so voll: es gab frischen Fisch aus dem See vom Schaschlikspieß mit Brot aus der eigenen Bäckerei. Die Leute standen Schlange! Und wir auch. So lecker!

Wir kurvten weiter hoch in die Berge auf dem Weg zum Debed Canyon, durch den wir vor drei Wochen schon fahren wollten, als er aber gesperrt war. Dass er immer noch wegen Bauarbeiten gesperrt sein könnte, kam uns gar nicht in den Sinn. In einem Kreisverkehr kam uns dann ein bekanntes Auto entgegen: Max mit seinem 4x4 Iveco, mit dem wir in Rumänien am Strand gekocht hatten! Da er damals felsenfest davon überzeugt war, umzudrehen und nach Deutschland zurück zu fahren, war die Wiedersehensfreude groß. Und ganz nebenbei erfuhren wir, dass der Canyon immer noch an einer Stelle gesperrt sei, es werde asphaltiert. Aber Max hatte einen Tipp, wie wir die Sperrung umgehen konnten. Also los!

Auf frischem Asphalt ließen wir uns von einer in die andere Kurve fallen. Nur Pet hatte keine Lust. Den ganzen Tag schon fuhr sie sich schwammig, mit jeder Kurve wurde es schwerer, sie in der Spur zu halten. Ich vermutete das Radlager und sagte Jan über unsere SENA Intercoms, dass ich beim nächsten Stopp danach schauen wolle. Es stellte sich heraus: das Radlager war tatsächlich vorne hinüber. Wir überlegten kurz und entschieden, es sofort zu wechseln, denn die von Max beschriebene Strecke war 1. offroad und hörte sich 2. anspruchsvoll an, denn er hatte gesagt „man kommt halt sehr langsam vorwärts“.

Eines der beiden Radlager war so hinüber, dass es rasselte. Wir hatten Ersatz dabei und es gab keinen besseren Platz zur schnellen Reparatur als vor der kleinen Imbissbude. Wir wurden mit Kaffee versorgt und bekamen am Ende einen Spritzer Spüli auf die Hände, um sie an einer Quelle wieder babyrosa zu waschen. Nach 26 Minuten waren die Radlager getauscht und wir konnten weiter. Und es war wirklich gut so, die Radlager sofort getauscht zu haben!

Der Polizist an der Straßensperre sagte, es dauere bis 20 Uhr, bis er die Straße wieder frei geben könne. Armenische Uhrzeit natürlich, also vielleicht 21 oder 22 Uhr? Wir drehten um und fanden den von Max beschriebenen Abzweig. Es ging in engen Serpentinen sehr steinig die Wand hinauf, über ein wunder- wunderschönes Plateau mit toller Aussicht im warmem Abendlicht und dann an einem einsamen, verlassenen Kloster vorbei wieder steil hinunter an einem Fluss entlang, um sich dann wieder sehr steinig und felsig die nächste Felswand hoch zu winden.

Solche Umwege sind die Allerschönsten! Außer einem einzigen Auto auf 30km haben wir niemanden gesehen und nur die wunderschöne Landschaft genossen! Und ja, durch die Felsen kam man langsam vorwärts, aber sehr lohnenswert!

In Alaverdi angekommen, war es durch den Umweg später als geplant und wir hatten keine Lust mehr, aus dem Haus zu gehen, denn draußen gewitterte es heftig. Unsere Gastgeberin erkannte unser Dilemma und stellte uns kurz entschlossen zwei Teller Abendessen hin. Zucchinibratlinge mit Nudeln und Auberginenpaste. „Sorry, no meat“, entschuldigte sie sich. Nach dem Essen brachte sie eine ganze Kanne Melisstentee und selbstgebackenen Kuchen. Einfach so. „No pay, you are my guests!“ Wir waren überwältigt von der Gastfreundschaft. Mal wieder. Und insbesondere vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Deutschland. Wir sind hier Ausländer und werden an jeder Ecke beschenkt und hofiert. Wie geht man in Deutschland mit Ausländern um? Wir haben dazu spontan ein Video gedreht:

Am nächsten Morgen saßen wir mir einer irischen Familie bei unserer Gastgeberin am Küchentisch zum Frühstück. Der Ire erzählte uns von einem Kloster, das völlig untouristisch sei und wunderschön. Außerdem empfahl er uns das Museum zum Designer der MIG (Flugzeug). Da wir das Gefühl hatten, seit dem Kloster Noravank keine uns beeindruckenden Kloster mehr gesehen zu haben, waren wir dankbar für den Tipp und fuhren zum MIG Museum. Das hatte leider zu.

Spontan wendeten wir und fuhren doch zu dem Kloster, vor dem uns bisher alle gewarnt hatten, dass es dank UNESCO Weltkulturerbe Schutz furchtbar touristisch und überlaufen sei: Sanahin. Wir liefen die Treppen hoch und: es war keiner da! Das Kloster ist eines der besterhaltendsten mittelalterlichen Köster Armeniens und architektonisch ganz anders als die, die wir bisher gesehen hatten! Im warmen Herbstlicht unter bunten Blättern und ohne eine einzige Menschenseele wirkte der Ort fast mystisch auf uns! Aber nicht lange. Dann kam ein Reisebus voll Asiaten in knallbunten Plastikklamotten und zwei Sprinterbusse voll weiterer Besucher. Wir flohen und waren dankbar, das Kloster so mystisch speziell erlebt zu haben!

Das vom Iren empfohlene Kloster ist für Reisebusse unerreichbar, dadurch sehr einsam und es enthält so gut erhaltene Fresquen, wie kein anderes Kloster in Armenien. Außerdem ist es inmitten einer Festung und schon dadurch besonders. Wer also meint, „alle Klöster sind gleich“, der irrt! Wir haben in Armenien 5 verschiedene gesehen und jedes für sich war einzigartig und besonders. Nur nach Tatev würden wir nicht mehr fahren, das hat uns nicht gefallen. Die Fresquen im Kloster Akhtala waren wirklich beeindruckend und gut erhalten, ganz bunt!

Nachdem wir uns an einer Bäckerei mit Obst haben reich beschenken lassen, sind wir nach Georgien eingereist. Als wir Richtung Grenze fuhren, sagte Jan „Komm, lass uns nach Hause fahren“. Und so fühlt sich Georgien mittlerweile wirklich fast an. Wir wollen zu den Wüstenklöstern von David Garedja, und um nicht durch Tiflis zu gurken, nahmen wir kleine Pisten querfeldein. Also: mein Navi sagte, es seien kleine Pisten, unsere Papierkarte meinte, es sei eine rote, gut ausgebaute Straße. Mein Navi (maps.me) hatte recht, wir hatten unseren Spaß.

Weil wir bei zwei Omis unterwegs an einem Imbiss lecker gegessen hatten, fuhren wir bis zum Sonnenuntergang über Murmelsteinpisten und hielten dann an, um unser Zelt aufzustellen. Wir hatten im Gegenlicht nicht gesehen, dass wir dies in der Nähe eines kleinen Gehöftes taten. Zum Frühstück kam dann einer der Bewohner vorbei, um nach uns zu sehen und um unser Zelt zu begutachten. Sehr süß! Als er uns samt Zelt begutachtet hatte, griff der Opi zum Handy und rief jemanden an. Wir stellten uns vor, dass er seiner Frau „alles gut!“ berichtete.

Nach dem Frühstück ging der Spaß über steinige Pisten weiter. Der nächtliche Regen hatte ein par Schlammpfützen hinterlassen, aber Pet und Oskar ließen sich den Spaß nicht verderben und wir hatten Fahrspaß pur in einer Steppenlandschaft, die uns begeisterte. Wunderschön!

Am Vormittag kamen wir am berühmten Kloster David Garedja an. Dort wohnen Mönche in Höhlenwohnungen und das Kloster ist mit einer Festungsmauer umgeben. Leider ist aber alles entweder rekonstruiert oder frisch renoviert, sodass wir uns wie auf einer mittelalterlichen Burg am Rhein fühlten. Die angepriesenen Fresquen waren gegen die Fresquen vom Vortag in Armenien einfach lächerlich vernachlässigbar.

Enttäuscht saßen wir vor den Klostermauern. Natürlich war die Lage des Klosters einzigartig, die Landschaft drumherum atemberaubend, aber das Kloster an sich hat uns ins keinster Weise so berührt wie auch nur ein einziges Kloster in Armenien! Es wurde Zeit, nach Tiflis zu fahren und das „Kapitel Kloster“ in Georgien zu schließen. Über wunderschöne steinige Pisten flogen Pet und Oskar der Hauptstadt entgegen. Hier bekommen sie nach etwas über 10.000km neue Reifen und den ersten Ölwechsel. Und dann schauen wir uns in Georgien weiter um!

Was wir bis zum Kloster Tatev in Armenien erlebt haben, hat Jan in diesem Video zusammengefasst:

Das Armenien Fotoalbum ist auf Facebook hier zu finden: Unsere Fotos aus Armenien Auf unserer Webseite gibt es nun auch die Armenien Fotos zu sehen und unter einem neuen Reiter auch alle Videos.

 

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Super Artikel - upvoted und resteemed! :)

Danke!

Großartiger Artikel und absolut undervoted!!! Wo sind die ganzen Upvotes!! Ihr müsstet mindestens zweistellig sein, was den Steemwert betrifft, weil der Bericht ist ganz toll geworden. ja, oder so wie @kadna sagt, mehrere Berichte daraus machen, dann kann man das kompensieren.

DAnke! Für mehrere Berichte bräuchten wir mehr Internet :-) Das ist beim Reisen halt nicht immer da :-) Freut mich sehr, dass es gefällt! LG aus Tiflis (Georgien) :-)

Wow - was für ein toller Reisebericht und was für ein interessantes Land! Da hättet ihr auch drei Artikel draus machen können. Das Video am Schluss ist super! Die Blickwinkel, die Szenerien, und vor allem die Musikuntermalung sind der Hammer! Resteeme..

Danke! Da wir aber reisen, viel zelten und kein Internetkabel hinterher ziehen, ist das mit den mehreren Artikeln leider nicht machbar. :-(

Das macht Sinn ;-) Ist ja auch wieder typisch, dass man (also ich) gleich an Effektivität und Belohnung denkt. Wenn ihr Freude habt an eurem Wirken ist ja alles gut... Wie wäre die Welt ohne Strom hihi...

Posted using Partiko Android

:-) Würde auch die Reise bischen versauen: am Bergsee mit dem Laptop im Internet surfen, statt die Kulisse unterm Sternenhimmel zu genießen :-)

haha - das wär's noch!!! ;-) Schön, wenn noch live genossen werden kann ;-)

Wow, was für ein toller Bericht.... Da bekommt man direkt Fernweh. Das ist mir einen Resteem wert!

Danke! Das mit dem Fernweh war volle Absicht. Fahr hin, bevor der (Massen-) Tourismus das kleine Land entdeckt! Hier kannst Du noch mehr über Armenien von uns lesen: https://steemit.com/deutsch/@travelove/armenien-schlaeft-noch

SO GOOOD, love most of the pictures :)

Good job.Want to see more posts on future.Good luck @rdnblogs

This is what traveling is about. Love it

Wäre schön, wenn Du dabei wärst! Hätten Dich gerne hier!

Sehr schöner und interessanter Bericht! Eure Reise ist wirklich besonders eindrücklich und wir teilen die Meingun, weshalb man zu zweit einen LKW braucht mit euch ;)
Als kleiner Tipp, ich würde den Text das nächste mal in zwei oder sogar drei Teile teilen, denn es ist recht ermüdend solch lange Texte zu lesen. Zudem freut man sich umso mehr, wenn dann der nächste Teil erscheint ;)

Ich denke allerdings, das hat auch mit dem fehlenden Internet zu tun :)
Beste Grüße aus dem Van
Sarah

Hi Sarah, ja, das Internet muss schon stabil genug sein, um sowas zu machen. Und da wir meist wild campen, sind wir oft viele Tage am Stück ohne WiFi. Und wenn es LTE Empfang gibt, setze ich mich sicher nicht mit Laptop an nen tollen Bergsee, um online zu gehen :-) Wenn wir WiFi haben, dann erledigen wir a einem Tag alles, um dann wieder lange offline zu sein...

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