Warum wachsen Tulpen in der Vase?

in #deutsch6 years ago (edited)


Kaum ist der Tulpenstrauß in die Vase eingestellt, geht es los. Die Frühlingsblumen recken und strecken sich was das Zeug hält. Innerhalb kurzer Zeit lassen sie die Köpfe hängen, weil sie keinen Halt mehr finden.
Fast alle Blumen wachsen in der Vase weiter - oder doch zumindest ihre Blüten. Und genau das wünscht sich ja der Käufer eines Blumenstraußes: Dass sich erst zu Hause in der Vase die ganze Pracht der Farben und Formen entfaltet. Doch Tulpen scheinen dabei übereifrig zu sein.


Tulpen sind Meister im Zellstreckungswachstum


Die Tulpe hat als Frühblüher, der ursprünglich aus Vorderasien stammt, nicht viel Zeit, um zwischen den kalten Wintern und den heißen Sommern Blätter und Blüten auszubilden, Samen reifen zu lassen und die Zwiebel mit neuen Nährstoffen zu füllen. Alles muss gleichzeitig und sehr schnell geschehen. Deshalb wächst die Tulpe während der Blüte weiter - selbst in der Vase noch bis zu zehn Zentimetern.

Dass bei der Tulpe also der Stängel so ein enormes Wachstumspotential hat, ist kein Zufall, sondern Teil ihrer Überlebensstrategie. Denn ihre Zwiebel bringt pro Jahr nur eine Blüte hervor - und da gilt es: diese Blüte so hoch wie nur irgend möglich zu präsentieren!

In der Natur findet Wachstum vor allem zunächst durch Zellteilung statt. Nach diesem Prinzip wächst zum Beispiel beim Menschen das Embryo. Aber auch nach der Geburt wachsen nach dem gleichen Prinzip die Organe, die Haut, das Gehirn usw. ...

In der Pflanzenwelt gibt es jedoch noch ein zweites Prinzip: das Zellstreckungswachstum. Und das funktioniert so: In der ersten Phase bildet die Pflanze die für das Wachstum wichtigen Zellen durch Zellteilung aus, danach wächst sie nur noch durch Streckung dieser Zellen. Die Zellen wachsen dann nur noch, weil sie immer mehr Wasser in ihrem Inneren aufnehmen, und sich dabei der Länge nach ausdehnen - in Einzelfällen bis zum hundertfachen oder sogar eintausendfachen ihrer ursprünglichen Größe!

Von solchen Superlativen sind die Schnittblumen weit entfernt. Sie setzen vielmehr auf die Strategie: viele Zellen strecken sich ein wenig, aber in der Summe dann doch effektiv! Was die Tulpe von den meisten anderen Schnittblumen unterscheidet: ihre Zellen sind so "zellstreckungswachstum-gierig", dass sie selbst nach Abschneiden von der Zwiebel, als Schnittblume allein durch weitere Aufnahme von Wasser aus der Vase dieses Wachstum für einige Tage ungebremst fortsetzen können.

Tulpen verholzen nicht


Ein weiterer Grund für das Tulpenwachstum in der Vase ist: Tulpen verholzen in keiner Phase ihres Wachstums, und so kann sich ihr Wachstumstalent auch noch während der Blüte bis zu ihrem allmählichen Verblühen unbehindert entfalten.

Das genaue Gegenteil ist zum Beispiel der Rosenstil: zwar legt die Rose vor der Blüte ein enormes Wachstum hin, doch zum Zeitpunkt der Rosenblüte sind die Zellen im Rosenstil so stark von Verholzungen umgeben, dass sie in der Vase nicht mehr weiter wachsen können. Deshalb wächst bei einer Rose dann nur noch - ihre wunderschöne Blüte.


Zellstreckung verzögern heißt Haltbarkeit verlängern – so geht es


Die Zellstreckung von Tulpen in der Vase vollkommen zu stoppen, ist nach den Gesetzen von Mutter Natur nicht möglich. Hierzu müsste die Wasserversorgung eingestellt werden, woraufhin die Schnittblumen absterben. Immerhin haben Sie die Möglichkeit, reduzierend auf diesen Wachstumsprozeß einzuwirken.
Diese Methoden haben sich bewährt:

1. Das Wasser in der Vase niemals vollständig austauschen, sondern regelmäßig auffüllen

2. Die Blumenstängel alle paar Tage um 1 bis 5 cm nachschneiden

3. Die Schnittblumen über Nacht kühler stellen, um die Wachstumsgeschwindigkeit zu reduzieren

Wiederholtes Nachschneiden hält nicht nur das Längenwachstum im Zaum. Im gleichen Zug werden frische Leitungsbahnen freigelegt, damit Wasser und Nährstoffe bis in die Blüte transportiert werden können. Bitte verwenden Sie hierzu ausschließlich ein sauberes, scharfes Messer. Scheren bergen die Gefahr, dass der Stängel gequetscht wird.

Stecknadeln halten Blütenköpfe aufrecht

Und noch ein kleiner Tipp!
Parallel zum Höhenwachstum nehmen Tulpenblüten an Gewicht zu. Damit die Schwerkraft nicht die Oberhand gewinnt und sich die Blütenköpfe sich traurig zu Boden neigen, bedienen Sie sich rechtzeitig des folgenden Tricks:
Schieben Sie knapp unterhalb einer noch aufrechten Tulpenblüte eine dünne Stecknadel durch den Stiel.
Dicke Stopfnadeln sind ungeeignet, da diese das Gewebe zu stark verletzen.

Somit steht der vollen Blütenpracht nichts mehr im Weg
Danke fürs Lesen!

Qelle www.swr.de/odysso/alltagswissen

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