Was Hänschen nicht bremst, twittert Göring-Eckardt nimmermehr
Von Boris T. Kaiser
„In 69 Jahren Bundesrepublik gab es in der Funktion des Staatssekretärs beziehungsweise der Staatssekretärin mehr Männer mit dem Namen Hans (24) als Frauen (19). #Hansbremse“ twitterte dazu die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt.
Anders als man zunächst vielleicht meinen oder hoffen konnte, entsprangen Tweet und Hashtag nicht einfach der grasgrün blühenden Phantasie der Politikerin mit dem parteitypischen Doppelnamen. Göring-Eckardt nahm vielmehr Bezug auf einen großen Leitartikel von Zeit Online.
Hinkende Vergleiche
Unter der hashtagstiftenden Überschrift „Hansbremse“ wird hier die angeblich mangelnde Gleichberechtigung bei der Vergabe von Führungspositionen im Staatsdienst angeprangert. Der Artikel strotzt nur so von hinkenden Vergleichen und an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen aus der kleinen Fibel für Gender-Angelegenheiten.
Der Text liest sich dabei an vielen Stellen wie die wirren Ausführungen durchgeknallter Verschwörungskritiker. Schon in der Einführung heißt es: „Die Bundesregierung hält Frauen systematisch von der Macht fern.“
Danach wird es nicht besser. Die Verfasser des Beitrags berichten von einem konspirativen Treffen mit einer Beamtin aus einem Bundesministerium: „Als Treffpunkt schlägt sie die Filiale einer Bäckereikette vor, wie es sie in jeder größeren Bahnhofshalle gibt. Vasen mit Kunstblumen auf Holzimitattischen, Pendler hasten vorbei. Anonymer kann ein Ort nicht sein.“
Für die Zeit gelten andere Maßstäbe
Auch was danach kommt wirkt wie der Plot eines dieser Hollywood-Filme, in denen der Staatsfeind der strahlende Held ist, und in denen irgendwann der unvermeidliche Satz fällt: „Das geht rauf bis zum Präsidenten!“
Nun sitzt da eine Ministerialbeamtin, umklammert ihre Teetasse und sagt, sie erzähle nur unter einer Bedingung: keine Namen. Öffentlich gegen ihre Vorgesetzten auszupacken, das wagt sie nicht, trotz allen Frusts. Es würde ihre Situation nur verschlechtern, sagt sie. „Das System verzeiht so etwas nicht.“
Wenn ein Text mit derart verschwörerischem Geschwurbel hier auf JF-Online erschiene, die JUNGE FREIHEIT würde vermutlich nicht nur in der hinterletzten Ecke auf der Buchmesse platziert, sondern in die journalistische Verbannung geschickt werden. Die Zeit darf so etwas.
„Mosaik der Erniedrigungen“
Die Beamtin und die Journalisten geben „dem System“ die Schuld an so ziemlich allem. Sogar die Posse um den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen wird noch einmal herausgeholt, um die Übermacht von vermeintlichen „Männerseilschaften“ zu belegen.
Nach dem zum Thriller aufgeblasenen Prolog wird der Zeit-Artikel deutlich unspektakulärer. Was man da an Zahlen und Fakten liest, war so oder ähnlich weitgehend bekannt. Vielleicht auch deshalb stützen sich die Journalisten sehr stark auf die Gespräche, die sie, wie es heißt, monatelang mit Frauen aus verschiedenen Ministerien und Bundesbehörden geführt haben. Banalitäten wie die von einer Sitzplatzierung in der letzten Reihe bei einer Gala-Veranstaltung verdichten sich für die Redaktion „zu einem Mosaik der Erniedrigungen“.
Es werden Geschichten erzählt wie jene von einem neuen Abteilungsleiter, der an seinem ersten Arbeitstag die Mitarbeiter fragt, wie viele der anwesenden Herren denn gedient hätten. „Als sei keine Frau im Raum.“ Man könnte vermuten, daß sich der neue Chef zumindest sicher war, daß keine Frau im Raum war, die im Rahmen der Wehrpflicht zur Bundeswehr eingezogen wurde. Man kann ihm aber natürlich auch einfach Frauenfeindlichkeit unterstellen.
Zentrale Führungspositionen sind überwiegend mit Männern besetzt
Eine andere Beamtin berichtet, wie ein Prestigethema einem überforderten Nachwuchsjuristen übertragen wurde, dem sie dann ohne entsprechende Würdigung zuarbeiten mußte. Was für viele Männer klingen dürfte wie eine ganz alltägliche Anekdote aus ihrem manchmal frustrierenden Berufsalltag, bekommt aus dem Mund einer Frau auf einmal hochpolitische Brisanz.
Die nackten Zahlen zeigen – bis auf die „Hans-Dichte“ in den Behörden – wenig Neues. Zentrale Führungspositionen sind überwiegend mit Männern besetzt. Dies liege auch am noch immer weit verbreiteten „überkommenen Frauenbild“, wonach für Frauen andere Dinge wichtiger seien als die Karriere. Wirklich widerlegen können die Journalisten dieses Frauenbild nicht.
Sie haben ihm nur eine „wütende Gleichstellungsbeauftragte“ entgegenzusetzen, die sich darüber ärgert, daß Männer im Betrieb besondere Anerkennung bekämen, wenn sie nur kurz in Elternzeit gingen. Daß gerade in dieser Kürze für viele Chefs eben auch die Würze gegenüber weiblichen Mitarbeitern liegen könnte, ist offenbar so abwegig, daß es nicht einmal in Erwägung gezogen wird.
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