Märchen vom Mond (Original drawing and my German fairytale)

in #deutsch8 years ago (edited)

Stellt euch vor sie würde euch mit einer alten, rauchigen Stimme diese Geschichte erzählen:

"Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da lebten die Menschen noch in Zufriedenheit, in dem Wissen um den Wert jedes Einzelnen und den Segen der Gemeinschaft- ohne soziale Zwänge, Scham oder Autorität. In jenen Tagen war es üblich, dass die Sie des nachts zusammenkamen, um, beschienen vom Mondlicht, so lange zu Tanzen, bis sich ihre Seelen von ihren Körpern zu lösen vermochten und sich im Einklang mit der Musik, die ihrerseits die Weltenseele in Schwingung versetzte, des Lebenswunders erfreuten.
Nun begab es sich aber in einer Vollmondnacht, denn zu jener Zeit gab es keine Anderen, dass der Mond, welcher seinen silbrigen Schimmer wohlwollend über das muntere Treiben gleiten ließ, die Blätter eines Lindenbaumes sanft streifte. Irritiert hielt er inne, denn eine derart sanfte und zärtliche Berührung, war ihm, der über den Wolken wohnte noch nie wiederfahren. Zwar hatte er stets der Vereinigung der Körper und Leben der Menschen beigewohnt, er war sich jedoch dabei nie seiner eigenen Körperlichkeit durch seinen Lichtschein bewusst gewesen. Noch etwas schüchtern beschien er die Linde nun genauer. Ihre Gestalt war wie die aller lebenden und toten Dinge jene der Willkür und zugleich die der Vollkommenheit. Schon oft hatte der Mond die Schöpfung unter diesem Wiederspruch beleuchtet, doch zum ersten Mal mischte sich eine Gefühlsregung in diese Überlegungen und wie er so den Baum seines Begehrens beschien, war ihm als sei sein ganzes bisheriges Dasein von einem Irrtum geprägt gewesen.
So kam es, dass er die Linde fortan jede Nacht mit seinem Licht liebkoste und sich dabei fragte ob ihr dies denn auch gefiele. Denn obwohl er sanfte Reflexionen auf ihren Blättern wahrnahm, die wie Tränen des Glückes in hunderten Blätteraugen anmuteten, war er sich doch nie sicher, ob dieses romantische Bild vielleicht nur ein Werk seiner Fantasie war. Vermutlich, so dachte er niedergeschlagen, sind das nur Tautropfen und dieses herrliche Geschöpf weiß nicht um die Liebe die ich schmachtend hege. Doch nur zu berühren ohne Eins zu werden zerreißt mich. Von diesem Kummervollen Sorgen gemartert nahm der Mond immer stärker ab und wollte sein Dasein beenden. Sein ganzes Sein war erfüllt von einer Melancholie, jener Art, wie sie die Menschen für gewöhnlich bei seiner Betrachtung fühlten und obschon er von Liebe erfüllt war, gab es da eine große Leere nebst der körperlichen. Doch je schmächtiger er wurde, desto weniger Licht stand ihm zur Verfügung um seine Liebste damit zu streicheln.
So ward zum ersten Male Neumond. Und der Mond begriff, dass sich sein Wesen keineswegs aufgelöst hatte, dass er nun aber zudem in vollständiger Trennung von seinem Schatz existierte. Da ihm der leichteste Ausweg seiner Lage, der Tod, nicht vergönnt war, erdachte er nun anderen Plan, für dessen Ausführung er jedoch wieder zunehmen musste. Denn wenn überhaupt, so würde dieser nur glücken wenn er, der Mond, zum Zeitpunkt der Ausführung über seine volle körperliche Kraft verfügen würde.
Die Tage vor dem Versuch schienen dem Mond wie Jahre zu vergehen und auch die Nächte, in welchen er über seiner Liebsten leuchtete, quälten ihn durch die Unsicherheit und die beständige Angst sein Plan werde nicht gelingen.
Schließlich war die große Nacht jedoch gekommen und der Mond machte sich bereit. Er versenke sich mit seinem Silberlicht tief in einem Weiher unweit der Linde und lies seinen Geist so vollkommen in das Spiegelbild übergehen, dass er gänzlich vom Himmel verschwand und aus der Tiefe des Wassers die Angebetete bescheinen konnte. Da ihm dieser erste Schritt geglückt war, verließ ihn jedoch der Mut den nächsten Schritt zu tun und sich dem Baume in seiner neuen Form zu nähern. Er waberte unentschlossen hin und her und konnte sich doch nicht überwinden, zu groß war seine Furcht vor Zurückweisung. Und als er sich gerade entscheiden wollte wieder in den Himmel zurückzukehren, da bereits in einigen Stunden der Tag anbrechen würde, sandte ihm die Linde das erste Zeichen der Erwiderung seiner Zuneigung, in Form eines Blattes, das sie auf die Oberfläche des Weihers fallen ließ. In vollkommener Glückseligkeit tauchte der Mond das Blatt unter wonnevollen Seufzern in eine innige Umarmung. Voll Bewunderung glitt er über die feine Äderung und die Wölbungen. Dann umfing er diesen Teil seiner Liebe vollkommen und nahm sie in sich auf.
Wer einmal geliebt hat, kennt die Fähigkeit dieser Gefühlsregung, Unmögliches möglich zu machen. In diesem Falle gab sie dem Mond die Gestalt einer wässrigen Lichtblase, mit der er sich aus dem Wasser erheben und auf die Linde zuschweben konnte. Im Herzen seiner neuen Form eingekränzt von Licht und Liebe ruhte das Blatt.
Die Linde ihrerseits konnte ihre Vereinigung mit dem Mond kaum mehr erwarten. Seit Wochen schon war sie unter seinen schüchternen Berührungen erbebt und hatte sich nach mehr gesehnt. Die übrigen Pflanzen, die sich alle der Sonne verschrieben hatten konnten diese Leidenschaft nicht begreifen und so hatte sie aufgehört darüber zu sprechen. Diese wahrhaftigen und reinen Gefühle gehörten nur ihr und da ihr Liebster nun endlich einen Weg gefunden hatte zu ihr zu gelangen, war alles andere unwichtig geworden. Und wieder konnte der Mond Tränen der Freude wie Tau auf den Blättern glänzen sehen.
Der Mond merkte, dass er seine neue Gestalt ganz einfach mittels seiner Gedanken verändern konnte und so war er imstande Gliedmaßen zu entwickeln, mit welchen er die Linde zunächst schüchtern über die Blätter streichen, dann aber in Erkenntnis ihrer Hingabe leidenschaftlich von der Wurzel aufwärts umschlingen und umwickeln konnte. Ihre Vereinigung war so intensiv, dass sie auch nach Anbruch des Morgens verbunden blieben und der Mond seinen Platz am Himmel unter den Sternen, mit denen er sich ohnehin nie so recht verstanden hatte, aufgab und beschloss sein künftiges Dasein nur noch seiner Liebe zu widmen. So wurden die beiden Eins und hatten die Gestalt eines wundervollen silbern leuchtenden Lindenbaumes.
So gab es eine Zeit, in welcher kein Mond den Himmel des Nachts erhellte, weil jener im süßen Liebesreigen seine Bestimmung ganz vergaß. Die Menschen aber litten schrecklich unter seinem Verlust. Während zu früheren Zeiten sich alles Volk im silbernen Schein des Mondes versammelt hatte um zu Tanzen und ihre Zusammengehörigkeit zu feiern, sahen sie sich nun bestohlen und suchten Schuldige. Dass der Mond sich eigenständig für die Liebe entschieden hatte, kam niemandem in den Sinn. Der Verantwortliche sollte gefunden werden und der Mond zurückerobert. So wurden die Menschen erstmals uneins und die ersten Streitigkeiten arteten in Gewaltverbrechen und schließlich in Mord und Krieg aus.
Mond und Linde, obgleich berauscht durch die Nähe des andern, konnten sich den Vorgängen der Welt doch nicht gänzlich entziehen und die beiden erfüllte tiefe Traurigkeit ob des ganzen Leides, das ihre Liebe verursachte. So beschlossen sie, dass der Mond zumindest für eine Zeit zurück in den Himmel kehren müsste um die alte Ordnung wieder herzustellen. Er könne die Neumondnächte nutzen um zu ihr zu eilen, müsse aber die restliche Zeit über den Menschen wachen. Aber oh weh, der Samen allen Übels war bereits ausgesät und auch als der Mond wieder prächtig schimmernd am Himmel stand waren die Menschen bereits so mit ihren Lebensumständen in Streit und Zwietracht vertraut, dass sie sich damit identifizierten. Da sie sich zudem des Ursprunges ihres Konfliktes, die vorrübergehende Abwesenheit des Mondes, nicht mehr entsinnen konnten, brauchte auch seine Rückkehr nur eine Besserung: dass sich die Menschen nun, wenn sie wollten wieder der Loslösung durch die Magie des Mondenscheins bedienen konnten und eins sein konnten. So scheint noch heute sein Hoffnungsschimmer über uns."

English Version: https://steemit.com/writing/@yoganarchista/my-original-fairytale-translated-to-english-for-steemit

Viel Licht und Liebe <3

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Danke, ich freue mich sehr ueber das positive feedback, das ich dazu bekommen habe und werde versuchen es diese Woche noch auf Englisch zu uebersetzen :)

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