Postmortem – Hoffentlich Allianz versichert

Nun müssen einige von Euch vielleicht stark sein, da sie eben direkt oder indirekt über die Allianz versichert sind. In diesem Falle ist heute ein Teil Eures Geldes bei mir auf dem Konto gelandet. Heute stelle ich auch die Allianz-Versicherungsgruppe aus meinem Portfolio vor und wieso ich ausgerechnet diese Aktie bei mir drin haben. Den eigentlich bin ich bei allem, was irgendwie nahe der Finanzindustrie gelegen hat extrem scheu und mache eigentlich lieber einen großen Bogen darum.

Das Unternehmen wurde 1890 in Berlin gegründet. Das mag nun den einen oder anderen Münchener ein wenig irritieren ;) Insbesondere aus dem Kreise der bereits 1880 gegründeten Müncher Rück und der Deutschen Bank wurde die Gründung des Unternehmens voran getrieben. Für insgesamt 4 Millionen Mark war dies bereits damals ein echtes Schwergewicht, wenngleich dies mit der heutigen Zeit ein wirklicher spottgünstiger Preis gewesen wäre.

Bereits sehr früh expandierte die Versicherung in das Ausland und gründete nur wenige Jahre später bereits die erste Zweigstelle in London. Für die damalige Zeit ein durchaus risikanter und globalisierter Ansatz, der sich auch bereits kurze Zeit später rächen sollte. Den 1906 brachte das große Erdbeben in San Fransiscio das Unternehmen an seine Belastungsgrenze. Der Preis den man eben als globaler Versicherer zahlen muss.

Nur 6 Jahre später gab es dann gleich den nächsten Schicksalsschlag, da die Allianz der Versicherer der Titanik gewesen ist. Ob die Policen damals solide gewesen sind oder man dachte, dass dieses unsinkbare Schiff ein super Deal gewesen wäre, habe ich leider nicht recherchiert bekommen ;)

Wie bei jedem deutschen Unternehmen blieb lässt sich auch die Zeit des Nationalsozialismus nicht ganz aus dem Firmengeschichte streichen. Zwar war man nicht direkt wie z.B. der Vorgänger der BASF am Massenmord beteiligt, profitierte allerdings indirekt durchaus. Bereitwillig versicherte die Allianz auch die NSDAP und entsprechend Unterorganisationen, man übernam Kunden aus der Auflösung jüdischer Versicherungsunternehmen und ja... man war auch Versicherer der Gebäude in Ausschwitz und des dort arbeitenden Personals. Mich hatte der Umstand sehr überrascht, da ich nicht gedacht hätte, dass man in der damaligen Zeit bereits auf so etwas wert gelegt hat.

Der Umzug nach München erfolgt dann nach dem Krieg, da das isolierte Berlin nicht mehr als vernünftiger Firmenstandort angesehen wurde. Als eines der ersten deutschen Unternehmen erkannte man auch das Potenzial von Computern und führte diese zur Verarbeitung der Kundendaten ein. Spätestens seit den 70er machte sich die Allianz zunehmend auf um sich international vernünftig zu Positionieren und kaufte in fast allen wichtigen westlichen Ländern entsprechend andere Versicherer auf und ist entsprechend heute in irgend einer Form nahezu Weltweit vertreten.

Dies macht sich insbesondere heutzutage in einem beachtlichen Umsatz bemerkbar. Mit immerhin 125 Milliarden Euro Umsatz ist man einer der größten Versicherer weltweit und erzielte einen Jahresüberschuss von nahezu 7 Milliarden Euro. Alleine diese Summen zeigen, wie breit ein solches Unternehmen aufgestellt sein muss, um in einem eigentlich gesättigten Markt noch vernünftige Margen zu bekommen.

Und ja, es dämmert einigen von Euch vielleicht bereits... als Dividenjäger habe ich natürlich an dieser gigantischen Ausschüttung ein Interesse. Bei einem aktuellen Kurs von um die 190€ schüttet die Allianz immerhin satte 8€ pro Aktie aus. Dies entspricht ca. 4,2% Dividendenrentabilität. Bedenkt man allerdings, dass man nach vor einigen Jahren die Aktie für bis zu 130 € bekam, liegt man teilweise bei 7%, was durchaus bereits beindruckend ist. Wer somit die Aktie nur 3 Jahre lang bisher gehalten hat, hat immerhin bereits fast 20% seines ursprünglichen Kaufpreises wieder in der Geldbörse nur über die Ausschüttung.

Aber lohnt es sich überhaupt noch in einen Versicherer zu investieren? Immerhin krankt die Branche an insgesamt 2 großen Problemen. Das erste ist eine wirklich finstere Prognose durch den Klimawandel. Den sollte dieser wie prognostiziert eintreten, ist davon auszugehen, dass Überschwemmungen, schwere Stürme und Unwetter im Allgemeinen gerade in unseren breiten massiv zunehmen werden. Und somit natürlich auch das Risiko für einen Versicherer massiv steigt.

Dies wird vermutlich war sein, ist allerdings für mich kein echtes Hindernis. Den machen wir uns nichts vor. Ein Versicherer ist ein Unternehmen was aus einigen wenigen guten Mathematikern besteht und ansonsten schmierigen Vertretern. Sagen erstere, dass das Risiko steigt, ziehen zweitere los um den Kunden zu erklären, wieso die Policen gerade wieder einmal angehoben wurde. Am Ende zahlt es immer der Kunde und die Unwetterquote setzt nur noch fest, wie teuer sie dann wird. Das Menschen sich in Zukunft (gerade bei Naturkatastrophen) nicht versichern werden, halte ich für unwahrscheinlich.

Das zweite Problem ist die Finanzkrise. Den ein Versicherer ist ein Finanzdienstleister und hat eben das Geld der Kunden nicht nur in einem Tresor liegen für den Fall, dass ein Schaden auftritt. Vielmehr investiert man am Markt und versucht mit dem Geld zu arbeiten. Wie jedem von uns aufgefallen ist, sind die Preise für Geld momentan aber sehr im Keller. Und dies ist eben auch ein Problem für die Versicherer.

Obwohl ich persönlich völlig gegen eine PKW-Maut bin, ist die Allianz nicht ohne Grund eine starke politische Kraft in dessen Einführung. Und wenn man mit den Milliarden weddelt, die bereit stünden um eine schnelle Privatisierung voran zu treiben, dann wird auch schonmal ein bayerischer Politiker schwach. Für mich als Geschäftsmann zeigt es aber eher, dass man sich nicht mit Situationen zufrieden gibt, sondern versucht einen Weg zu finden. Dies ist mehr als so mancher anderer Finanzdienstleister, der eher jammernd in der Ecke steht und hofft, dass die Niedrigzinsphase irgendwann über ihn vorrüber zieht.

Dies sind insgesamt die Gründe, wieso ich finanziell trotz einer angespannten Situation in der Branche investiert bin und den Kauf auch zu keinem Zeitpunkt wirklich bereut habe. Ob ich dies noch beim aktuellen Niveau empfehlen würde? Schwer zu sagen. Ich persönlich rechne mit eher moderatem Wachstum, denke aber, dass sich trotzdem alleine wegen der Dividende der Titel als Basis-Invest im Portfolio gut macht.

Vielleicht noch interessant ist übrigens, dass die Hauptversammlung auch in Form von Streams ausgestrahlt wird, damit man als Aktionär auch dabei sein kann, wenn man nicht gerade vor Ort ist. Moralisch ist das Unternehmen bei mir an einer Grenze, wo ich normalerweise die Finger vom Unternehmen lassen würde. Aber man ist gleichzeitig doch irgendwie zahm genug als das ich den Spagatt mit mir persönlich ausmachen kann. Dies als kleine Vorstellung dieses Teils meines Portfolios.

Und ja, da der geneigte Leser vielleicht ja auch die Frage sich stellt: Ich bin nicht Allianz versichert, da mir das Unternehmen nicht ein günstiges Angebot vorgelegt hat und ich bei einem billigeren Konkurrenten bin ;)