Mit dem Zug gen Süden!

in #deutsch5 years ago

Es war wieder mal so weit: Ich begann mit der Küchenwaage meine T-Shirts abzuwägen. Keine Sorge, ich war nicht völlig verrückt geworden, aber als mittlerweile erfahrene Interrailerin wusste ich, dass sich jedes Gramm im Rucksack bemerkbar macht und meistens im Zuge der Reise einiges an Gewicht dazukommt. Hätte ich nur Gewand einpacken müssen, wären selbst 10 Kilo für 3 Wochen kein Problem gewesen, aber alleine Zelt, Schlafsack, Unterlagsmatte und feste Schuhe wiegen schon 4 Kilo.

Unser VW Bus durfte mich dieses Mal nur zum Bahnhof nach St. Pölten bringen, wo ich 2 meiner Mitreisenden traf. Die Gruppengröße variierte während der Reise zwischen 4 und 7 Personen. Ich würde nicht empfehlen mit einer noch größeren Gruppe zu reisen, da schon mit 7 Leuten sowohl die Festlegung des Zeitraums als auch der Reiseziele eine große Herausforderung war. Mit dem Nachtzug ging es nach Frankfurt und von dort weiter nach Paris. Wenn ich diesen Satz so schreibe, klingt er fast romantisch. Die Realität sah aber leider anders aus. Geizig wie wir waren, reservierten wir nur Sitzplätze, in der Hoffnung trotzdem ein 6er Abteil für uns allein zu haben (ja so viel Glück hatten wir schon einmal). Natürlich waren aber die restlichen Plätze im Abteil belegt. Zuerst war es viel zu heiß, dann viel zu kalt. Immer wieder wurde man von einem Fuß im Kreuz geweckt, manchmal war es auch ein Ellenbogen. In Frankfurt zum Sonnenaufgang angekommen, mussten wir erstmals Bahnhof wechseln, um festzustellen, dass sogar Züge um diese unchristliche Zeit noch schliefen.

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Der Zug nach Paris durfte wohl auch etwas verschlafen haben, jedenfalls hatten wir ein 3/4 Stunde Verspätung. Unsere Laune war dennoch gut und stieg noch weiter an, als wir in Paris endlich die Tickets für die Fahrt von Toulouse nach Barcelona reservieren konnten. Dies war im Vorhinein weder an österreichischen Bahnhöfen noch online möglich. Auch den Reservierungsservice von Interrail konnten wir aufgrund der langen Wartezeiten in der Hauptsaison vergessen. So eine grenzüberschreite Zugfahrt kann wie man sieht selbst in Zeiten der europäischen Union noch ziemliche Probleme bereiten. Generell ist die Reservierungspflicht ein lästiges Thema. Reservierungen sind erstens nicht gerade billig (unsere teuerste Reservierung kostete rund 30€) und zweitens wird einem dadurch Spontanität und Flexibilität geraubt. Reservierungsfreie Regionalzügen waren für uns aufgrund unseres straffen Zeitplans und unserer begrenzten Geduld keine Option.

Paris empfing uns mit offenen Armen und strahlenden Sonnenschein. Zu Fuß erkundeten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Notre-Dame, Sainte-Chapelle, Pont du Neuf, Louvre, Champs Elysees, l´Arc de Triomphe und natürlich der Eifelturm. Uns blieb leider keine Zeit für das oft lange Anstehen und so besichtigten wir nur die Sainte-Chapelle von innen. Besonders erfreulich ist, dass in Paris viele Sehenswürdigkeiten für EU Bürger unter 26 gratis sind. Peinlich wurde ich daran erinnert, dass mein „Sehr Gut“ in der Schule in Französisch eher geschenkt als verdient war. Auf die Frage der Kellnerin, ob ich die Sachen denn zum Hieressen oder Mitnehmen mag, fragte ich zuerst höflich nach, bevor ich mit einem bestimmten „Si“ antwortete. Die Kellnerin nahm es zum Glück mit Humor. Mehr möchte ich auch schon nicht mehr über Paris schreiben, da unser Tag in dieser Stadt eher als ein vorsichtiges Beschnuppern, als ein wirkliches Kennenlernen gewertet werden kann.

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Mit dem Nachtzug ging es weiter nach Toulouse. Die Freude war riesig, da wir dieses Mal sogar Betten hatten und einer erholsamen Nachtruhe (bis 6 Uhr früh zumindest 😊) nichts mehr im Weg stand. Einziger Wermutstropfen war die fehlende Dusche. Nach über 33000 Schritte bei Temperaturen um die 28 Grad waren wir trotz guter Kondition einigermaßen verschwitzt. Ich vermisse die Versuche, eine ordentliche Katzenwäsche in einer viel zu kleinen Zugwaschzelle mit viel zu wenig Wasser zu erledigen, fast ein bisschen. Von Toulouse brachte uns dann dieser besonders reservierungsresistente, grenzüberschreitende Zug in ca. 3 Stunden nach Barcelona.

Dort konnten wir im Hostel „Casa Gracia“ endlich duschen. Ich war schon in einigen Hostels, aber das „Casa Gracia“ hat mich begeistert. Einzig das 6-Bett Zimmer erinnerte uns daran, dass wir in einem Hostel waren. Einrichtung, Bad und inkludiertes Frühstücksbuffet ließen eher an ein mittelklassiges Hotel denken. Auch das Publikum bestand überwiegend aus Familien und älteren Alleinreisenden. Der Preis ist bei rechtzeitiger Buchung für Barcelona trotzdem äußerst fair.

Wir waren uns einig, dass wir den Besichtigungsmarathon von Paris unter keinen Umständen wiederholen wollten und ließen es viel gemütlicher angehen. Zugegeben waren unsere Füße auch noch immer etwas müde und schwerfällig. Wir besichtigten die Sagrada Familia erstmals nur von außen, fuhren mit der Seilbahn auf den Montjuic und am Abend stand der Park Guell am Programm. Leider war ein Teil des Park Guell wegen Bauarbeiten gesperrt. Wirklich ausgesprochen gut gefallen hat mir dann am nächsten Tag das gotische Viertel mit den netten kleinen Gassen. Wir spazierten durch die Stadt und stießen auf wunderbar ruhige Plätze mit netten Lokalen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber eine Stadt mit einer gewissen Gemütlichkeit zu erkunden, führt mich oft an schönere Orte und vermittelt mir einen besseren Eindruck, als ein straffes Sightseeing Programm. Ein Wort möchte ich noch zu der Taschendiebsituation in Barcelona verlieren. Jeder Bekannte und Verwandte hat mich im Vorfeld eindringlich vor den Taschendieben gewarnt und so war ich besonders achtsam. Wir kamen allerdings in keine gefährliche Situation und hatten Glück alle 7 Sachen (zumindest) in Barcelona zu behalten. Wer 100% vor Taschendieben geschützt sein möchte und mit Nadel und Faden umgehen kann, kann sich auf der Innenseite des Hosenbundes kleine Täschchen für Kreditkarte & Co. einnähen.

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In meinem nächsten Bericht gibt es eine Menge Pao de Deus und Pastel de Nata. Ich glaube ihr könnt schon erahnen, wohin uns die Reise führt 😊

Da dies mein erster Reisebericht in dieser Form ist und ich noch ziemlich unbeholfen bin, freue ich mich über zahlreiche Rückmeldungen. Ich werde versuchen, alle Wünsche, Beschwerden, Anregungen in den nächsten Bericht einzubauen.

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Hallo @stelina, Dein Reisebericht hat mir sehr gut gefallen, bin gespannt wie es weitergeht. Upvote und follow anbei. Liebe Grüße Alexa

Danke! :) arbeite gerade an meinem nächsten Bericht

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