Literatur am Sonntag #13 - "Querfront" von Benedikt Kaiser

in #deutsch6 years ago (edited)

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Das vorliegende Buch beginnt mit einem Sprung in die Weimarer Republik, an die Geburtsstätte des Querfront-Begriffs. Dort lernt der Leser jene Personen kennen, die an einem Zusammenschluss nationalistischer und sozialistischer Kräfte arbeiteten, an einer Front also, die quer zum traditionellen Links-rechts-Denken verlief.

In der zweiten Hälfte des Buches beschäftigt sich Kaiser mit der Frage, inwieweit eine solche Allianz heute möglich ist. Daran, dass er eine solche als wünschenswert erachtet, lässt er keinen Zweifel. So ist dem Buch beispielsweise ein Zitat von Slavoj Žižek vorangestellt, in dem dieser feststellt, dass Leninisten und Konservative sich wenigstens darin einig seien, dass „beide das zurückweisen, was man liberale Verantwortungslosigkeit nennen könnte“.

Die von der Bundesregierung und Brüssel forcierte Masseneinwanderung nennt Kaiser „ein Instrument zur Konkurrenzentfachung und Lohndrückung“. Unser Wirtschaftssystem sei eine „marktradikale Form des Liberalkapitalismus“, die uns vor derart große Probleme stelle, dass man zu deren Lösung selbst den „liberalen Fetisch“ unserer Wirtschaftsstruktur hinterfragen müsse. Kaiser kokettiert an dieser Stelle mit einem europäischen Zentralstaat, in dem sich „linke Politik mit rechten Menschen“ machen ließe.

Dadurch, dass der Autor die Welt mit Hilfe von marxistisch-leninistischen Theorien zu verstehen versucht, wird nun sowohl der amerikanische Imperialismus im Nahen Osten als auch die EU zum Auswuchs des „globalen Kapitalismus“. Wie man dies von identitärer Literatur bereits gewohnt ist, wartet man vergeblich auf eine nüchterne Definition dieses Kampfbegriffs.

Politische Zentralisierung und Sozialismus scheinen innerhalb des rechten Lagers immer mehr als Lösungen auf unsere heutigen Probleme gesehen zu werden. Dass freiheitliche Interpretationen unserer heutigen Malaise dabei nicht widerlegt, sondern totgeschwiegen werden, wirft die Frage auf, inwieweit man dort überhaupt nach den besseren Argumenten sucht.

Hier geht's zum Buch.

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Danke für die Rezension.

Gerade wegen Deiner kritischen Fragestellung zur Sinnhaftigkeit der gewählten Argumentation kann ich mir vorstellen, daß mal zu lesen.
Auch aus "unschlüssigen" Argumentationsketten kann man für sich selber etwas lernen...

Bitte, bitte.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dazu raten kann. Bei diesen europaphilen Identitären merkt man ganz krass, dass die schon vorher wissen, wohin sie wollen (einen mächtigen, rechten Zentralstaat, ausgebreitet auf ganz Europa), und alle philosophischen Ausführungen (wenn man sie denn so nennen mag) nur den Zweck haben, das zu rechtfertigen.

Da wird überhaupt keine Aussage begründet. Nimm nur einmal die Aussage, man wolle "linke Politik mit rechten Menschen" machen. Linke Politik ist immer Vergemeinschaftung, eine Minderung oder Abschaffung der individuellen Anreize, Leistung zu erbringen - das führt immer zu einer Steigerung von kurzfristigem Denken und Handeln, Verantwortungslosigkeit, zur Abnahme von freiwilligen Zuwendungen, letztlich zu asozialem Verhalten. Ist das, was "rechte Menschen" auszeichnet?

Nein. Diese Aussagen werden dem Leser einfach vor die Füße geworfen und damit hat sich's. Empfehlen kann ich das nicht.

Antaios hat da viel besseres im Sortiment, zum Beispiel die letzte kaplaken-Reihe, von der ich mir wohl das eine oder andere Büchlein bestellen werde.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dazu raten kann.

Ich habe Deinen Artikel auch nicht als Empfehlung mißverstanden. :)
Hin und wieder schiebe ich gerne bewußt eine Anti-Lektüre ein; das erweitert den Horizont.

Löblich, dasselbe mache ich auch ;)

Diesbzgl. kann ich dann vllt. doch etwas neurechtes empfehlen: "Die entfesselte Freiheit" von Thor von Waldstein. Sicher: Viele Dinge sehe ich als freiheitlich gesinnter Mensch anders, aber in dem Buch konnte ich zumindest nachvollziehen, was er für Deutschland will und warum er das will.

Dazu kommt, dass dieses politische Lager mir in Schul- und Unizeit komplett vorenthalten wurde und ich mich dementsprechend bei der Lektüre alles andere als gelangweilt habe.

Neben mehreren seiner Reden portraitiert er fünf deutsche Denker, die ihn und die deutsche Rechte beeinflusst haben, was ich auch sehr interessant fand.

Ergo: Waldstein > Kaiser.

;)

LG

Kapitalismus-Kritik ist bei den identitären oder anderen Rechten Gang und Gäbe, oftmals findet man dort viel Kritik gegenüber der Konsumgesellschaft, die ich auch sehr nachvollziehen kann, oder die Vorstellung vom ausbeuterischen Kapitalisten gegen den kleinen Mann. Erinnert mich an die Rassemblement National, die, soweit ich verstanden habe, wirtschaftlich ebenfalls äußerst links eingestellt ist. Und auch wenn ich nicht diese französische Partei oder unseren Autor in ausgerechnet diese rechte Ecke stellen möchte; Oliver Janich schrieb auch schon etwas zu dem Bemühen der Nationalsozialisten, ein Vereinigtes Europa zu schaffen, das von einem "sozialen Gewissen" bestimmt ist.

"Kapitalismus-Kritik ist bei den identitären oder anderen Rechten Gang und Gäbe, oftmals findet man dort viel Kritik gegenüber der Konsumgesellschaft, die ich auch sehr nachvollziehen kann, oder die Vorstellung vom ausbeuterischen Kapitalisten gegen den kleinen Mann."

Absolut. Das Problem ist nur, dass man sich dort nie ergebnisoffen mit der freien Marktwirtschaft auseinandersetzt (und z.B. Hazlitt liest), sondern immer nur auf das hört, was andere Neue Rechte (Venner, Kaiser, Stein) dazu sagen.

Auf der anderen Seite kann ich auch ihre Kritik an Liberalen / Libertären verstehen, da diese sich oft ausschließlich auf diese Themen einschießen und bspw. die Migration außer Acht lassen.

Gleichzeitig spricht sich auch ein Libertärer wie Miró von Unblogd (oder war er Anarchist? Oder Voluntarist ...) gegen eine ungezügelte Masseneinwanderung aus. Auch die Ausbeutung durch Die-da-oben wird von Freiheitlichen kritisiert, sie richtet sich zumeist jedoch gegen den Staat, der diese Ausbeutung ermöglicht, während die etatistischen Rechten diesen Staat benutzen wollen, um ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Wohl an der Rolle des Staates, da hakt es.

Libertäre, die sich in unserer Welt der sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten für offene Grenzen aussprechen, haben ohnehin einen Schuss ;)

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