Politik 079 - Das Vakuum ist ein unnatürlicher Zustand

saamychristen (67)in #deutsch • 6 years ago (edited)

26. Juni 2018

Als ein Vakuum [1] wird in der Physik ein Raum bezeichnet, in dem im Idealfall keine Materie enthalten ist. Im weniger idealen Fall bezeichnet man damit einen Raum, in dem die Materiedichte geringer ist, als in dem Raum, der es umgibt. Der Einfachheit halber soll man sich nur Materie vorstellen, die sich im gasförmigen Aggregatszustand befindet. Im Innenbereich herrscht dann ein Unterdruck, ausserhalb ein Überdruck. Dafür wurden im Verlauf der Industrialisierung und des technischen Fortschritts verschiedene Bezeichnungen eingeführt [2].

Bezeichnung	Druck [Pa = N/m² = J/m³]	Teilchendichte [1/cm³]
Grobvakuum	10⁵ - 10²	10¹⁹ - 10¹⁶
Feinvakuum	10² - 10^-1	10¹⁶ - 10¹³
Hochvakuum	10^-1 - 10^-5	10¹³ - 10⁹
Höchstvakuum / Ultrahochvakuum	< 10^-5	< 10⁹

Das Universum ist ein Raum, der nahezu überall über eine sehr geringe Materialdichte verfügt. Dennoch sollte man aber nicht von einem idealen Vakuum sprechen, das Universum ist nicht leer und verfügt etwa auch über eine Hintergrundstrahlung [3] im fernen Infrarotbereich mit einer Strahlungstemperatur von 2,7 K (= -270,5 °C). Jeder Kubikzentimeter im nahezu leeren Weltraum enthält im Schnitt etwa 400 Photonen der Hintergrundstrahlung.

Da ich als Rubrik dieses Artikels Politik angegeben habe, sollte der Leser ahnen, dass es mir noch um etwas anderes gehen könnte. Ein Vakuum als ein begrenzter Bereich, in dem die Materialdichte geringer ist, lässt sich auf der Erde nur mit Zwangsmassnahmen herstellen und aufrechterhalten. In der Regel benötigt man ein druckstabiles Gefäss zur Abgrenzung von der Umgebung und eine Vakuumpumpe, um die Materialdichte absenken zu können. Öffnet man das Gefäss, kommt es unmittelbar zu Ausgleichsmassnahmen. Gas aus der Umgebung strömt hinein. Die intensive Grösse Druck wird ausgeglichen, das gleiche gilt für die Temperatur, die wegen des Verrichtens von Arbeit während des Vorgangs leicht sinkt. Wo möglicherweise zuvor keines da war, kommt es zur Bildung eines thermodynamischen Gleichgewichts [4].

_{Aktuell aufgenommenes Bild einer Sonnenblume. Mit dem Thema des Artikels hat das Bild wenig zu tun, da in der Politik noch auf einen neuen Sonnenaufgang gewartet wird. Eigene Aufnahme}

Komplizierter will ich den kurzen Ausflug in die Physik aber nicht gestalten. Man dürfte gemerkt haben, dass es in diesem Artikel wohl um geschützte Räume und Grenzen gehen könnte. Bei den als gerechtfertigterweise ziemlich willenlos zu bezeichnenden Gasteilchen kommt es beim Öffnen eines Vakuums unmittelbar zu einem Einströmen in den zuvor weniger dicht gefüllten Raum. Eine Teilchenselektion kann mithilfe des Einsatzes entsprechender Filter entstehen, dann kommt es aber auch nicht zu einem echten thermodynamischen Gleichgewicht. Gibt es keinen Filter, wird komplett zufällig und unkontrolliert eingeströmt.

In der Politik gilt mehr oder weniger das gleiche für die Machtverteilung. Gibt es irgendwo ein Vakuum, will es möglichst rasch wieder gefüllt werden, durch die Kräfte, die in diesem Moment an Ort und Stelle präsent sind. Wer offene Grenzen predigt, müsste, Ehrlichkeit vorausgesetzt, überall den grenzenlosen Wettbewerb predigen und dürfte insbesondere für sich selbst keine sicheren Räume reklamieren. Solche können einerseits diese Räume sein, die für emotional instabile Schneeflöckchen an den Universitäten eingerichtet werden, andererseits aber auch Parteien und Parteistiftungen, die einen besonderen Rechtsschutz und Finanzierung über den Staat geniessen. Aber auch Mandate wie ein Lehrauftrag, eine Funktion in der Verwaltung usw. grenzen vom Normalvolk ab. Mit stringent gänzlich offenen Grenzen gehörte das alles abgeschafft.

In dem von einem lange anhaltenden Krieg unter Bürgern, revolutionären Kräften und der Armee des Staates über die letzten Jahre arg gebeutelten Syrien etwa sorgten lokale Kontrollverluste des Staates für die Machtübernahme durch die Eroberer. Einige Länder verlangten vom dortigen Machthaber Baschar al-Assad [5], dass er seinen Posten räumen solle. Baschar al-Assad übernahm die Position des Machthabers von seinem Vater Hafiz al-Assad (1930-2000) [6], wobei er zunächst nicht dafür vorgesehen war. An dieser Stelle will ich keine Lobeshymne auf die Familie Assad anstimmen, die das Land zweifelsohne autoritär regiert, aber ich will anmerken, dass keines dieser Länder, das den Sturz dieser Familie gefordert hat [7], ein Konzept dargelegt hat, was in diesem Land sinnvollerweise danach geschehen soll. Niemand hat sich offiziell dazu geäussert wie das sicherlich entstehende Machtvakuum gefüllt werden soll, das die Entfernung einer Familie entstehen lassen wird, welche seit 1970 - gegen 50 Jahre - ganz oben stand.

Auch in Deutschland und der Europäischen Union (EU) kann man aktuell solche Tendenzen beobachten. In Deutschland gestaltete sich die Bildung der neuen Regierung schwierig, obwohl es den etablierten Politikern meist nicht an Selbstvertrauen mangelt und sie gerne so tun, als ob sie alles im Griff hätten und kein Bisschen in Bedrängnis stehen. Ziemlich kurz nachdem die neue Regierung stand, kam es auch zu ersten Krisen, die sich nicht wie sonst gewohnt auf Deutschland beschränkten und sich einfach niederbügeln liessen. Sondern es sprach sich in ganz Europa herum, dass die Deutsche Bundesregierung wohl nicht ganz so fest im Sattel sitzen könnte, wie es sonst meist der Fall war. Dieses vermutete Vakuum wurde direkt für Forderungen und Vorwürfe an die Adresse Deutschlands genutzt.

Deswegen sah man die Forderung aus Frankreich, die EU möglichst bald weiter zu zentralisieren, mit Deutschland als Hauptsponsor. Der noch nicht lange amtierende Président Emmanuel Macron [8] sieht sich einer sinkenden Zustimmung gegenüber [9] und sein schon lange Zeit an Unbeweglichkeit krankendes Land hat da und dort gewisse Finanzierungsprobleme [10]. Deutschland spielte bisher mit, auch wenn es weiss, dass damit wohl einmal mehr Schwindel erregende Kosten enthalten sein dürften. Trotzdem, die Zahl derer, die die Sache kritisch betrachten, nimmt aktuell zu [11, 12].

Aus demselben Grund sieht man die Visegrad-Staaten mit grossem Selbstbewusstsein ihre Linie vertreten. Sie boykottierten etwa einen kurzfristig einberufenes Treffen zum Thema Asyl vor dem offiziellen EU-Gipfeltreffen [13]. Sogar aus Italien kommen mit der neuen Regierung andere Töne in der EU an [15]. Es steht zwar noch keine Mittelmeerpolitik, aber das neu von der Partei Lega Nord geführte Innenministerium mit Minister Matteo Salvini steht mindestens rhetorisch für eine Kehrtwende in der Migrationspolitik. Eine Kehrtwende, die aus meiner Sicht wohl einer Mehrheit der Bevölkerung in der Europäischen Union genehm sein dürfte. Das momentane Ergebnis in der Politik lautet allerdings völlige Uneinigkeit [16, 17]. Und das - das sei leicht süffisant angemerkt - bei einem Thema, das in den letzten Dekaden nur allzu gerne von politisch etablierten Kräften unter den Teppich zu kehren versucht wurde. Es ist allerdings nicht möglich, das glaubwürdig zu tun, da die Posten in den Staatshaushalten dafür einfach zu gross sind.

In Deutschland sind es aktuell etwa € 21 Milliarden [18], die alleine der Bund jährlich ausgibt, das entspricht pro Netto-Steuerzahler etwa € 1'000 oder dem halben Verteidigungsetat. Wer da von einem Nicht-Problem zu sprechen versucht, scheitert krachend an den monetären Tatsachen. Handelte es sich um vielleicht € 50 jährlich pro Netto-Steuerzahler, könnte man einigermassen problemlos beide Augen zudrücken, so allerdings eher nicht. Auch wenn man sich ansieht, welche Beträge für einzelne Einwanderer ausgegeben werden, reagiert man möglicherweise irritiert, nicht selten bewegen sich diese im sechsstelligen Bereich [19]. Da die Erfolgsquote im verlinkten Artikel bei etwa 1/12 liegt, dürfte sich auch die Bezeichnung Asylindustrie erübrigen. Es handelt sich stattdessen um reine Dienstleister, die unkritisch aus der Staatskasse bezahlt werden. Eine Industrie hingegen produziert in der Regel wertschöpfend und mit Qualitätsgarantie.

Die Deutsche Bundeskanzlerin, deren Abtritt von ihrer wachsenden Gegnerschaft als längst überfällig gesehen wird, aber bisher auf die Treue einer grossen Macht aus Regierung, Verwaltung, Partei und Medien bauen konnte, sieht sich aktuell der stärksten Opposition gegenüber, die sie in ihrer Tätigkeit je hatte. Auch innerhalb der eigenen Partei scheint ein Vakuum präsent, denn es scheint nicht entsprechend vorbereitete Kandidaten für eine Nachfolge im Kanzleramt und der Regierung zu geben, sollte die aktuelle abtreten. Ich würde auch ziemlich chaotische Machtkämpfe nicht gänzlich ausschliessen, da sich die beiden grössten Parteien in Deutschland mit vielen noch nicht erledigten Hausaufgaben konfrontiert sehen. Wie bereits erwähnt, wird ein Vakuum in der Regel nicht in einem kontrollierten Vorgang wieder aufgefüllt.

Ob die aktuell vorhandene Opposition von der Regierung noch für längere Zeit ertragen werden kann, wird sich zeigen. Eine Sache dürfte allerdings jetzt schon eher weniger realistisch sein. Europäische 'Lösungen' irgendwelcher Dinge wie eben des Migrationsproblems. Denn entweder kommt es so heraus, dass Deutschland für alle entstehenden Kosten geradestehen muss oder es wird zu Lösungen auf nationaler Ebene zurückgekehrt. Die anderen Länder wissen das ganz genau und sie wissen auch, dass man dem sehr geduldigen und genügsamen deutschen Staatsbürger und Steuerzahler nicht bis in alle Ewigkeit jede beliebige, astronomisch anmutende Kostensumme vermitteln kann.

Eine neue Dezentralisierung hielte ich für durchaus angebracht und wünschenswert, denn oft ist es so, dass es dann zur Nichterfüllung von Versprechen durch Politiker kommt, wenn diese zu hoch angesiedelt sind. Wenn man zu viel erreichen will und das Endergebnis aufzeigt, dass das, was man versprochen hatte, gar nicht einzuhalten ist. Dann zu versuchen, die Zuständigkeit nochmals eine Ebene nach oben zu schieben - von der Gemeinde zum Bezirk, zum Land, Bund bis hin zur supranationalen Organisation - erscheint einerseits reizvoll, da man sich wohl medienwirksam ins Bild setzen kann. Trotzdem gibt es keinen glaubwürdigen Ansatz für die Behauptung, dass etwas, was zentralisiert erwiesenermassen nicht funktioniert hat, auf einer noch höheren Ebene plötzlich wieder funktionieren soll.

In naher Zukunft wird man ganz sicher einiges an Bewegung sehen, wie das genau aussehen wird, ist kaum abzuschätzen. In den Medien ist es in den vergangenen Tagen aber zu zwei Aufsehen erregenden Vorgängen gekommen. Denn sowohl bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung [20], als auch bei der öffentlich-rechtlichen Tagesschau [21] kam es zu sehr kritischen Beiträgen. Alternative, aber doch staatstragend-konservative Portale wie Tichy's Einblick oder Junge Freiheit sind längst voll von kritischen Beiträgen. Die viel und immer wieder auch zu Recht gescholtene Partei Alternative für Deutschland (AfD) würde durch ein Abtreten der aktuellen Regierung wohl auch einen weiteren Aufschwung erleben, da sie die einzige Kraft ist, die seit ihren Anfängen vor fünf Jahren beständig für einen Wechsel in der Politik eintritt. Im Falle eines Wechsels dürfte es ziemlich schwierig sein, den Anteil der AfD kleinzureden oder ihr nicht in gewisser Weise Recht zu geben. Was man wohl versuchen kann, ist ihr die Verantwortung für das Ergebnis einer gescheiterten Regierung zuzuschieben. Aber auch so läuft man Gefahr, diese Bewegung grösser zu machen, als sie in der Wahrnehmung der etablierten Kräfte in Politik und Medien sein sollte. Wobei sie das längst ist, vor Jahresfrist wurde teilweise noch angezweifelt, ob die überhaupt die Fähigkeit vorhanden ist, die Hürde von fünf Prozent zu überwinden [22].

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#politik #ideologie #freiheit #afd

6 years ago in #deutsch by saamychristen (67)

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indextrader24 (72) 6 years ago (edited)

"Emotional instabile Schneeflöckchen" Köstlich!

Du hast mich zum lachen gebracht!

Vielen Dank,

Upvote und Resteem.

Klasse Beitrag.

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saamychristen (67) 6 years ago (edited)

Danke für den Kommentar!

Es ist mir ganz recht, wenn ich auch mal für Lacher sorge. Rein spöttisch ist es allerdings auch nicht gemeint, da die angesprochenen Leute meist nicht ganz alleine für die Dinge verantwortlich sind, die ihnen eingetrichtert werden. Leider wird wohl jede Generation beim Erwachsenwerden hinter's Licht geführt. Obwohl es irgendwann schon dämmern sollte.

Ich sehe Empfindungen auch als einen absolut realen Teil der menschlichen Existenz. Wobei auch hier jeder Einzelne seinen persönlichen Umgang damit zu lernen hat, der nicht nur in der Projektion nach aussen und dem Herausschreien von «Ich bin ein Opfer» bestehen kann.

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indextrader24 (72) 6 years ago (edited)

Auch in diesem Kommentar findet sich der Genius eines vom sozialistischen Zwang befreiten Menschen wieder.

So wie in so vielem. Die Opfer des Sozialismus in dieser Welt haben die Chance sich aus ihre Opfersituation selber zu befreien.

Empfindungen sind wichtig - sie spiegeln wieder, was und wie andere und uns gegenüber eine Situation erleben.

Ziel sollte es sein die Menschen von ihren Ängsten zu befreien. Eine Schneeflocke kann ja etwas sein was unser Leben bereichert, so denn sie sich ihrer Schönheit und ihres Wertes bewusst ist.

Darin liegt etwas wunderbares - so wie auch im Anblick der von Dir fotografierten Sonnenblume.

Wir leben in einer tollen Welt und sollten versuchen diese von allen Ideologischen Irrwegen zu befreien - auch der emotionalen Schneeflöckchen zu liebe...

Sonnige Grüsse aus D.

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