Leitmeritz Sudetenland

in #leitermitz6 years ago


Die verkehrsgünstige Lage an einer Fährstelle über die Elbe und das verhältnismäßig milde Klima ermöglichten eine zeitige Besiedlung der Gegend, wovon etliche Bodenfunde zeugen. Im frühen Mittelalter war Leitmeritz Zentrum der slawischen Lutomericii, von denen sich auch der Name der Stadt ableitet. Bereits im 10. Jahrhundert wurde der Ort in den Herrschaftsbereich der Přemysliden integriert und zu einem befestigten Verwaltungsmittelpunkt im Norden Böhmens ausgebaut. Um 1057 errichtete Herzog Spytihněv II. die steinerne St.-Stephans-Kirche auf dem Burgberg und gründete ein ihr zugehöriges Kollegiatstift, das er mit zahlreichen Besitzungen, Einkünften (v. a. aus dem Elb-Zoll) und Rechten bedachte.Um 1225 wurde die Stadt formell gegründet und planmäßig um einen Marktplatz auf einem Hügel gegenüber dem Burgberg angelegt. Die ersten Bürger -- dem Namen nach wahrscheinlich Deutsche -- erhielten Autonomie und Freiheiten nach Magdeburger Recht, für das Leitmeritz zeitweise die Funktion eines Vororts in Böhmen innehatte. Anschließend begann die Erschließung der Umgebung, indem man Siedler aus dem Rheinland und von der Unterelbe anwarb.Die Stadt entwickelte sich vor allem auf Grund des florierenden Getreidehandels und der günstigen klimatischen Bedingungen, die ertragreichen Obst- und Weinbau ermöglichten, außerordentlich rasch: Neben der Stadtkirche Allerheiligen (1235 erwähnt) und St. Laurentius (1297) entstanden klösterliche Niederlassungen der Minoriten (1233, St.-Jakobs-Kirche), der Dominikaner (1236, St.-Michaels-Kirche) und der Kreuzherren (1257, Marienkirche). Letztere unterhielten im 14. Jahrhundert auch ein Spital in Leitmeritz. Nachdem um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Bebauung auch den Burgberg erfasste, warf ein verheerender Brand 1296 die Stadt in ihrer Entwicklung zurück. Die böhmischen Könige unterstützten in den folgenden Jahren den Wiederaufbau unter anderem durch Steuererleichterungen und die Verleihung von Stapel- und Meilenrechten.Eine städtische Schule wurde bereits 1298 erwähnt, eine Kapitelschule gab es Mitte des 14. Jahrhunderts. Ebenfalls Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Stadtbefestigung erweitert, wobei eine im 13. Jahrhundert erbaute königliche Burg als der Teil dieser Befestigung integriert wird. 1348 errichtete die Bürgerschaft einen Stadtturm an der Allerheiligenkirche, 1397 wurde ein neues Rathaus erbaut. Wirtschaftliche Einbußen brachte in dieser Zeit der Verlust des Stapelrechts im Getreidehandel infolge dessen Freigabe auf der Elbe durch König Wenzel IV.Die deutsche Seite wandte sich 1880 sowohl gegen die Eröffnung einer tschechischen Schule als auch 1912 gegen deren öffentliche Anerkennung.Die mehrheitlich deutschböhmische Bevölkerung der Stadt antwortete auf die Proklamation der Tschechoslowakischen Republik mit einer Selbstständigkeitserklärung der Deutschen in Böhmen, die in Leitmeritz eine Nationalversammlung bildeten. Am 11. Dezember 1918 beendete das rasche militärische Vorgehen der tschechoslowakischen Volkswehr alle deutschen Ambitionen. Bei den Kommunalwahlen von 1919 errangen die deutschen bürgerlichen Parteien, die auch in der Folge den Bürgermeister stellten, die Mehrheit.Nach dem Münchner Abkommen 1938 wurde Leitmeritz ins Deutsche Reich eingegliedert. Mehr als 5.000 Tschechen und tschechoslowakische Einrichtungen verließen die Stadt. Leitmeritz war von 1939 bis 1945 Sitz des Landkreises Leitmeritz. Während dieser Zeit gab es in der Nähe der Stadt ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg im Verlagerungsobjekt Richard. Es entstand eine unterirdische Rüstungsproduktion im Stollensystem eines aufgelassenen Kalksteinbergwerks. Den Krieg überstand der Gebäudebestand der Stadt fast unbeschadet. Auf Grund der Beneš-Dekrete wurden die meisten deutschböhmischen Einwohner der Stadt 1945 und in den Folgejahren enteignet und vertrieben.


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