Die Freie Gesellschaft Teil 9!!! Wissenswertes zu den Richterbeamten

in #deutsch6 years ago (edited)

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Um die Bewerbung zu diesem lesenswerten Buch nicht zu vernachlässigen, heute Teil 9 als Leseprobe.

Die nachfolgenden Erkenntnisse, an welchen ich maßgeblich, vor allem empirisch und beweisführend, mitwirken durfte, hatte ich bestimmt in der Vergangenheit schon einmal veröffentlicht. Aber man darf - vor allem im Rechtswesen - nicht darauf verzichten, eklatante Recht/-Systemfehler der breiteren Öffentlichkeit immer und immer wieder vor Augen zu führen. Vielleicht fällt es dem ein oder anderen irgendwann doch noch auf, dass dieses Rechtssystem einer grundlegenden Überprüfung zugeführt werden muss.

Freilich ziehen wir/(ich) erhebliche Verachtung verschiedenster Klientel, durch solche Veröffentlichungen auf uns, was aber nicht(mehr) sonderlich aufs Gemüt schlägt. Wenn man die Beweisführung in Händen hält wird vieles leichter und erträglicher. Noch erträglicher wird es, wenn man feststellt, dass auch die Richterschaft selbst über diesen Zustand anfängt nachzudenken. Ob dies mit meiner Veröffentlichung und Konfrontation aus dem Jahre 2008 bis dato in unmittelbarem Zusammenhang steht, mag ich nicht zu beurteilen. Fakt jedoch ist, dass die Richterschaft in bestimmten Regionen schon seit Jahren meinen Unmut erleben darf auf welchen sie keine Antwort hat.

(das Buch kann übrigens hier https://www.dietrich-eckardt.com/bücher/ oder auch bei mir erworben werden kann. Wenn Interesse besteht im Kommentar melden).

Die Richterbeamten

Richter sollen unabhängig sein. Artikel 97 des deutschen „Grundgesetzes“ enthält in Absatz 1 eine entsprechende Deklamation. Es war zu erwarten, dass wegen des Versäumnisses der Verfassungsschöpfer, die Unabhängigkeit des deutschen Richters inhaltlich genau zu fixieren, nachgeordnete Gesetzgebung (etwa das Deutsche Richtergesetz) die unerbittlichste Abhängigkeit der Justiz festschrieb. Das ist die existentielle Abhängigkeit vom Staat. Die bürgerliche Existenz der Richter einer Staatsgesellschaft sichert die Obrigkeit.
Auch wenn dagegen von richterlicher Seite immer wieder eingesprochen wird: „In unserem schwindsüchtigen System“ (so der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes Jens Gnisa, 2017) agieren Richter zweifelsfrei in der Rolle von besoldeten Staatsbeamten. Insofern sind sie dem Staat verpflichtet. Das zeigt sich schon darin, dass der Wechsel zwischen den Justizpositionen Richter und Staatsanwalt und sogar Richter und Gefängnisdirektor auf Geheiß des Staates jederzeit möglich ist.
Justizunabhängigkeit bedeutet in Deutschland: Halten sich die Richter an die von ihrem Ernährer aufgestellten Regeln, dann brauchen sie wegen ihres Auskommens nach erfolgter Festanstellung nicht mehr zu bangen - und übrigens auch um ihre Obrigkeitslosigkeit nicht. Über die Dienstaufsicht unterliegen sie weiterhin dem Einfluss von oben. „Vorhalt“, „Ermahnung“, „Pensenschlüssel“, “Disziplinarrecht“, „Beurteilung“ durch die Vorgesetzten (in letzter Instanz durch den Justizminister) sind die Sanktionen, denen die deutschen Richter unterworfen sind.
Bei Beförderungen beispielsweise hat nur jeder vierte Richter eine Chance. Ein Aufstiegswilliger ist der Konkurrent des anderen. Auf die für das Hochkommen geltenden Maßstäbe wird der Aspirant sich einstellen müssen. Spruchkammervorsitzende, Gerichtspräsidenten, Richterwahlausschüsse, Personalreferenten und letztlich wieder der Justizminister bestimmen, was „richterliche Unabhängigkeit“ in der Staatsgesellschaft ist.
Die deutsche Justiz ist Staatspersonal, das seine Amtsgeschäfte zur Zufriedenheit von Vorgesetzten erledigen muss - aller gegenteiligen Deklamationen zum Trotz! Die Erklärung, die feste Staatsanstellung der Richter sichere deren Unabhängigkeit, ist ein schlechter Witz. Die Ketten des Richters sind zwar lang und man übersieht fast den Pflock, an dem sie festgemacht sind. Aber die Ankettung ist sicher und fest. Denn eine existentielle Abhängigkeit ist die haltbarste Kette, mit der man einen Menschen festbinden kann, auch wenn Richterverbände die richterliche Unabhängigkeit stets im Munde führen.
„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Am Kletterbaum der stufenweise dotierten Beamtenhierarchie muss das Lächeln, je höher die Sprossen, desto freundlicher sein. Wo ein Schlüssel zur Kasse ist, bilden sich Gefolgschaftsverhältnisse. Wer vom Hofe lebt, bildet den Höflingsgeist aus...So wird der Richter zum willigen Werkzeug des machthabenden Willens...Berühmt geworden ist der Satz des preußischen Justizministers Leonhardt, der gesagt haben soll: ‘Solange ich über die Beförderung bestimme, bin ich gerne bereit, den Richtern ihre sogenannte Unabhängigkeit zu konzedieren’...Die persönliche Unabhängigkeit der Richter ist eine pure Fiktion.“ (H. Aitin, 1989).
Nicht nur befinden sich die Richter aufgrund der Form ihrer Anstellung in einer exzeptionellen Abhängigkeit von der potentiellen Streitpartei „Staat“. Sie befinden sich bei ihrem Arbeitgeber auch in einer inneramtlichen Abhängigkeit. Darauf macht der SPIEGEL (N. 51/2013) unter Verweis auf eine Reihe von Fehlurteilen aufmerksam, in denen die Richter den Vorgaben der Staatsanwälte mehr oder weniger kritiklos gefolgt sind. Die Zeitschrift spricht hier von einem „Systemfehler“ des staatlichen Rechtswesens. Vor diesem Hintergrund kann die Rechtssuche des deutschen Staatsbürgers, wenn er den Staat als Streitgegner hat, zum Abenteuer werden.
Nun sind seitens des Deutschen Richterbundes schon lange Bestrebungen im Gange, den unwürdigen Status der Richter zu beenden und für sie eine eigenständige Verwaltung zu schaffen mit eigenem Kassenwesen. Die Bemühungen in diese Richtung sind jedoch durch das Parlament bisher immer abgeblockt worden (s. Jens Gnisa, 2017).
Besonders bei seinen Verwaltungsgerichten und beim Bundesverfassungsgericht tritt der deutsche Staat als Richter in eigener Sache auf (Murray Rothbard, 2012; Michael von Prollius, 2008; Hans Herbert von Arnim, 2017). Die Folgen kann man anlässlich der Urteilsfindung dieser Gerichte besichtigen. Über 90% der Urteile des höchsten deutschen Gerichts, des Bundesverfassungsgerichts, gehen im Streitfall zugunsten des Staates und zu Ungunsten des Staatsbürgers aus. So wird jeder Rechtsstreit mit dem Staat zu Abenteuer.
Abenteuerlich ist besonders die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der Grundsätze des Rechtswesens „bewusst und systematisch ignoriert, Entscheidungen unsauber begründet…und Rechtsgrundsätze erfindet, die er dann bei späteren Entscheidungen wieder zugrunde legen kann“ (Bruno Bandulet in ef, Nr. 141).
Noch ein weiterer Gesichtspunkt ist in die Betrachtung einzubeziehen: der Bildungsgang der Staatsrichter. Richter wird man beim Staat aufgrund einer in sich geschlossenen Schulkarriere: Vorschule („Kindergarten“), Grundschule, Oberschule, Hochschule. Ein Referendariat unterbricht die Schulkarriere kurzfristig. Richter wird nur, wer auf dieser Laufbahn „Überflieger“ ist. Man kann also davon ausgehen, dass die Psychostruktur des deutschen Richters wesentlich vom Durchgang durch den Schultunnel geprägt ist. Sein Blick auf die Realität ist ein Tunnelblick, der zudem noch leicht zu verunsichern ist. Er ist durch Medienhysterie, Obrigkeitsdiktat und „Experten“ mühelos beeinflußbar. Gerald Radnitzky konstatiert deshalb - besonders bei den Aktivitäten der Verfassungsgerichte - eine „gewisse Nähe zum Straßenpöbel“ (1997).
In einer Reihe von biographischen Notizen, z. B. jenen der beiden hochkarätigen Wirtschaftsführer Thomas Middelhoff (2017) und Horst Kirsten (2017), ist die abenteuerliche Inkompetenz des Gerichtswesens in Deutschland schonungslos ans Licht gezogen worden. Nun kann man zum Fehlverhalten dieser beiden Männer stehen wie man will. In ihren Dokumentationen geben sie ein plastisches Bild von der Funktionsweise der deutschen Justiz. Dort gewinnen völlig gerichtsfreie Entscheidungsinstanzen immer mehr an Einfluss. „Experten“ sind als „Gerichtsgutachter“ im Vormarsch. Sie nehmen den überforderten Richtern das Urteilen ab und erledigen im Vorhinein quasi deren Job.

Ein schönes Wochenende

Euer Zeitgedanken

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Vielen Dank für diesen informativen und gut recherchierten Beitrag zur Justiz in Deutschland und deren fehlender Unabhängigkeit.

Eigentlich müsste es so etwas wie ein Volkstribung geben - entweder als Ehrenamt und somit komplett befreit von jedweder staatliche oder behördlicher Willkür - oder man stattet alle Richter zu Beginn ihrer Laufbahn mit einem Vermögensstand aus, der sie unabhängig und frei macht in ihrer Entscheidungsfindung für den gesamten Rest ihres Berufslebens.

Wahrscheinlich wäre auch dies eine Möglichkeit die Unabhängigkeit der Justiz und der Richter wieder herzustellen, die sie so als Staatsbeamte nicht haben werden....

Besten Dank, dass dieses wichtige Thema hier aufgegriffen wurde.

Eine Unabhängigkeit herzustellen ist eine komplizierte Sache. Ohne einen konsequenten Eigentumsschutz - und das beginnt bereits beim Eigentumsrecht auf seinen eigenen Körper - wird jedes Rechtssystem zu einem Willkürsystem. Es sind daher Vorbedingungen notwendig die einem Rechtssystem vorgelagert sein müssen. Dazu müssen auch die Unterschiede zwischen Besitz und Eigentum strikt getrennt werden.

Will man unabhängige Richter haben, muss zuerst das Rechtssystem auf den Prüfstand und das ist die größere Baustelle. Es muss auch über Monopolbildung nachgedacht werden, denn in einem Rechtssystem selbst mit unabhängigen Richtern, ist die Gefahr monopolistischer Rechtssprechung und deren Schattenseiten nicht gelöst. Aber auch ein Richter-Wettbewerbsystem, wie es sich manche als Lösung vorstellen, ist nur bedingt nachhaltig möglich.

Es geht dabei um das klassische Fundament und nicht um seine Trennwände. Die Richter sind hier nur die Trennwände. Bei einem maroden- oder auch ausgeschwemmten Fundament reicht es nicht aus, nur die Trennwände zu versetzen.

Nun sind seitens des Deutschen Richterbundes schon lange Bestrebungen im Gange, den unwürdigen Status der Richter zu beenden und für sie eine eigenständige Verwaltung zu schaffen mit eigenem Kassenwesen. Die Bemühungen in diese Richtung sind jedoch durch das Parlament bisher immer abgeblockt worden (s. Jens Gnisa, 2017).

Interessant, das war mir nicht bekannt.

Jens Gnisa, Vorsitzender des Richterbunds, in „Das Ende der Gerechtigkeit“ herausgegeben 2017

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