Die Postdemokratie verhindern

in #deutsch6 years ago


https://younggerman.com/2018/12/10/die-postdemokratie-verhindern/


 Die britische Premierministerin Theresa May verschiebt die Abstimmung des Parlaments  über das Brexit-Abkommen, das May und ihre Regierung mühsam mit der  EU-Kommission ausgehandelt haben. Denn es war abzusehen, dass das Papier  gescheitert wäre, da die Opposition in der britischen Konservativen  Partei zu groß ist. Die verfahrene, geradezu verkorkste Situation, in  der Großbritannien steckt, lohnt genauer betrachtet zu werden.Merkwürdigerweise  war May vor der Volksabstimmung selbst gegen den Brexit und soll ihn  nun durchsetzen. Das ist bezeichnend für die Lähmung des britischen  politischen Systems. Der Graben zwischen «Brexiteers» und EU-Anhängern  (auch als «Remaniacs» bezeichnet) verläuft nicht zwischen Labour und  Konservativer Partei, sondern innerhalb der Tories. Das erinnert an den  Streit zwischen Seehofer und Merkel in der Migrationsfrage, wo eine  größere Einheit zwischen SPD und CDU zu herrschen schien, als zwischen  CDU und CSU. In einer solchen Situation verliert der Wähler die  Fähigkeit, Parteien für Positionen zu wählen und immer schwerer fällt  die Wahl des geringsten Übels an der Urne. Eine Abstimmung zu  verschieben, weil man sie absehbar verlieren wird, ist schlechter Stil  und ein politisches Armutszeugnis. Da May aber keinen ungeregelten  EU-Austritt riskieren will, wählt sie diesen Weg. Noch weitaus mehr  demokratietheoretisch problematisch wäre es, das britische Volk nochmals  über den Brexit abstimmen zu lassen. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass Großbritannien den Brexit einseitig abblasen könnte, ohne auf Einverständnis der EU angewiesen zu sein, beflügelt natürlich die Hoffnungen jener, die den Brexit verhindern wollen.Welchen  Wert haben Demokratische und  politische Entscheidungen, wenn man sie  wiederholt, bis sie der Regierung in den Kram passen? Erinnert sich noch  jemand daran, dass das irische Volk – das als einziges in der EU direkt  abstimmen durfte – den EU-Vertrag von Lissabon im Jahr 2008 abgelehnt hatte, woraufhin ein politisches Spektakel los ging, das 2010  in einer erneuten Volksabstimmung endete, in der die propagandistisch  vorbereiteten Iren dann dafür stimmten? Weil nicht sein kann, was nicht  sein darf! Welchen Wert hat Demokratie, wenn man sie missachtet, sobald  ihre Ergebnisse nicht in die Konzepte des Profits der Konzerne,  internationaler Strömungen und globalistischer Agenden passt? 


 Der «No-deal Brexit» könnte Grenzkontrollen zwischen Nordirland und  der Republik Irland bringen, den Auslandsbriten (Expats) schaden, vor  allem aber liefe er den Konzerninteressen zuwider. Die heute  transnational aufgestellten Großunternehmen, Banken und Investmentfonds  wollen einen freien Fluss von Geld, Waren, Dienstleistungen und  Arbeitskräften und eine internationale Harmonisierung behördlicher  Regelungen. Alle Handelsschranken sollen fallen, weil das Kapital und  die Rendite es so wollen. Das ist die eigentliche Triebfeder hinter dem  Kampf gegen den Nationalstaat und für die Globalisierung. Was in  Großbritannien passiert, verträgt sich damit schlecht.Es sind  Zeichen funktionierender, unverfälschter Demokratie, dass der Brexit  überhaupt ein Thema ist, dass ein Kuriosum wie Donald Trump Präsident  der USA werden kann, während er einen beträchtlichen Teil seines  Apparates gegen sich hat, und dass sich die Regierungen vieler  osteuropäischer Länder beim Thema Migration den Plänen der EU und UN  widersetzen. Wenn nur so stromlinienförmige Politiker wie Angela Merkel  und Macron an der Macht wären, säßen wir bereits in einem  postdemokratischen, rosa angestrichenen Käfig. Da wir nun noch nicht  darin sitzen, sorgen wir dafür, dass der Käfig rechtzeitig verschrottet  wird. 

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