Wie fehlende Worte das Weltbild spiegeln

in #deutsch5 years ago (edited)


Was die Sprache über andere Kulturen offenbart.

Zu immer mehr Unruhe führt die Tatsache, dass es in indigenen Gesellschaften bestimmte Ausdrücke und Wörter nicht gibt, an die der „zivilisierte“ Durchschnittsmensch gewöhnt ist.

Noch nicht bekannt ist, wie diese Menschen ein solches Manko überleben konnten. Bei den Khasi in Nordindien fehlen die Worte für „Prostitution“ und „Vergewaltigung“ völlig; ein Alptraum für jeden Freier der Industrieländer. Das Gleiche ist für die Nagar in Südindien und viele andere Stammesvölker weltweit bekannt.

Von den Mosuo (China) wird berichtet, dass dort der Begriff für „Diebstahl“ nicht vorhanden ist. In seinen Reisebeschreibungen über die Inuit (Eskimos) erwähnt der bekannte Polarforscher Fridtjof Nansen, dass es keine Ausdrücke für Gewalttaten gibt, ein Wort für „Mord“ etwa, existiert nicht.

Der Journalist John Nance berichtet von seinen Forschungen auf den Philippinen, dass die dortigen indigenen Tasaday die Ausdrücke „Krieg“ und „Konkurrenz“ nicht verstehen. Noch nicht geklärt ist, wie so das tägliche Leben bewältigt werden kann. Westliche Experten fragen sich erschüttert, was das für Zustände sein müssen und wie wohl die Politik funktioniert?

In den Ashanti-Sprachen Afrikas gibt es kein althergebrachtes Wort für „Wahl“, also den politischen Entscheidungsprozess, wo Personen gewählt werden. Vermutungen legen nahe, dass solche Gesellschaften einfach friedlich zusammen leben, es fehlt also jeglicher moderne Fortschritt.

Alarmierend ist auch die Gotteslosigkeit dieser Ethnien. In ihren Sprachen gibt es weder Worte für „Gott“ noch für „Göttin“, dafür reden sie mit Geistern und Ahnen und sogar mit der Natur. Mitleidige Missionare versuchen dagegen anzukämpfen und Ethnologen mildern diesen Furcht erregenden Mangel, indem sie in ihren Büchern einfach die Geister- und Naturbezeichnungen mit „Gott“ übersetzen. Geist, Gott – wo ist da der Unterschied? Hier zeigt sich praktisch gelebte Entwicklungshilfe.

Der afrikanische Dagara-Schamane Malidoma Somé, Autor des Titels „Wir haben kein Wort für Sex“ (We have no word for sex), teilt mit, dass sein Volk auch keinen Begriff für „Zeit“ kennt. Und ein Nukak-Indigena vom Amazonas antwortete kürzlich auf die Frage, ob er über die Zukunft besorgt sei: „Zukunft? Was ist das?“. Diese Menschen ohne Zeit- und Zukunfts-Konzept haben offensichtlich noch nicht erfasst, was das Stündlein geschlagen hat!

Noch verwirrender für hoch dotierte westliche Wissenschaftler sind die Begriffe, die zwar vorhanden sind, wo aber ein einzelnes Wort gegensätzliche Dinge meint. Als westliche Finanzleute hörten, dass die nordamerikanischen Indianer in ihren Sprachen ein und denselben Ausdruck für „geben“ und „zurück geben“ (revanchieren) gebrauchen, waren sie bis ins Mark erschüttert.

Bei den Ashanti (Afrika) oder den Mosuo (China) heißen alle Schwestern der Mutter ebenfalls „Mutter“. Wie soll ein Kind da wissen, wem es „gehört“? Auf den Trobriandinseln gibt es nur ein einziges Wort für „Schwester“ und „Bruder“: Luleta. Wenn eine Frau spricht, bedeutet Luleta „Bruder“ und wenn ein Mann spricht bedeutet es „Schwester“.
Was auf den ersten Blick nach einer chaotischen Vetternwirtschaft aussieht, muss uns nicht beunruhigen, denn es gibt gar keine Worte für Vettern und Basen, die werden als „Brüder“ und „Schwestern“ bezeichnet.




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Ich bin mal gespannt was ein Kind in der Zukunft so alles lernen wird. Ich denk mal es sind auch andere Werte die vermittelt werden, da die Menschheit sich ständig weiterentwickelt. Es wird wohl auch ganz andere Lebenssituationen geben und Familienverhältnisse. Die Naturvölker und deren Strukturen finden wir ja jetzt schon in einigen Familien. Vielleicht wird ja auch bald hier in unserer Steem Blockchain nach Antworten gesucht, wenn es um Antworten geht, warum wir nicht früher reagiert haben. Das Denken der Jugend mit Blick auf das gesamte Bild der Welt, lässt mich aber an eine bessere Zukunft hoffen.

Danke @break-out-trader!
Im Internet finden wir einige Merkmale, die es traditionell auch bei herrschaftsfreien friedvollen Ethnien gibt. Die Blockchain ist ein dezentralisiertes Gebilde, das sind indigene Sozialgemeinschaften ebenfalls.

Ich bin von einer besseren Zukunft überzeugt; so viele Menschen sind auf der Suche, speziell auch auf der Suche nach ihren Wurzeln. Und die kann man eben bei Ureinwohnern zum Glück immer noch finden. Unsere Ahnen haben alle mal in diesen Strukturen gelebt. Also: Back to the roots!

Und die fortschreitende Technologie wird uns nicht hindern, im Gegenteil, sie wird uns unterstützen unseren echten Kern wiederzufinden.

Das ist interessant.
Ich frage mich, wie das zu interpretieren ist.
Wenn es kein Wort für "Vergewaltigung" in einer Kultur gibt, kann das u.a. heissen

  • dass es so etwas wie Vergewaltigungen nicht gibt?
  • dass das Wort "Vergewaltigung" unter "Sex" subsumiert wird, weil es für die entsprechende Kultur irrelevant ist, ob Sex mit gegenseitiger Zustimmung stattfindet oder nicht?

Soweit ich weiss, gibt es im Indonesischen keine verschiedenen Zeitformen (ich bin, ich war, ich werde sein). Das heisst aber nicht, dass es keine Vorstellung von Vergangenheit und Zukunft gibt. Es wird vermutlich anders ausgedrückt.

Danke für deine Fragen @zuerich!

Wenn es ein Wort nicht gibt, dann ist das Konzept unbekannt. Vergewaltigung tauchte erst mit den weißen europäischen Eroberern auf (wie alle anderen "fehlenden" Wörter auch) und das fehlende Wort wird häufig als Lehnwort aus der europäischen Sprache übernommen. Bei den südamerikanischen Indios ist es dann spanisch oder portugiesisch. Zum Konzept Vergewaltigung und dem Umgang der Eingeborenen damit habe ich Material aus Südamerika, ich werde es demnächst posten.

Zu Sex: Sex und Liebe und Umarmung und Intimität werden bei Indigenen nicht getrennt erlebt/betrachtet. Du kannst dem Link im Artikel folgen, dort steht mehr, allerdings in Englisch.

Prostitution ist völlig undenkbar und unnötig, weil die Menschen in diesen Gesellschaften a) beziehungsfähig sind und b) von klein auf keine Defizite in irgendeiner Form erleben.

Wir, im Gegensatz, sind alle defizitär. Das ist vom System so gesteuert.

Es gibt westliche/östliche Gruppen, die viele Volksstämme ausgerottet (wieviele? seit dem Jahre 1 A.D.) oder stark verringert (wieviele?) haben.
Diese kannten Worte/Begriffe , die wir wohl schwerlich in Erfahrung bringen können.
Dazu kommt die "herrschende" Geschichtsschreibung, die kontinentegroße Gebiete verschweigt (große Tartarei), so erfahren wir schwerlich, was dort gesprochen und gedacht wurde.
Friedrich Vogt hat die lückggenhafte Geschichtsschreibung untersucht.
Wie sollen die o.g. westlichen/östlichen Gruppen aus ihren Fehlern/Missetaten lernen, wenn die Geschichte der letzten Mio Jahre weiter gefälscht wird?
Die Wahrnehmung, das Weltbild und die Worte/Bedeutung werden manipuliert durch o.g. westliche/östliche Gruppen,
indigene Stämme könnten unsere Bewußtheit hinterfragen.

Danke @chris-iv.
Ja, die Geschichte schreiben immer die Sieger, allerdings überwiegend über sich selbst und ihre "Heldentaten".
Es gibt aber seit Jahrhunderten und bis heute Sprachforscher, Ethnologen, Missionare oder einfach neugierige Abenteurer (besonders im 19. Jh.) die mit indigenen Gemeinschaften lebten/leben, die nicht kolonialisiert wurden oder sonst wie mit Weißen in Berührung kamen und die deren Gewohnheiten und Sprachen studiert haben. Die Literatur dazu ist unüberschaubar.
Und wenn man verschiedene Forschungsarbeiten vergleicht, findet man weltweit ähnliche Muster.

Nur ein Beispiel, wo du Material finden kannst: Die Universität von Alabama, USA, hat eine eigene Forschungsabteilung über "peaceful societies" im Fachbereich Anthropologie.

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