Zitate 049 - Rahim Taghizadegan über den echten Dritten Weg

in #deutsch6 years ago (edited)

22. Oktober 2017

Rahim Taghizadegan brauche ich in diesem Blog kaum mehr vorstellen, denn in nicht weniger als drei meiner Artikel wurde er bereits prominent erwähnt [1, 2, 3]. In diesem Zitate-Artikel möchte ich die Dinge präsentieren, die von Rahim Taghizadegan auf der Veranstaltung Sommergespräche 2017 der Firma Süd-Ost Treuhand geäussert wurden. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Privat statt Staat". Beim Zitateteil handelt es sich um ein Transkript des Inhalts des folgenden Videos [4]. Marginal wurde sprachlich etwas nachbearbeitet, Sinnverfälschungen habe ich damit hoffentlich keine produziert.

«In der Geschichte gibt es im wesentlichen zwei Gründe für Vernationalstaatlichung: Das ist 1. Krieg und 2. Sozialismus. Beides ist in der Regel mit Massenmord verbunden. Das ist schon keine gute Ausgangslage.»

«Warum ist der Staat ein so schlechter Unternehmer? Wenn man sich das typische parteipolitische Würstl in Österreich anschaut, verzeihen Sie den Ausdruck, könnte man schliessen, dass es an völliger Inkompetenz und moralischer Verkommenheit liegt. Meine Damen und Herren, da muss ich die Politik in Schutz nehmen. Das ist ein Missverständnis. Nicht dass es Inkompetenz und Verkommenheit nicht gäbe, aber das ist nicht die Ursache. Diese liegt tiefer, sie ist systemisch und liegt an den Anreizen. Dass Menschen, die keine Ahnung von etwas haben, darüber entscheiden, kommt auch in der Privatwirtschaft vor. Aber, der Staat unterscheidet sich davon, dass er der einzige Bereich ist, in dem Menschen, ob sie nun Ahnung haben oder nicht, für die Konsequenzen ihrer Entscheidungen nicht geradestehen müssen oder nur in ganz geringem Ausmass und deshalb nichts daraus lernen. Der Staat ist also eine lernunfähige Institution, die im Wesentlichen durch Leidensdruck oder kollektive Wahnideen zur Veränderung geführt wird.»

«Lug und Betrug gibt es auch im privaten Bereich. Das Prinzip der Gewalt ist, frei nach Vito Corleone, Angebote zu stellen, die man nicht ablehnen kann. Das Prinzip des Marktes ist es, Angebote zu stellen, die man ablehnen kann und das führt zu einer gewissen Disziplinierung. Viele Angebote sind Unfug, viele lassen sich nicht halten. Aber dadurch, dass man sie ablehnen kann, gibt es Wettbewerb, gibt es einen Druck zu lernen, gibt es Innovation. Das ist Kennzeichen der wirtschaftlichen Entwicklung.»

«Dieser Bereich der Angebote, die man nicht ablehnen kann, attraktiv für eine bestimmte Spezies von Menschen. Diese Gattung ist auch im wesentlichen die, die die Illusion am Leben hält, dass wir in einer Marktwirtschaft leben. Da muss ich Sie enttäuschen. Die wurde zu Grabe getragen. Sie ist nicht tot, sondern untot, wir leben in einer Zombie-Marktwirtschaft. Der Archetyp dieser Zombie-Marktwirtschaft ist die Wall Street. Was an der Wall Street geschehen ist, ist, dass auf den Druck durchaus finanzkräftiger Lobbies eine Art Wohlfahrtsstaat für Reiche errichtet wurde. Genauer gesagt ein Wohlfahrtsstaat für Finanzinstitutionen und Grosskonzerne, der das Grundprinzip der Marktwirtschaft nach und nach aushebelt. Nämlich, 1. dass man Angebote ablehnen kann und 2. dass alle für ihre Entscheidungen die Konsequenzen tragen und Verluste tragen, denn sie wollen auch die Profite mitnehmen. Das ist das Grundprinzip.»

«Tatsächlich haben wir es mit einer Geldplanwirtschaft oder Schuldenplanwirtschaft gigantischen, historisch einmaligen Ausmasses zu tun. Es gibt dazu auch eine Gegenseite, ein Gegenmodell, archetypisch zur Wall Street wäre das vielleicht heute Venezuela. Der Ruf nach mehr Staat, mehr Verstaatlichung, tatsächlich wieder einen Schritt zu gehen, Betriebe staatlich zu übernehmen. Wie immer ist das Ergebnis, dass in einem der einst reichsten Länder Lateinamerikas die Menschen hungern. Zwischen Wall Street und Venezuela liegt nicht ein goldener Mittelweg. Das wäre die österreichische Lösung, vielleicht Kanzler Chávez und Vizekanzler Trump oder so. Nein, das ist der Extremismus der Mitte. Zwischen den beiden Gegenpolen, an denen sich alles aufreibt liegt das Private

«Das Essentielle ist die Vielfalt autonomer und teilautonomer Akteure, die die Gefahr kontinent- und weltumspannender Fehlentscheidungen eingrenzen. Deshalb ist der europäische und auch der österreichische Weg zwischen diesen zwei Archetypen zwischen Wall Street und verstaatlichter, totalitärer Zentralstaat die private Autonomie, Vertrag statt Gewalt, Freiwilligkeit statt Zwang und Privat statt Staat. Danke!»

Der Extremismus der Mitte ist Thema in Rahim Taghizadegans neuestem Buch Linke & Rechte: Ein ideengeschichtlicher Kompass für die ideologischen Minenfelder der Neuzeit. Darüber gibt es auf YouTube ein Gespräch mit Gunnar Kaiser [5], welches ich empfehlen kann, ich habe über dieses berichtet [3]. Gemäss Rahim Taghizadegan waren gerade die Nationalsozialisten Extremisten der Mitte. Beim Nationalsozialismus mit einer Bewegung zu tun, die aus drei Extremen besteht:

  1. sozialistisch-kollektivistische Forderungen für das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem (links),
  2. nationalistisch-romantische Verherrlichung des eigenen Landes (rechts)
  3. Propagieren eines autoritäres Herrschaftssystems (oben).

[1] Ideology 002 - Property and Freedom Society, Value of Universities. @saamychristen, 27. Oktober 2016 https://steemit.com/freedom/@saamychristen/ideology-002-property-and-freedom-society-value-of-universities
[2] Ideologie 028 - Rahim Taghizadegan über Österreichische Schule und Neoliberalismus. @saamychristen, 04. Mai 2017 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-028-rahim-taghizadegan-ueber-oesterreichische-schule-und-neoliberalismus
[3] Ideologie 034 - Rahim Taghizadegan im Interview zu links und rechts. @saamychristen, 07. Juni 2017 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-034-rahim-taghizadegan-im-interview-zu-links-und-rechts
[4] SOT Sommergespräche 2017: Rahim Taghizadegan - Privat statt Staat. SOT Sommergespräche YouTube Kanal, 04. September 2017
[5] Linke und Rechte. Rahim Taghizadegan im Gespräch. Gunnar Kaiser, 06. Juni 2017

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Solche Zitate müssen unter das Volk

Das Prinzip des Marktes ist es, Angebote zu stellen, die man ablehnen kann und das führt zu einer gewissen Disziplinierung.

Hallo Felix,
verstehen kann ich Deinen Wunsch. Ich fürchte nur, das "Volk" interessiert sich gar nicht dafür. Sollte aber auch nicht Maßstab des Handels für denjenigen sein, der nicht mehr mitmachen möchte ...
Besten Gruß nach Leipzig - und natürlich in die Schweiz an @saamychristen

Danke auch dir für den Kommentar!

Eigentlich sehe ich es so, dass jeder kompetente Arbeiter mit Fachverantwortung, Selbständige und (Klein-)Unternehmer von diesem Gedankengut und entsprechender Wirtschaftspolitik entscheidend profitieren könnte. Es gibt also schon Potential für mehr Anhänger.

Die Politik würde selbstredend nicht wirklich profitieren, aber die hat ihre Zeit auch ein wenig gehabt, so sehe mindestens ich es. Politik und Medien haben sich auch ziemliche Mühe gegeben, klassisch-liberales Gedankengut von den sogenannt normalen Menschen fernzuhalten. Auch deswegen wäre ein Comeback angesagt.

Versteh mich nicht falsch. Sehe ich genauso wie Du. Ich bin da einfach nur etwas skeptischer, was die Chancen eines Comebacks angeht. Die Leute maulen zwar alle, aber das heißt noch lange nicht, dass sie so etwas ernsthaft zur Kenntnis nehmen würden. Traurig, aber m.E. zur Zeit leider wahr.

Herzlichen Dank für den Kommentar und den Resteem.
Ich sehe es ganz genauso! Allerdings habe ich noch allzuviele Probleme damit, für ausreichende Verbreitung zu sorgen. Ich hoffe, das wird noch besser.

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